Brigitte Hamann: "Hitlers Wien"
Lehrjahre eines Diktators
Obgleich
nicht mehr ganz taufrisch und in schnelllebigen Zeiten
gewissermaßen schon "Schnee von Gestern", ist dieses Buch -
allein schon seiner zeitlosen Thematik wegen - doch nach wie vor eine
eingehende Würdigung wert. Gegenstand der historischen
Betrachtung ist einerseits der jugendliche Adolf Hitler und
andererseits jenes sozial- und kulturgeschichtliche Umfeld, welches -
so die These von Hamann - die Weltsicht des jungen Mannes nachhaltig
prägen sollte. Womit die kaiserliche Residenzstadt Wien
gemeint ist.
Hitler, der seiner Herkunft nach ein Abkömmling aus ebenso
biederem wie provinziellem oberösterreichischen Beamtenmilieu
ist, kommt erstmals im September 1907 nach Wien, in eine Stadt, die ihn
gleichermaßen fasziniert wie überfordert. Sein
erklärtes Ziel ist die Wiener "Akademie der Bildenden
Künste", wo er zu studieren gedenkt. Zeitweilig gemeinsam mit
seinem Jugendfreund August Kubizek, einem Musikstudenten, bezieht
Hitler vorerst eine bescheidene Unterkunft im Hinterhof des Hauses
Stumpergasse 31 in Mariahilf und führt forthin das Leben eines
kunstsinnigen Sonderlings und verkannten Genies, denn die gestrengen
Professoren der Kunstakademie wissen sein künstlerisches
Talent nicht zu schätzen. Die Bewerbung um einen Studienplatz
scheitert.
Hamann beschreibt Hitlers Aufenthalt in der fremden großen
Stadt als unablässigen sozialen Abstieg, der allerdings - so
scheint es fast - in einem bestimmten Sinne nicht ganz unbeabsichtigt
ist, vielmehr die logische Konsequenz einer beinahe schon
prinzipientreuen Eigenwilligkeit ist, denn der junge und in mehrfacher
Hinsicht seltsame Sturkopf aus Braunau am Inn vermeidet es strikt,
einen sozusagen anständigen bürgerlichen Beruf zu
ergreifen, fristet stattdessen die unsichere Existenz eines bald schon
verzweifelt nach Obdach suchenden Gelegenheitsarbeiters und
freischaffenden Kunstmalers. Was die Vermarktung seiner wohl eher aus
materieller Notwendigkeit denn aus innerem Antriebe produzierten Bilder
betrifft, so sind seine Geschäftspartner überwiegend
jüdische Kunsthändler, zu welchen er zuweilen sogar
freundschaftliche, jedoch niemals feindselige Beziehungen
unterhält. Es mag überraschen - und dieses Buch ist
nicht arm an Überraschungen - wenn Hamann konstatiert, dass
für die bis 1913 andauernde Wienzeit Adolf Hitlers keine
einzige antisemitische Aussage des späteren Judenhassers und
Judenschlächters verifiziert werden kann. Sehr wohl ist jedoch
festzustellen, dass Hitler für das unerhört
antisemitische und zusehends rassistische Gesellschaftsklima Wiens ein
offenes, obgleich zu jener Zeit noch nicht allzu empfängliches
Ohr hatte. Hitler wurde indoktriniert, jedoch noch nicht
gänzlich verdorben. Die Parolen der Judenverächter,
allen voran jene des populären, weil populistischen Wiener
Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, prägten sich seinem -
überaus stark entwickelten - Gedächtnis ein und
sollten später, wenn schon nicht wortidentisch, so doch dem
konkreten Wortsinn nach, in radikalisierter Form die ideologische
Substanz von Hitlers Rassenwahn bilden. Hamann führt in diesem
Kontext den Nachweis einer wiederholt annährenden
Übereinstimmung von Parolen prominenter Wiener Antisemiten mit
Passagen in Hitlers Propagandaschrift "Mein Kampf".
"Hitlers Wien" meint in erster Linie weder die kosmopolitische
Heimatstadt eines
Karl
Popper noch die viel gerühmte glanzvolle
Kulturmetropole des 'fin de siècle', welche ob ihrer
Leistungen in Wissenschaft und Kunst die Welt staunen machte, sondern
Thema des Buches ist viel eher das Wien der (nur) scheinbar
sittenstrengen "Kleinen Leute" mit ihrer heuchlerischen Doppelmoral.
(Wien war tatsächlich ein wahrhaftiges Sündenbabel.)
