"Johannes Gutenberg und das Werk der Bücher"

Erzählt von Christine Schulz-Reiss, mit Bildern von Klaus Ensikat


Der "Kindermann Verlag" ist zweifellos einer der innovativsten Kinderbuchverlage im deutschsprachigen Raum. Das stellt er mit der neu geschaffenen Reihe "Kinder entdecken berühmte Leute" nunmehr wieder unter Beweis. Und es könnte keinen besseren Prominenten in diesem Kontext geben, schließlich steht Johannes Gutenberg, der Erfinder des Buchdrucks, im Mittelpunkt. Am 3. Februar 2018 jährt sich der Todestag des zum "Mann des zweiten Jahrtausends" erklärten Hannes Gensfleisch, der erst viel später als Johannes Gutenberg Karriere machen sollte, zum 550. Mal. Er kam um das Jahr 1400 - das genaue Datum ist nicht bekannt - als Patriziersohn und drittes Kind seiner Eltern in Mainz zur Welt. Er wuchs also in behüteten Verhältnissen auf, sein Vater war vermögend. Somit hätte sein Leben vorgezeichnet sein können. Doch das Buch belegt eindrucksvoll, dass er immer wieder ausscherte und andere Richtungen ansteuerte als jene, die für ihn vorbestimmt schienen.

Johannes Gutenberg wuchs zu einer Zeit auf, in der die Pest wütete und die Stadt Mainz von 25.000 auf weniger als 10.000 Einwohner schrumpfte. Es gab zudem Streit zwischen den privilegierten Patriziern und den Vertretern der Zünfte. Die Familie Gensfleisch wurde aus Mainz buchstäblich vertrieben, kehrte aber stets zurück, wenn sich die Lage beruhigte. Der verwöhnte Patriziersohn lernte also auch die andere Seite der Medaille kennen, das Leben war nicht nur ein Zuckerschlecken. Der Handel mit Tuch und Edelsteinen war kein Freibrief für ein sorgenfreies Leben der Familie.

Zwei Aspekte sind es, die in diesem Buch besonders stark beleuchtet werden. Einerseits die Person Johannes Gutenberg und wie er zu dem geworden sein mag, der er war. Zum Anderen die Geschichte der Anfänge des Buchdrucks. Johannes Gutenberg war es als Patriziersohn gewöhnt, keinem Streit aus dem Weg zu gehen. Er war fast schon Stammgast bei Gericht, wo ihm allerlei vorgeworfen wurde. Hervorzuheben ist, dass er einmal einen Stadtschreiber zur Geisel nahm, um Geld einzutreiben, das ihm seiner Ansicht nach zustand. Er kleidete sich modisch, was ihn bei den Frauen beliebt machte. Nur bei den Gerichtsverfahren verhüllte er sich züchtig, um keinen für das Verfahren nachteiligen Eindruck zu erwecken. Johannes Gutenberg verhielt sich seinen Mitmenschen gegenüber nicht selten respektlos und nahm auf persönliche Umstände seiner Angestellten oft keine Rücksicht.

Doch wie auch immer dieser Mann gewesen sein mag, worüber sich trefflich spekulieren lässt, er erfand den Buchdruck, und dies war eine Leistung, die das Leben der Menschen veränderte und einen gesellschaftlichen Wandel bewirkte. Vor dem sich rasch ausbreitenden Buchdruck war es nur reichen Leuten vorbehalten gewesen, etwa in der Bibel zu lesen. Geschulte Mönche schrieben über ein Jahr lang per Hand die komplette Bibel ab, sodass das Ergebnis dieser Arbeit ein kleines Vermögen kostete. Der Traum von Johannes Gutenberg war es, die Bibel zu drucken und damit allen Menschen zugänglich zu machen. Der Weg dahin war steinig, er musste sich immer wieder Geld borgen, und erbat sich auch, dass seine Teilhaber zu dem Unternehmen "Buchdruck" schwiegen. Die Herstellung von beweglichen Lettern war eine Tätigkeit, für die er mehrere Arbeiter brauchte. Mehrere Korrektoren sollten darüber wachen, dass keine falschen Buchstaben gesetzt wurden. Erst nach etlichen Jahren der Vorarbeit kam dann die Druckerpresse zum Einsatz, und in mühsamer Kleinarbeit entstand zunächst einmal ein Probedruck in kleinerem Ausmaß. Schließlich aber gelang es Johannes Gutenberg, der die Idee geliefert und für die technischen Voraussetzungen zu sorgen hatte, 180 Bibeln als Doppelbände zu drucken. Mit einer Höhe von 412 Millimetern und einer Breite von 300 Millimetern waren die Bibeln groß genug, sodass aus ihnen in dunklen Kirchenräumen vorgelesen werden konnte. Kurz nach diesem großen Erfolg, der sich auch finanziell niederschlug, forderte ein gewisser Johannes Fust von Gutenberg nicht nur seine Einlage zurück, sondern behauptete in einem Gerichtsprozess, dass Gutenberg sein Geld nicht für den Druck der Bibeln verwendet hatte. Vielmehr habe er damit ein zweites Geschäft, das es tatsächlich gab, am Laufen gehalten. Johannes Gutenberg konnte nicht beweisen, dass es sich so nicht verhalten habe und wurde dazu verurteilt, die 800 Gulden Beteiligung sowie Zinsen zurückzuzahlen. Das war aber nicht alles, weitaus dramatischer war, dass er die gesamte Druckerei, sämtliche Geräte und die Hälfte des Erlöses aus dem Verkauf der Bibeln abzugeben hatte. Ein schrecklicher Schlag also für den erfolgreichen Mann. Er ließ sich aber davon nicht entmutigen, sondern unterhielt weiterhin seine zweite Druckerei, wo er beispielsweise astronomische Kalender und ein lateinisches Wörterbuch herstellte.

