Nafeez M. Ahmed: "Geheimsache 09/11"

Hintergründe über den 11. September und die Logik amerikanischer Machtpolitik


Dass mit der offiziellen Version der angeblichen Terroranschläge am 11. September irgendetwas nicht stimmt, dürfte für jeden mit einigermaßen geöffneten Augen durch das Leben gehenden Zeitgenossen bereits eine Art Binsenwahrheit sein.
Erstaunlich bleibt dennoch, dass sämtliche abweichende Stimmen auch seitens der europäischen Medienlandschaft weitestgehend ignoriert werden, weshalb Bücher wie das vorliegende eine unabdingbare Notwendigkeit darstellen.

"Geheimsache 09/11" ist ein äußerst intelligentes, überaus sachliches Buch, das sich streng an bewiesene Fakten hält, Zeugen und Medienberichte zitiert und mit ausführlichen Quellennachweisen versehen ist. Jegliche Spekulationen werden tunlichst vermieden, selbst da, wo sie sich unmittelbar aufdrängen. "Meine Hoffnung ist, dass der Leser die in dieser Studie zusammengetragenen skandalösen Fakten dazu verwenden kann, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Dies wäre mir wichtiger, als die bloße Übernahme meiner daraus abgeleiteten, logischen Folgerungen."

Diesen Schlusssätzen aus dem Vorwort ist nichts weiter hinzuzufügen als die Anmerkung, dass der Autor sich an dieses Konzept hält. Die ihm zweifellos bekannten wilden, und mitunter recht gut belegten Theorien, dass in die Twintowers und in das Pentagon gar keine Verkehrsflugzeuge einschlugen, werden, da offensichtlich im Endeffekt doch zu spekulativ, völlig ignoriert. Der Autor beschränkt sich auf die bloße Kolportierung der (nota bene: zugunsten der angeklagten US-Administration) hundertprozentig nachweisbaren Faktenlage. Daraus ist (unter Außerachtlassung weiterführender Indizien) nur der Schluss zulässig, dass dieses Attentat billigend in Kauf genommen wurde, um geostrategische Machtinteressen einfacher durchsetzen zu können.
Dass dies durchaus in altbewährter US-Tradition liegt, wird im Schlusskapitel "Provokation des Krieges: Ein Handlungsmuster der US-Außenpolitik" eindrucksvoll bewiesen, welches geradezu als Pflichtlektüre für den Geschichtsunterricht an allen höheren Schulen propagiert werden sollte.

Vom "Bostoner Massaker" über die "Luisitania" und natürlich Pearl Harbor (an Menschenleben ähnlich kostspielig wie der 11. 9.) bis zum Tonking-Zwischenfall werden auch einige bis dato weniger bekannte einschlägige Ereignisse geschildert. Die dargestellte Beweislage muss für die oben erwähnte These des Autors als völlig schlüssig angesehen werden, jedoch erscheint es mir als gar nicht so unzweifelhaft, dass der Autor tatsächlich an sie glaubt und nicht darüber hinaus auch den dieser These zugrunde liegenden Sachverhalt der Flugzeugeinschläge in Frage stellt und nur zu vorsichtig und wohl auch zu taktisch klug ist, dies auch auszusprechen.

Tatsächlich können die im vierten Kapitel mitgeteilten nachträglich bekannt gewordenen geheimdienstlichen Warnhinweise vor dem 11. 9., deren Häufigkeit durchaus als absurd bezeichnet werden können (die angeblichen Terroristen hätten wohl gleich die Anschläge via CNN ankündigen können, viel Unterschied wäre nicht gewesen), als mögliche Täuschungsmanöver der CIA in Betracht gezogen werden, da sie immerhin voraussetzen und damit belegen, dass diese Flugzeuganschläge tatsächlich reales Geschehen waren. Wie auch immer, das ist Spekulation, und für die Seriosität dieses Buches ist es nur gut, dass derlei völlig fehlt.