Im Fokus der historischen Betrachtung steht das Wien der Zuwanderer und
Proletarier, der Hetzer und der Hasser, der bigotten Pfaffen und der
wahnbesessenen Spinner, und dann natürlich auch jenes Wien der
deklassierten Männerheimbewohner, deren einer bekanntlich der
sozial abgesunkene Adolf Hitler war. Und es ist nicht zuletzt jenes
multikulturelle Wien - ein Ort des Völkerwirrwarrs -, das als
Kreativ- und Herrschaftszentrum einer europäischen
Großmacht aus seiner bunten Vielfalt einerseits so ein
wunderbares Übermaß an schöpferischer
Schaffenskraft bezog, andererseits jedoch, der damit verbundenen
Überfremdung wegen, unablässig zusehends eskalierende
Volksgruppenkonflikte produzierte, was die liberaleren Bewohner der
alten Reichsstadt verstörte und die plebejische
Überzahl entzweite. Kurzum: Hamanns Wien-Geschichte hat eben
nicht eine nostalgisch verklärte Walzerseligkeit zum
Gegenstand, die gern und oft als Wienklischee herhalten muss, sondern
den Ungeist der üblen Gesittung oder auch - um es
kräftig auszudrücken - den Unrat der Wiener Gosse.
Hamanns betont sachlich gehaltene Ausführungen
zur
Geschichte Wiens, als multiethnisches Zentrum eines
absterbenden, weil siech gewordenen Vielvölkerstaates,
nähren über die Beschreibung von darin enthaltenen
selbstschädigenden Neigungen den Zweifel an der - ideell
gedacht durchaus wünschenswerten - Lebensfähigkeit
des multikulturellen Gesellschaftsmodells. Während der
Lektüre drängt sich wiederholt die Frage auf, ob denn
der alte Traum vom friedlichen Miteinander der Nationen mehr als eine
sozialromantische Utopie ist. Nur allzu deutlich manifestiert sich das
Scheitern der hehren Idee eines konstruktiven Zusammenlebens von
Angehörigen aus Völkern unterschiedlicher Wesensart
im Gefüge eines gemeinsamen Staatsverbands. Was sich dem
unbestechlichen Blick der Historikerin darbietet, ist eben kein
harmonisches Miteinander der Ethnien, kein einheitliches Handeln unter
der Ägide eines verbindenden Gemeinsinns, sondern vielmehr ist
es kleinlicher Nationalitätenhader, der den
ressentimentüberfrachteten Alltag eines völkisch
motivierten Gegeneinanders bestimmt. Insbesondere Nationalisten
deutscher und tschechischer Volkszugehörigkeit sind einander
spinnefeind und ihre demokratisch gewählten Abgeordneten im
gemeinsamen cisleithanischen Reichsrat geraten nicht nur einmal
handgreiflich aneinander.
Hitler erlebt das Parlament am Wiener Ring dann auch als
abstoßendes Tollhaus, wo jede Nationalität der
erklärte Feind der anderen ist und nicht Sachpolitik, sondern
dumpfe Aversionen den politischen Alltag prägen. Im
Völkerstreit keimen da wie dort nationalextremistische
Strömungen. Sie hassen einander und entfesseln sich hierin bis
zum schamlos ausgelebten Exzess. Nur was das allerorts gepflegte
Ressentiment gegen Juden betrifft, sind sich die Rabiaten einig.
Das neu eingerichtet Parlament an der Wiener Ringstraße, wo
heute vergleichsweise gähnende Langeweile residiert, war zu
jener Zeit ein Ort unaufhörlichen
Nationalitätenzanks; untergriffige Gehässigkeiten, ja
sogar Schlägereien zwischen den Abgeordneten waren an der
Tagesordnung. Wer Freistilkämpfe erleben wollte und wer sich
daran ergötzen konnte mit anzusehen, wenn erwachsene und
privat gar honorige Herren miteinander wie Rotzbuben balgten, dem war
ein Besuch des Parlaments der cisleithanischen (also der westlichen)
Reichshälfte der Donaumonarchie wärmstens empfohlen.
Hier kam jedes brachiale Gemüt auf seine Rechnung; der
Zuschauer wurde in seinen groben Erwartungen kaum einmal
enttäuscht. Dringend nötige Beschlüsse - zum
Beispiel zur Sozialgesetzgebung - wurden von nationalistischen Eiferern
aus wahrlich niedrigen Motiven über Jahre hinweg mit allen
durch die Geschäftsordnung ermöglichten Tricks
blockiert. Parlamentarische Minderheitenrechte wurden zum Zweck der
Sabotage einer supranational gedachten Parlamentsarbeit pervertiert und
ad absurdum geführt. Insbesondere tschechische und deutsche
Nationalisten - einander unversöhnlich hassend -
bemühten sich nach Kräften die noch ungefestigte,
weil junge und unfertige Demokratie in den Ruin zu treiben.