Johannes Fust konnte es nicht verhindern, dass Johannes Gutenberg einen besonderen Auftrag an Land zog. Er verantwortete die Etablierung einer Druckerei für den Domherren von Bamberg und weihte den Sekretär in die Kunst der Bücher ein. Der Druck von Bibeln ging somit bald auch in Bamberg vonstatten.

In den letzten drei Jahren seines Lebens kam Johannes Gutenberg in die Gunst eines Bewunderers, ein neuer Kirchenherr von Mainz gliederte Gutenberg in seinen Hofstaat ein, wo der Erfinder des Buchdrucks bis zu seinem Lebensende wie die Made im Speck lebte. In seinem Testament bedachte er den Zünftler Conrad Humery, mit dem ihn eine Freundschaft verband. Dieser erbte einen Teil der Werkstatt. 1462 hatte es einen Krieg in Mainz gegeben, der durch den Streit zweier Männer, die dem Erzbischof als Machthaber nachfolgen wollten, verursacht worden war. Johannes Gutenberg war noch einmal vertrieben worden, und hatte in Eltville, woher seine Mutter stammte, eine Zeit lang eine Werkstatt betrieben, bis er in die beschriebene Gunst gelangt war.

Am 3. Februar 1468 starb Johannes Gutenberg und wurde in der Franziskus-Kirche bestattet. Die Kirche wurde im 18. Jahrhundert durch die französischen Besatzer zerstört, und Gutenbergs Grab ist in den Trümmern verschwunden.

Die Erfindung des Buchdrucks hat Johannes Gutenberg weltberühmt gemacht. Bis in die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein wurden Bücher und Zeitungen nach Verfahren von Johannes Gutenberg hergestellt. Erst die Etablierung des Computers und die neue Technik brachte es mit sich, dass mit nunmehr anderen Methoden Bücher gedruckt werden. Ohne Johannes Gutenberg wären die Uhren wohl anders gelaufen, und die Menschen hätten keinen Anteil gehabt an den Gedanken und Ideen der Autorinnen und Autoren. Was heute selbstverständlich erscheint, ist einem Mann zu verdanken, dem dieses wunderbare Buch gewidmet ist: Johannes Gutenberg!

Was dieses Buch so großartig macht, sind neben der mitreißenden Erzählung die fantastischen Bilder von Klaus Ensikat, der schon viele Bücher des "Kindermann Verlags" bildnerisch gestaltet hat. Dieses Kleinod ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene gedacht. Darin zu blättern heißt, in eine andere Zeit einzutauchen. Eine Zeit, die für viele Menschen beschwerlich war, aber eine Neuerung hervorbrachte, die als revolutionär einzustufen ist. Warum aus Hannes Gensfleisch Johannes Gutenberg wurde, wird freilich im Buch verraten. Wie noch vieles Andere dargestellt wird, das im Rahmen dieser Rezension bewusst ausgespart wurde, um auf ein ausgezeichnetes Werk neugierig zu machen.

(Klabauter; 01/2018)


"Johannes Gutenberg und das Werk der Bücher"
Erzählt von Christine Schulz-Reiss. Mit Bildern von Klaus Ensikat.
Kindermann, 2018. 36 Seiten. (Ab 8 J.)
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