Wer sich weitergehend mit dem Geschehen des 11. 9. beschäftigen möchte, kann ja zu gewagteren Publikationen greifen. Der Vorteil dieses Buches liegt eben in der seriösen Nachvollziehbarkeit der kolportierten Fakten und der sowohl übersichtlichen als auch klugen Darstellung der politischen Hintergründe, die allesamt ausreichen, um den 11. 9. als mittlerweile leider nicht mehr jüngsten Schurkenstreich der US-Außenpolitik zu werten.

(Franz Lechner; 02/2005)


Nafeez M. Ahmed: "Geheimsache 09/11"
(Originaltitel "The War on Freedom")
Deutsch von Werner Roller, Michael Bayer.
Riemann, 2003. 480 Seiten.
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Nafeez M. Ahmed ist Engländer bangladeshischer Abstammung. Er leitet das "Institute for Policy Research & Development", eine unabhängige, interdisziplinär arbeitende Denkwerkstatt in Brighton, England. Sein Institut beschäftigt sich mit Untersuchungen und Analysen im Sinne der Durchsetzung vom Menschenrechten und der Friedensförderung. Ahmed hat sich speziell mit der jüngeren Geschichte Afghanistans auseinandergesetzt.

Weitere Buchtipps:

Andreas von Rétyi: "Die Terrorflüge (Terrorlüge): Der 11. September 2001 und die besten Beweise, dass wirklich alles anders war"
In offiziellen »Studien« zum 11. September 2001 wurden Daten verfälscht, brisante Informationen verschwiegen, wichtige Zeugen mundtot gemacht, Fakten vernebelt und Beweise eiligst beseitigt. Wirklich alles deutet darauf hin, daß der gigantische Terroranschlag vom 11. September 2001 von geheimen Kräften innerhalb der US-Regierung gesteuert wurde. (Kopp)
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Eric Laurent: "9/11/01" - Die Wahrheit"
Was wissen wir wirklich über die Anschläge vom 11. September 2001? Welche Rolle spielten Saudi-Arabien und Osama Bin Laden? Jahre nach der Katastrophe versucht die US-Regierung noch immer, die Wahrheit unter Verschluß zu halten. Zahllose Widersprüche und Ungereimtheiten bereiten Verschwörungstheorien den Boden. Eric Laurent, einer der großen investigativen Reporter, geht den Fragen nach. Unabhängig, seriös und präzise recherchiert, stand sein Buch über »9/11/01« wochenlang auf den französischen Bestsellerlisten. (Piper)
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Gerhoch Reisegger: "Die Bildbeweise"
Nachdem in "Wir werden schamlos irregeführt!" insbesondere die Frage "Cui bono? - Wem nützt es?" gestellt und überzeugend beantwortet wurde, folgt nun die Würdigung jener Beweise, mit denen das offizielle Amerika die Verantwortung für den 11. September islamischen Terroristen in die Schuhe zu schieben suchte. Nun wird ohne jeden Zweifel nachgewiesen, dass die nach dem 11. September aufgetauchten Bilder und Videos Fälschungen waren, weil sonst die unumstößlichen Naturgesetze wie Kausalgesetz und die euklidische Geometrie verletzt würden. Wer nach der Lektüre diese Beweisführung immer noch als "Verschwörungstheorie" abtut, dem ist nicht mehr zu helfen oder führt Anderes im Schilde! (Hohenrain-Verlag)