Das Herrscherhaus der Habsburger sah dieser Inszenierung blanken
Irrsinns wie paralysiert zu, wohl erahnend, dass dieser Verfall
politischen Anstands nicht mehr zu revidieren war. Mit
Gutmütigkeit versuchte man das Böse zu bannen und
wohl wahr, der greise Kaiser Franz
Josef war das Muster eines gütigen, jedoch
ohnmächtigen Landesvaters, Patron einer auseinander strebenden
Völkerschar, welche er mit Müh' und Not vermittels
des charismatischen Kitts seiner Amtswürde von Gottes Gnaden
zusammenhielt. Der Forderung nach einer längst schon
überfälligen Demokratisierung aristokratischer
Herrschaft hatte er sich nur unwillig gefügt. Und endlich war
es nun wirklich geworden, das von seinen streitenden Völkern
herbeigesehnte Parlament, doch ein unwürdiges Schauspiel gab
sich jetzt im Hause am Wiener Ring die Ehr' und formte im Bewusstsein
der zuschauenden Menschen einen abschätzigen Begriff von
Demokratie, wie ihn sich nicht zuletzt auch ein Adolf Hitler alsbald
zueigen machen sollte.
In dieser ebenso peinlichen wie peinigenden Atmosphäre
stetigen Nationalitätenhaders gediehen obskure Theorien - vor
allem auch Rassentheorien, wie sie abstruser nicht mehr sein
könnten. Brigitte Hamann macht es sich zur Aufgabe, die
führenden Rassen- und Herrenmenschentheoretiker dieser nun
schon fernen Tage im Einzelnen - zum Werk und zur Person - in ihrer
ganzen Widersinnigkeit zur Darstellung zu bringen und in der Tat, es
liest sich sonderbar, in der zeitlichen Distanz zwar durchaus
vergnüglich, doch damals - in aufgeheizter Stimmungslage -
nahm man die nur allzu Lächerlichen mitsamt ihren
himmelschreienden Dummheiten ernst und lieh ihnen
übergebührlich viel Gehör.
Guido von List, Lanz von
Liebenfels (mit angemaßtem Adelstitel), Hans
Goldzier und wie immer sie hießen, waren teils zwielichtige
Figuren von meist pseudointellektuellem Naturell, allemal
völlig verrannt in ihre Pseudowissenschaft von wegen "Herren-"
oder "Edelrasse" im Gegensatz zu "Sklaven-" oder "Unterrasse". Unter
den vorgestellten Wiener Theoretikern gesteht Hamann lediglich dem -
1880 als Juden geborenen und später zum Protestantismus
konvertierten - Philosophen Otto Weininger intellektuelle Tiefe zu,
obgleich Weiningers Denken in seiner pathologisch anmutenden Aversion
gegen die Frau als "universale
Sexualität", deren blinder Instinkt Laster und Unmoral gebiert
und dem Mann im Koitus seine Schöpferkraft raubt, folglich im
weibischen Zeitalter Originalität durch
Originalitätshascherei ersetzt wird, nicht die Spur weniger
abstrus wirkt, als all das Andere, was sich ansonsten noch so an
finsterer Welterklärung in den wunderlichen Abgründen
einer bis zur Selbstkarikatur dilettierenden "Wiener Geisteskultur"
jener Tage darbietet. Otto Weiniger, der weibisch mit jüdisch
gleichsetzte, zerbrach an den schmerzlich erfahrenen weibischen und
jüdischen Aspekten seiner eigenen Person, weshalb er als
23jähriger 1903 freiwillig aus dem Leben schied.
Hamann geht nun davon aus, dass Hitler, welcher durchaus
leidenschaftlich, obgleich in recht eigentümlicher und wohl
auch selektiver Manier,
der
Literatur frönte, während seiner Wiener
Zeit die Schriften der Wiener Theoretiker über das Studium von
Primär- und Sekundärliteratur in sich aufgenommen und
schlussendlich deren Weltanschauung zur Fundierung seiner eigenen
verqueren Rassentheorie herangezogen hat.
Während der Jahre seines Wienaufenthalts entfaltet sich, so
Hamann, nicht nur der Keim zu Hitlers rassistischer Weltanschauung,
deren spätere Militanz noch mörderisch werden sollte,
sondern in dieser Zeit vollzieht sich ebenso seine politische
Identitätsfindung an den Beispielen gleichermaßen
autokratischer wie demagogischer Vorbilder. Hitler orientiert sich an
politischen Leitbildern rechtspopulistischer Provenienz, wie etwa an
dem Führer der "Alldeutschen" Georg Schönerer, der
sich im katholischen Österreich mit seiner
unversöhnlichen "Los von Rom!"-Kampagne jedoch sukzessive ins
politische Abseits manövriert, oder an dem Volkstribun Karl
Lueger, der als Wiener Bürgermeister - aus vorwiegend
populistischen, aber wohl auch gesinnungspolitischen Motiven - einem
zeitweilig aggressiven christlichen Antisemitismus huldigt und die
ganze Periode seiner Regentschaft über eine unerbittliche
Politik der Germanisierung betreibt, die, wenn nötig,
keineswegs die Anwendung repressiver Methoden scheut. (Das von Lueger
eingerichtete Ritual des "Wiener Bürgergelöbnis"
umfasste einen Schwur auf den "deutschen Charakter der Stadt Wien", der
jedem Neubürger, gleich welch nationaler Herkunft dieser auch
immer war, abgenötigt wurde und in weiterer Folge auch getreu
praktiziert werden musste. Ansonsten konnten unliebsame Konsequenzen
drohen.) Zurückblickend genierte sich Hitler in
späteren Jahren zwar nicht ob der sentimentalen Laune, des
christlichsozialen Dr. Karl Luegers schwärmerisch zu gedenken,
nahm sich gleichzeitig jedoch die Freiheit heraus, an seinem einstigen
Idol kritisch zu beanstanden, dass dessen Antisemitismus in letzter
Konsequenz immer halbherzig, allzu versöhnlich und vor allem
nicht in einem biologistisch verstandenen Sinne rassistisch, sondern
bestenfalls kulturrassistisch gewesen sei. Lueger verlangte und erzwang
zwar Integration in die deutsche Leitkultur, und das besonders
nachdrücklich in Bezug auf die zahlreichen Tschechen der
Wiener Stadt, deren bekennende Volksgruppe er solcherart zu dezimieren
verstand, doch wer sich diesem Zwang zur völkischen Anpassung
nicht widersetzte, wer sich also opportunistisch gab, der durfte
ungesehen seiner Herkunft auf des Bürgermeisters
Gönnerhaftigkeit zählen.
Dieses System der "Eindeutschung" nach dem Prinzip von Zuckerbrot und
Peitsche hielt Hitler für zuwenig konsequent. Auch hier liege
seiner Meinung nach das "Volkstum, besser die Rasse, eben nicht in der
Sprache, sondern im Blute". Die Germanisierung habe "in meiner Jugend
zu ganz unglaublich falschen Vorstellungen" verleitet. Es sei aber "ein
kaum fasslicher Denkfehler", zu glauben, "dass, sagen wir, aus einem
Neger oder einem Chinesen ein Germane wird, weil der Deutsch lernt".
Das sei "eine Entgermanisation" und der "Beginn einer Bastardisierung,
die Vernichtung germanischen Elementes." Die in der
Vielvölkermonarchie Jahrhunderte lang praktizierte
Blutvermischung bedeute die "Niedersenkung des Niveaus der
höheren Rasse."
Am Beispiel dieser Hitlerschen Kritik von Luegers Politik der
bloßen Zwangsassimilierung lässt sich der
überhaupt nicht so banale Unterschied zwischen
deutschtümelnder Repression und rassistischer
Bestialität erahnen. Die Wiener waren nach Hitlers Begriff
übrigens als "eine Folge der starken
jüdisch-tschechischen Mischung" überwiegend
aufrührerische Bastarde und so ganz im Sinne dieser Auffassung
monologisierte Hitler am 25. Juni 1943 im kleinen Kreis: "Die Juden
habe ich aus Wien schon heraus, ich möchte auch noch die
Tschechen hinaus tun."
So manch Einer fragt heute, wie es denn nur möglich sein
konnte, dass in einem derart hoch entwickelten Gemeinwesen wie der
einstigen künstlerisch-intellektuellen Metropole Wien, wo sich
wundersam Kreativkraft ballte wie noch selten zuvor an einem anderen
Ort, repräsentiert durch große Namen wie
Sigmund
Freud, Gustav Mahler,
Arthur Schnitzler oder Ludwig Wittgenstein, um nur einige zu nennen,
zugleich ein geistiges Elend seinen Anlauf nahm, das von einem
"deutschen Edelvolk" schwärmte, krudeste Ariermythen
zelebrierte und kurzschlüssig Slawen oder Juden als Ursache
allen Ungemachs verdächtigte, solcherart einen Ungeist gebar,
der über seinen schlussendlichen Vollstrecker, Adolf Hitler,
den Namen dieser Stadt für immer in die Nähe eines
Verbrechens apokalyptischen Ausmaßes stellt.
Brigitte Hamann versucht auf diese Frage, die eine jede höhere
Kultur ob ihrer heimlichen Abgründe fragwürdig
erscheinen lässt, eine zwar nicht das Unheil rechtfertigende
jedoch die Herkunft des Unfassbaren erklärende Antwort zu
geben. Einmal hat sich der von der Habsburgerdynastie verfolgte
romantische Traum von einem friedlichen Miteinander unterschiedlicher
Völkerschaften im Rahmen einer Reichsidee bei bleibenden
Widersprüchen einfach nicht realisieren lassen. Die edle Idee
ist gewissermaßen an den verbohrten Niedrigkeiten
menschlichen Zusammenlebens selbst gescheitert. Nationale Interessen
wurden verabsolutiert und über jedes Gemeininteresse gestellt.