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Christian C. Walther: "119 Fragen zum 11. 9."
Christian C. Walther hat die Fülle des Materials neu gesichtet und bisher unbeachtete Quellen erschlossen. Auf der Basis neuester Erkenntnisse stellt er die existierenden Theorien auf die Probe und bietet dem Leser zu 119 Fragen jeweils vier mögliche Antworten an - auszuwählen mithilfe unserer schärfsten Waffe: dem gesunden Menschenverstand. Walther stellt 119 Fragen, die endlich Licht bringen in das Dunkel der sich widersprechenden Erklärungsmodelle. Ein akribisch recherchiertes, faszinierendes Buch über die Rätsel des 11. September 2001. (Heyne)
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Christian C. Walther: "Der zensierte Tag"
Die Geschichte des 11. September ist noch immer nicht erzählt - wer hat es verhindert? Das "Zensurkartell" von Medienfürsten und Politikern? Oder wir selbst, weil wir die Wahrheit nicht hören wollten? Christian C. Walther hat bisher unbeachtete Geschehnisse des Tages und der Folgezeit aufgespürt, die zu einer völlig neuen Theorie über die Ereignisse und ihrer Urheber führen. Seine packende Darstellung ist zugleich eine herbe Kritik an einer globalen Mediengesellschaft, die zwar über alles informiert sein will, aber aus Bequemlichkeit die Augen vor einer schockierenden Wahrheit verschließt. (Heyne)
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Gerhard Wisnewski: "Mythos 9/11. Der Wahrheit auf der Spur. Neue Enthüllungen"
Mit "Mythos 9/11" legt Gerhard Wisnewski neue Erkenntnisse und Beweise darüber vor, was am 11. September 2001 wirklich geschah. Seine Recherchen werfen Licht auf heftig umstrittene Fragen wie:
- Stürzte Flug 93 wirklich in Pennsylvania ab?
- Gibt es überlebende Flugzeugentführer?
- Handelte es sich bei den Boeings, die ins World Trade Center krachten, tatsächlich um reguläre Linienmaschinen?
- Wieso sind Prozesse gegen angeklagte Terroristen in den USA und in Deutschland geplatzt?
Eine packende, detailreiche Analyse der Hintergründe des 11. September. (Knaur)
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Bob Woodward: "Der Angriff. Plan of Attack"
Der Enthüllungsjournalist Bob Woodward erhebt schwere Vorwürfe gegen die US-Regierung. Schon im Dezember 2001, nur drei Monate nach den Terrorangriffen auf die USA, habe US-Präsident Bush - am eigenen Sicherheitskabinett vorbei - den Irakkrieg planen lassen. Bob Woodwards Buch enthält pikante Details über das Beziehungsgeflecht innerhalb der US-Regierung. Einer seiner Kronzeugen ist ausgerechnet (Ex-)Außenminister Powell. Spannend wie in einem Roman erzählt Woodward aus dem inneren Zirkel der Macht in Washington, über Kriegstreiber (Dick Cheney) und Kriegsgegner (Colin Powell), die Diskussionen um Erkenntnisse der CIA über Massenvernichtungswaffen, die Geheimhaltung der Planungen, um nicht weltweit Ängste zu schüren, die Fixierung weiter Kreise der amerikanischen Regierung auf den Irak und die Vernachlässigung von al-Qaida. Woodward, dessen Bücher die politische Welt bewegen, stützt sich auf Gespräche mit Eingeweihten, Sitzungsprotokolle und Aufzeichnungen von direkt Beteiligten. (DVA)
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Leseprobe:

Die Rolle der internationalen Gemeinschaft in der Afghanistan-Krise

"In einem Krieg, den sich die Zivilisten nicht ausgesucht haben, sind sie die Zielobjekte für Menschenrechtsverletzungen, die von allen kämpfenden Parteien begangen werden. (...) Die Zivilisten sind die Schachfiguren in einem von bewaffneten Gruppen in Afghanistan inszenierten Kriegsspiel. Verschiedene Mächte in der Region unterstützen diese Gruppen, doch die ganze Welt hat den Massakern an Zivilisten zugesehen, ohne irgendwelche wirksamen Maßnahmen zu ihrem Schutz zu ergreifen."
(Pressemitteilung von Amnesty International, "Civilians in a game of war they have not chosen", 27. Mai 1999)