Des Weiteren erwiesen sich ungünstige Zeitumstände -
in Form einer massiven ostjüdischen Zuwanderung aus dem
rückständigen Osteuropa, wo Pogrome die Juden zur
Flucht in Richtung Westen zwangen - für eine Praxis
vernünftiger Gemeinschaftlichkeit gar wenig
zuträglich, denn nichts scheint ein modernistisch gesinntes
europäisches Selbstverständnis mehr zu
erzürnen, als die durch eine Zuwandererpopulation im Alltag
ostentativ praktizierte Folklore eigensinniger Andersartigkeit, welche
im stolzen Bewusstsein ihrer tugendlichen Überlegenheit jeden
Kompromiss mit einer mehr oder weniger aufgeklärt-liberalen
Lebensart als Verrat an den überlieferten und als
unumstößlich, weil orthodox aufgefassten
Grundsätzen von Sitte und Moral a priori ausschließt.
Die in ihren althergebrachten Sitten und Gebräuchen beharrlich
verwurzelten, deswegen zur Assimilierung nicht bereiten Ostjuden,
strömten in großer Zahl nach Wien und
verstärkten durch ihre selbstbewusste Integrationsverweigerung
bereits vorhandene antisemitische Vorbehalte gegen die rund 200.000
Wiener Juden. Vorbehalte also, welche infolge der öffentlich
inszenierten jüdischorthodoxen Andersartigkeit immer
deutlicher in Rassenantisemitismus umschlugen. Eingesessene,
assimilierte Wiener Juden fühlten sich ob der fatalen
Entwicklung verunsichert, wenn "sie im Zeichen des Rassenantisemitismus
plötzlich auf eine Stufe gestellt wurden mit den zerlumpten
Glaubensbrüdern aus dem Osten", den "Kaftanjuden", die im
stolzen Überlegenheitsgefühl des "wahren Judentums"
lebten, den Riten und Sitten der Väter getreu.
Es geht Hamann an dieser Stelle nicht um eine hinterfotzige Umkehr der
Schuldfrage, um eine ebenso verkehrte wie verkehrende Schuldzuweisung
an die Adresse des Opfers, welches solcherart unversehens die
tätliche Ursache des eigenen Unglücks wäre,
viel mehr ist die Kluft, welche sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts
zwischen östlichen "jüdischen Juden" und westlichen
"deutschen Juden" auftut nur zu deutlich, wie denn auch die fatalen
Folgen der ostjüdischen Wanderungsbewegung für das
gesellschaftliche Klima keinesfalls bagatellisiert werden sollten.
Die Brisanz verdeutlicht sich nicht zuletzt an jüdischen
Kommentaren zur Ostjudenproblematik. So schreibt der
westjüdische Elias Canetti in seinem Bedürfnis um
Abgrenzung gegenüber den Zuwanderern: "Sind das nicht zwei
Arten, zwei Rassen fast oder wenigstens zwei Lebensdisziplinen?" Und
ganz ähnlich der westjüdische Schriftsteller Jakob
Wassermann: "Sah ich einen polnischen oder galizischen Juden, sprach
ich mit ihm, bemühte ich mich, in sein Inneres zu dringen,
seine Art zu denken und zu leben zu ergründen, so konnte er
mich wohl rühren oder verwundern oder zum Mitleid, zur Trauer
stimmen, aber eine Regung von Brüderlichkeit, ja nur von
Verwandtschaft verspürte ich durchaus nicht. Er war mir
vollkommen fremd, in den Äußerungen, in jedem Hauch
fremd, und wenn sich keine menschlich-individuelle Symbiose ergab,
sogar abstoßend." Jakob Wassermann thematisierte das
beziehungsweise sein Problem mit den Ostjuden in
seinem Buch "Die
Juden von Zirndorf".
Der Ostjude
Joseph
Roth analysierte laut Hamann die Bewussteinslage der
Assimilierten aus anderer Perspektive und deswegen
naturgemäß kritischer: "Es ist eine oft
übersehene Tatsache, dass auch Juden antisemitische Instinkte
haben können." Und der Politiker Hitler lehnte solcherlei
Differenzierungen in gute und schlechte Juden sowieso als
Scheingefechte ab: "Dieser scheinbare Kampf zwischen zionistischen und
liberalen Juden ekelte mich in kurzer Zeit schon an." Für ihn
galt, so Hamann, ob "deutscher" Jude oder Ostjude, allein die "Rasse".
Auf jeden Fall dürfte die mit der - nicht zuletzt
ostjüdischen - Zuwanderung verbundene Überfremdung
Wiens, begleitet durch eine gleichzeitige
Kriminalitätszunahme, für die fortschreitende
Verhärtung und schlussendliche Bestialisierung des geistigen
Klimas in der Stadt nicht unerheblich gewesen sein. Brigitte Hamann
scheut sich nicht, diese unbequeme historische Tatsache anzusprechen.
Das ostjüdische Feindbild wurde tagtäglich in den
Zeitungen beschworen und das nicht immer zu unrecht, denn
beispielsweise in den kriminellen Handel mit versklavten
Mädchen waren oftmals osteuropäische Juden
verwickelt. Die cisleithanischen Judengemeinden kehrten dieses
Kriminalitätsproblem übrigens auch nie unter den
Teppich, sondern drangen auf Aufklärung und Offenheit und
forderten den Kriminellen das Handwerk zu legen - um den
Mädchen zu helfen, aber auch, um dem Antisemitismus nicht
weitere Nahrung zu geben. So berichtete die zionistische Wiener "Neue
National Zeitung" im Jahre 1913, unter 39 galizischen
Frauenhändlern seien 38 Juden. Ein anderes Mal brachte sie die
Meldung, dass 90 Prozent der 3000 Prostituierten in Argentinien
Jüdinnen sein. Darunter ein hoher Anteil so genannter
verschleppter "Austríacas".
Der im kollektiven Bewusstsein jener Tage kursierende Typus des
kulturprimitiven Ostjuden mit krimineller Neigung prägte das
Vorurteil vom hässlichen Juden, der sich gegen das christliche
Abendland verschwört. Dass die assimilierten Westjuden jedoch
in hohem Maße die kulturtragende Schicht bildeten - was ja
übrigens auch Hitler als löblich bemerkte -, somit
also als Menschengruppe dem Gemeinwohl unzweifelhaft nützlich
waren, und das u.A. deswegen, weil sie danach trachteten, ihren
"jüdischen Makel" - das Stigma ihrer übel
denunzierten Herkunft - durch die Erbringung von besonderen Leistungen
zu kompensieren, was sich mitunter in ihrem daher zu verstehenden
Bildungs- und Kultureifer äußerte, demnach sie dann
auch an Universitäten weit über ihren
Bevölkerungsanteil hinaus vertreten waren (1912 betrug der
jüdische Anteil an den höheren Schülern in
Wien 47,4 Prozent; und bei den Studenten fast ein Drittel) und sodann
sich aus ihrer Mitte ein großer Teil des für die
Allgemeinheit so bedeutsamen Gelehrtenstands rekrutierte, wie denn
schlussendlich auch die gepriesene österreichische Literatur
jener Tage mit Franz
Kafka, Franz Werfel, Arthur Schnitzler und
Stefan
Zweig im Grunde genommen ein Verdienst dieser
jüdischen Volksgruppe war, das alles blieb angesichts des
ungefälligen sozialen Elends der Ostjuden außer
Bedacht oder wurde böswillig gegen die
Juden gewendet. Die öffentliche Wahrnehmung des Juden
verlegte sich zusehends darauf, den um
Assimilation bemühten Westjuden in seiner respektablen
Besonderheit zu missachten, und orientierte sich stattdessen stereotyp
am unattraktiven Zerrbild des "Kaftanjuden", dessen wenig
schmeichelhafte Typisierung einer rassistischen Terminologie unterlag.
So wurde nun denn der Jude zum Untermenschen stigmatisiert und
solcherart der Holocaust mental vorbereitet.
In der soeben dargelegten Thematisierung der Ostjudenfrage liegt dann
wohl auch die besondere Brisanz dieses Buches von Brigitte Hamann,
welches vordergründig betrachtet zwar eine
Biografie
Adolf Hitlers ist, mit schwerpunktmäßiger
Konzentration auf seine Jugendjahre im Sozialisierungsraum von Wien,
davon abgesehen handelt es sich bei "Hitlers Wien" jedoch um ein
Schriftwerk, das ohne Weiteres als Aufklärungsliteratur zu
erachten ist, welche vermittels des historischen Beispiels der Stadt
Wien die Problematik einer verstörenden Überfremdung
von Lebenswirklichkeiten auf eine intellektuell aufrührende
Weise angeht. Die unter multikulturellen - oder zutreffender:
multiethnischen - Verhältnissen lebende Bevölkerung
der kaiserlichen Residenzstadt Wien, mit ihrem hohen Anteil an
integrationsresistenten Immigranten, erwies sich laut Hamanns
Schilderungen als besonders anfällig für die
Herausbildung einer aggressiven Rassenideologie, die sich über
die Inszenierung von Nationalitätenkonflikten und
über die Kultivierung von völkischen Ressentiments
den Weg in die Köpfe und Herzen der Menschen bahnte und
solcherart massenwirksam wurde. Gewiss, eine hetzerische Propaganda und
ein fahrlässiger Umgang mit Gefühlen taten ihre
Wirkung, doch waren es letztlich die alltäglich erfahrbaren
Lebensumstände, welche die Parolen der Volksverhetzer als
glaubwürdig, weil als unmittelbar nachvollziehbar auswiesen.