Viele einflussreiche Menschen spotten in den Medien über den Gedanken, dass die Terrorakte vom 11. September 2001 irgendetwas mit der amerikanischen Außenpolitik zu tun haben könnten. Eine Suche nach solchen Zusammenhängen, so sagen sie, vermittle den Eindruck, als wollten die kritischen Frager alles noch schlimmer machen. Oder den Fragern wird einfach unpatriotisches Verhalten vorgeworfen.
Gleichzeitig ist aber auch klar, dass solche Anschläge nicht einfach aus heiterem Himmel kommen. Wir kennen die Erklärung von George W. Bush, dies sei ein Angriff auf die Freiheit gewesen, ausgeführt von Terroristen, die die Freiheit hassten. Das mag zwar brauchbare Rhetorik für eine Ansprache an Grundschüler sein, aber bei den intensiven Recherchen zu den Ursachen der Terroranschläge vom 11. September 2001 fand ich nahezu keine Anzeichen, die eine derart schlichte Theorie stützen könnten.
Diese Dokumentation zeigt mit einer Fülle von Material, dass der weltweite Terrorismus auf komplexe und überraschende Art und Weise sehr eng mit der US-Außenpolitik verbunden ist. Wir müssen die Wurzeln dieses Terrorismus ebenso begreifen wie die Ziele der US-Politik in Afghanistan - in beiden Fällen vor und nach dem 11. September 2001. Erst dann kommen wir zu einem umfassenden Verständnis der Frage, wie die Stadt New York und das Pentagon in Washington Ziele von aus Afghanistan gelenkten al-Qaida-Terroristen werden konnten.
Um die Quellen der US-Politik wie auch der Aktionen von al-Qaida zu ergründen, müssen wir uns mit historischen Ursachen und Zusammenhängen vertraut machen. Das beginnt mit den fürchterlichen Krisen, die Afghanistan über viele Jahrzehnte hinweg durchmachte. Es setzt sich fort mit den Auswirkungen der Strategie und der Interventionen der Supermächte USA und Sowjetunion während und nach dem Ende des Kalten Krieges. Wir betrachten auch den Aufstieg extremer religiöser Gruppierungen, der al-Qaida und der Taliban im Afghanistan der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, schließlich auch die Zunahme des weltweiten "islamischen Terrorismus". Schließlich wenden wir uns der Logistik zu, die hinter den verheerenden Terrorangriffen steht, mit denen die Türme des World Trade Centers zum Einsturz gebracht wurden. Wir beginnen unsere Analyse der Voraussetzungen und Ursachen dieser Terrorangriffe mit einer Untersuchung des politischen Wandels in Afghanistan im Verlauf des Kalten Krieges.