So war um 1910 in etwa jeder fünfte Wiener tschechischer
Herkunft, obgleich sich wegen des allgegenwärtigen
Germanisierungszwangs bei einer zu dieser Zeit abgehaltenen
Volkszählung nur rund 6 Prozent der Wiener zu einer
tschechischen Abstammung bekannten. Und die späteren
Wohngegenden Hitlers wiesen überhaupt nichtdeutsche Mehrheiten
auf, wodurch sich der junge Mann mit Herkunft aus einem eher homogen
deutschen Siedlungsgebiet Österreichs in Wien um sein Recht
auf Heimat betrogen fühlen konnte. Was ihn für die
Parolen der Wiener Arierfraktion natürlich
empfänglich machte.
Hamann bereitet mit ihrem Buch also eine Thematik auf, der es nicht nur
nicht an Brisanz mangelt, sondern die übrigens nicht aktueller
sein könnte, bedenkt man nur einmal das gegenwärtig
mit Nachdruck vorangetriebene Projekt einer Erweiterung der
Europäischen Union in Richtung Südosteuropa und die
Türkei. Ziel der expansionistischen EU-Bestrebungen ist die
Errichtung eines supranationalen Wirtschaftsraums multiethnischer
Prägung. In diesem Sinne wird entgrenzt, ohne viel Bedacht auf
unterschiedliche Eigenheiten im kulturellen Selbstverständnis
der europäischen und neuerdings auch anatolischen
Völkerschaften. Aus Unterwürfigkeit
gegenüber dem Fetisch Wirtschaft werden ökonomisch
angeregte Emigrationsströme so ziemlich unreflektiert, weil
immer nach Maßgabe des ökonomisch
Zweckmäßigen, hingenommen, ja sind sogar im Sinne
einer wachstumsorientierten Bevölkerungspolitik
erwünscht, ungeachtet der kritischen Frage nach deren sozialer
Verträglichkeit. Neokapitalistische Gemeinwesen sind letztlich
multikulturell organisiert, wobei allein die Flexibilität der
Arbeitskraft - Niederlassungsfreiheit - als menschlicher
Primärwert zählt. Dass der Mensch hinter dem Faktor
Arbeit jedoch eine kulturelle Identität hat, die
möglicherweise in der Tendenz problematisch ist, das wird
ausgeblendet. Der Philosoph Slavoj Zizek argwöhnte nicht
zuletzt deswegen in seinem Buch "Ein
Plädoyer für die Intoleranz" gegen die
toleranten Multikulturalisten als charakteristische Kumpane eines
globalisierten Kapitalismus.
Die Habsburgermonarchie mit ihrem Zentrum Wien war einst selbst eine
Art Europäische Union im Kleinen, der es trotz guten Willens
der Herrschenden nicht gegeben sein sollte, einander widerstrebende
Völker in einem als "Völkerkerker" denunzierten
Staatsgebäude zu vereinen. Eine Politik, welche die Tatsache
der multiethnischen Gesellschaft sodann einfach nur zur Kenntnis nahm
und - wohl auch mangels Alternative im Vielvölkerstaat - ihre
Herrschaftsdoktrine darauf aufbaute, erwies sich geschichtlich als
wehrlos gegenüber einem aufkeimenden Rassenhass, dessen
höchste Tugend immer noch der Untergang alles Andersartigen
ist. Die Stimme der Vernunft jedoch - im Wien von anno dazumal standen
die Sozialdemokraten dafür ein - verhallt ungehört,
sobald die gesellschaftlichen Verhältnisse den lauthals
tobenden Nationalisten günstig sind. Diese Mahnung gibt uns
Brigitte Hamann als aufmerksame Leser mit auf den Weg.
Zum Abschluss ist zu resümieren: "Hitlers Wien" ist ein Buch
von einzigartiger Güte, das romantische Ideen in Frage stellt
und solcherart den Leser nachdenklich stimmt.
(Tasso)
Brigitte Hamann: "Hitlers Wien. Lehrjahre
eines Diktators"
Piper. 642 Seiten.
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Weitere Titel von Brigitte Hamann (Auswahl):
"Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth"
Dieses Buch schließt an "Hitlers Wien" an. 1915 zieht die
18jährige Winifred Williams als Ehefrau von Richard Wagners
einzigem Sohn Siegfried in Bayreuth ein. Die Villa Wahnfried ist damals
ein Zentrum der "deutschen" Kunst, der Nationalen und Antisemiten, die
sich um Winifreds Schwager, den Rassentheoretiker Chamberlain, scharen.
1923 pilgert Hitler zu Wagners Grab. Es beginnt eine lebenslange
Freundschaft zwischen "Winnie" und "Wolf", die die ganze Familie Wagner
einschließt. Ab 1933 wird Bayreuth in der Festspielzeit zum
Mittelpunkt europäischer Politik. Winifred nützt die
Macht, die sie durch Hitler erhält, setzt sich aber auch
für Verfolgte ein. Aus vielen neuen Quellen ist ein Buch
voller Zündstoff entstanden, das auch eine ungewohnte Sicht
auf den Privatmann Hitler ermöglicht. Erstmals werden in
dieser Schärfe die vielfältigen Beziehungen zwischen
ihm und den Wagners offengelegt. (Piper)
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"Wolfgang Amadeus Mozart" zur Rezension ...
Weitere Lektüretipps:
Rolf Rietzler: "Mensch, Adolf. Das Hitler-Bild der Deutschen seit 1945"
Mensch, Adolf! 70 Jahre nach seinem Tod ist Hitler
allgegenwärtig. Eine Kultfigur der anderen Art. Ein Untoter, mit dem sich
deutsche Lebenslügen und Opfermythen verbinden. Einsetzbar im innenpolitischen
Streit und in außenpolitischen Strategien.
Rolf Rietzler nimmt Hitlers Präsenz nicht nur bei den Nostalgikern wahr, sondern
untersucht die Hitler-Manie in allen Teilen der Gesellschaft. Mit scharfzüngigem
Furor folgt er dem "Führer" und den Macharten, die in immer neuen Büchern,
Filmen und in der Forschung das Bild entstehen ließen, mit dem die Deutschen
ihre NS-Vergangenheit zu schönen suchen. In den Medien ist er längst eine Marke.
Ob als hassgeliebter Superstar in TV-Serien, ob als Kriegsherr oder
"privat" auf dem Berghof - man möchte ihn los sein und zugleich behalten. Eine
Bestandsaufnahme, die zeigt, wie "Deutschlands Größter" nicht klein zu kriegen
ist. (C. Bertelsmann)
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Peter Longerich: "Hitler"
Die große Hitler-Biografie. Eine Darstellung, die neue Maßstäbe setzt.
Tyrann, Psychopath, Vollstrecker eines rassenideologischen "Programms"
- oder
gar charismatischer "Führer", dem seine Anhänger "entgegengearbeitet" haben?
Peter Longerich geht in seiner Biografie über die bisherigen
Hitler-Deutungen hinaus: Er entwirft das Bild eines Diktators, der weit mehr und
viel aktiver als bisher angenommen in die unterschiedlichsten Politikbereiche
persönlich eingriff. Und dabei nicht selten überraschend flexibel handelte.
Ob Außenpolitik und Kriegführung, Terror und Massenmord, Kirchenpolitik,
Kulturfragen oder Alltagsleben der Deutschen - überall bestimmte Hitler, bis in
Details hinein, die Politik des Regimes. Durch seine persönlichen Entscheidungen
prägte er es auf eine Weise, die bislang unterschätzt wird. Konsequent zerschlug
er Machtstrukturen, die ihn behinderten, und schuf stattdessen eine
Führerdiktatur - in seiner schließlich fast grenzenlosen Macht war er auf die
Zustimmung der Bevölkerung nicht mehr angewiesen.
Diese Biografie rückt die Person Hitler und ihr Handeln in das Zentrum der
Geschichte des Nationalsozialismus: Denn erst das Zusammenspiel der Kräfte, die
Hitler bewegten, mit jenen, die er selbst in Bewegung setzte, lässt uns
erkennen, was das "Dritte Reich" im Innersten zusammenhielt. (Siedler)
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Hubertus
Büschel: "Hitlers adliger Diplomat. Der Herzog von Coburg und das Dritte Reich"
In seinem Buch erzählt der renommierte Historiker Hubertus Büschel auf
Grundlage neuer Quellen aus dem Familienarchiv packend und fundiert, wie ein
britischer Prinz in Deutschland zum glühenden Verehrer Hitlers wurde.
Carl Eduard war ein Enkel der britischen Königin Victoria und wurde 1905 Regent
in Coburg. Bereits 1927 lud er Adolf Hitler zur Trauerfeier für Houston Stuart
Chamberlain nach Coburg ein. Nicht zuletzt dank Carl Eduards Einfluss wurde
Coburg zur ersten nationalsozialistisch regierten Stadt Deutschlands. Zur
Reichstagswahl 1932 veröffentlichte der Herzog einen Wahlaufruf für Hitler.
Als Repräsentant des "Dritten Reichs" ließ er nach der Machtergreifung seine
internationalen Verbindungen spielen, um den
Nationalsozialismus salonfähig zu machen, und leugnete schließlich als
Präsident des Deutschen Roten Kreuzes die Gräuel der Konzentrationslager.
Die Unterstützung für den Nationalsozialismus durch den deutschen und den
europäischen Hochadel wurde lange unterschätzt. Die längst fällige Biografie des
Coburger Herzogs zeigt exemplarisch, wie Adlige im Bestreben, ihre eigene Macht
wiederherzustellen, einen Pakt mit den Nationalsozialisten eingingen. (S.
Fischer)
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