Imperialismus und Kalter Krieg
Die inzwischen schon Jahrzehnte währende Krise in Afghanistan ist ein unmittelbares Ergebnis der von Eigennutz motivierten Einmischung beider Supermächte, der USA und der Sowjetunion, in die inneren Angelegenheiten des Landes. Diese Einmischung beginnt mit dem Staatsstreich von 1978, der in Afghanistans Hauptstadt Kabul eine neue Regierung unter der Führung von Nur Mohammed Taraki an die Macht brachte. Die von Mohammed Daud angeführte Vorgängerregierung löste den Staatsstreich dadurch aus, dass sie nahezu die gesamte Führungsspitze von Tarakis Partei, der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA), verhaften ließ. Dies war der (letztlich vergebliche) Versuch, jegliche Opposition gegen die Regierung zum Schweigen zu bringen.
Der DVPA-Vorsitzende Taraki war durch einen Aufstand untergeordneter Offiziere befreit worden, und innerhalb von 24 Stunden waren Daud und seine Regierung entmachtet. Daud wurde ermordet. Einige führende Köpfe der DVPA hatten in der UdSSR studiert oder dort eine militärische Ausbildung erhalten. Außerdem hatte die UdSSR die seit 1967 in zwei rivalisierende Gruppen aufgespaltene DVPA zur Wiedervereinigung gedrängt, die 1977 erfolgte. Auf diese Weise wurde die DVPA zur wichtigsten, sich an der UdSSR orientierenden kommunistischen Organisation Afghanistans.
Der Militärputsch von 1978 wurde letztlich aus der UdSSR gesteuert, die einen bestimmenden Einfluss auf die DVPA und deren politisches Wirken ausübte. Afghanistan geriet deshalb in völlige Abhängigkeit von sowjetischer Hilfe. Bei früheren Regierungen war das anders gewesen: Diese hatten versucht, die USA und die UdSSR gegeneinander auszuspielen, und gleichzeitig darauf geachtet, sich nicht ausschließlich auf eine Seite zu schlagen.
Die DVPA-Regierung führte die Sozialreformen und Entwicklungsprogramme der Vorgängerregierung fort. Diese Projekte waren jedoch fast ausschließlich auf die größeren Städte beschränkt. Die Privilegien der Großgrundbesitzer blieben unangetastet, am Elend der landlosen Arbeiter und Pächter änderte sich nichts. Die Analphabetenrate betrug in ländlichen Gebieten 90,5 Prozent, unter den Frauen sogar 96,3 Prozent.
Das neue Regime war aus dem gewaltsamen Militärputsch einer kleinen Gruppe hervorgegangen. Diese hatte keinerlei Bezug zu den Wünschen und Bedürfnissen der Mehrheit der afghanischen Bevölkerung und verfügte deshalb auch nicht über Rückhalt im Volk. Die Politik der DVPA war als Zwischenstadium in einem revolutionären Programm gedacht. Sie wurde den Menschen aufgezwungen und wirkte letztlich zerstörerisch, weil sie auch die staatlichen Institutionen zerstörte, die im Lauf der letzten hundert Jahre aufgebaut worden waren.
Die DVPA-Herrschaft war deshalb im Wesentlichen eine mit der Sowjetunion verbündete kommunistische Diktatur. Darin unterschied sie sich von der Vorgängerregierung unter Daud, die sich nicht nur auf eine einzige Supermacht stützte. Die USA wie auch die UdSSR waren allerdings bestrebt, Afghanistan in die jeweils eigene Einflusssphäre einzubeziehen. Das entsprach dem traditionellen Konzept, mit dem beide Mächte ihre politischen, wirtschaftlichen und strategischen Interessen verfolgten. Die Begehrlichkeiten der Supermächte führten zur letzten brutalen Episode des Kalten Krieges: Der Krieg in Afghanistan begann wenige Monate nach dem Saur-Putsch von 1978 (so benannt nach dem Frühjahrsmonat des afghanischen Kalenders, in dem der Putsch sich ereignete). Er war die Konsequenz der Versuche beider Supermächte, eine Region von höchster geostrategischer Bedeutung unter ihre Kontrolle zu bringen.
Die UdSSR hatte sich lange vor den Vereinigten Staaten in die afghanische Politik eingemischt. Dennoch muss - im Gegensatz zur landläufigen Meinung - festgehalten werden, dass es die Vereinigten Staaten waren, die als Erste der beiden Supermächte in Afghanistan direkt aktiv wurden, und zwar noch vor der sowjetischen Invasion. Zbigniew Brzezinski, der Nationale Sicherheitsberater der Regierung Carter, hat zugegeben, dass eine amerikanische Operation zur Infiltration lange vor dem 27. Dezember 1979 begann, dem Tag der sowjetischen Invasion in Afghanistan. Die Nachrichtenagentur Agence France-Presse berichtete: "Trotz offizieller Dementis starteten die Vereinigten Staaten nach Angaben eines ehemaligen US-Spitzenbeamten mindestens sechs Monate vor der sowjetischen Invasion 1979 eine verdeckte Operation zur Unterstützung der antikommunistischen Guerillas in Afghanistan."
Brzezinski sagte noch mehr: "Vor der Invasion erhielten die Mudschaheddin von uns eine gewisse Unterstützung." (...) "Wir drängten die Russen nicht zur Invasion, aber wir erhöhten durch unser Vorgehen ganz bewusst die Wahrscheinlichkeit, dass sie so vorgehen würden." Und er prahlte: "Dieses Geheimunternehmen war eine ausgezeichnete Idee. Auf diese Weise wurden die Russen in die afghanische Falle gelockt." Auch der ehemalige CIA-Direktor Robert M. Gates bestätigte in seinen Memoiren ("From the Shadows", erschienen 1996), dass der US-Geheimdienst bereits sechs Monate vor der sowjetischen Intervention mit der Unterstützung der Rebellen in Afghanistan begann.
Der afghanische Autor Nour Ali merkt zur amerikanischen Politik in jener Zeit an:
"Nach der Invasion Afghanistans durch die Sowjetunion Ende Dezember 1979 gingen Hunderte von hochrangigen afghanischen Politikern, Technikern und Armeeoffizieren, unter denen sich auch Generäle befanden, nach Pakistan. Sie hofften, von dort aus den für die Befreiung Afghanistans notwendigen Widerstand organisieren zu können. Die US-Regierung missbrauchte die historische Chance im geheimen Einverständnis mit der pakistanischen Staatsführung bedauerlicherweise für ihre eigenen Zwecke. Sie bediente sich dieser Gelegenheit im vollen Umfang und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und verfolgte dabei ausschließlich die eigenen illegitimen Ziele. Es gab deren drei:
1. Die Entstehung einer verantwortlich handelnden und unabhängigen, ausschließlich von Afghanen geführten Organisation, die den direkten Austausch mit Washington pflegte, sollte verhindert werden.
2. Bei der Vertreibung der Roten Armee sollte nur afghanisches Blut fließen.
3. Als Gegenleistung für die hilfreichen Dienste der pakistanischen Staatsführung sollte Afghanistan zum Satelliten, wenn nicht sogar zum festen Bestandteil Pakistans werden, und das unter völliger Missachtung der Souveränitätsrechte und der Opfer des afghanischen Volkes."
Die CIA sorgte im Verbund mit dem pakistanischen Militärgeheimdienst für heimliche Militärhilfe, Ausbildung und Ideologisierung der afghanischen Rebellen. Zu dieser von den USA finanzierten Operation gehörte auch die Entwicklung einer extremen religiösen Ideologie, die zwar vom Islam abgeleitet war, aber dessen ursprüngliche Lehre verzerrte: "Die bestimmenden Themen waren: Der Islam ist eine in sich geschlossene, lückenlose soziopolitische Ideologie. Die atheistischen Sowjetsoldaten brechen die Gesetze des heiligen Islam. Das islamische Volk von Afghanistan soll seine Unabhängigkeit wiedergewinnen, indem es die von Moskau gestützte, linksgerichtete afghanische Regierung stürzt." Das Endergebnis war ein brutaler, von beiden Supermächten gelenkter Bürgerkrieg, der sechs Millionen Afghanen zu Flüchtlingen machte.

Afghanistan nach dem 
Kalten Krieg
In den Jahren 1991 und 1992 vereinbarten die USA und die UdSSR schließlich, dass keines der beiden Länder mehr eine um die Macht kämpfende Partei unterstützen würde. Aber jetzt rangen die verschiedenen, zuvor von den USA finanziell und mit Waffen unterstützten Gruppierungen untereinander um die Vorherrschaft im Land. Verschiedene Elemente innerhalb dieser von der CIA finanzierten Gruppen vereinigten sich nun und bildeten die Taliban, eine dezidiert islamische Bewegung. Aus den Fraktionskämpfen nach dem Abzug der sowjetischen Truppen im Jahr 1989 gingen schließlich die Taliban als stärkste Kraft hervor. Sie bestanden erst seit dem Oktober 1994 als öffentlich wahrnehmbare und strukturierte politisch-militärische Gruppierung. Zuvor hatten sie anderen Organisationen angehört, zu denen Harakat-e-Islami oder Mohammad Nabi Mohammadi zählten. Oder sie hatten unabhängig voneinander und ohne zentrale Kommandostruktur operiert.
Das führte zu einem auch nach dem Ende des Kalten Krieges andauernden anarchischen Bürgerkrieg, in dem sich die Taliban Mitte der Neunzigerjahre als stärkste Kraft im Land durchsetzten. Deshalb kann man schlussfolgern: Afghanistan wurde in eine fortwährende Katastrophe gestürzt, und sie war der Ergebnis einer Serie von Stellvertreterkriegen, die wiederum durch die Machenschaften der USA wie auch der UdSSR ausgelöst worden waren.
Tatsache ist: Sowohl die USA wie auch die UdSSR tragen Verantwortung für die Ereignisse in Afghanistan, weil beide Mächte bestrebt waren, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen, und es dabei ruinierten. Hätten sich beide Seiten damit begnügt, dem afghanischen Volk bei der Entwicklung des Landes beizustehen, anstatt zu versuchen, aus strategischem Eigeninteresse heraus die Hegemonie über dieses Gebiet zu erlangen, hätte es keine krisenhafte Entwicklung dieser Art gegeben.
Barnett Rubin, Mitglied des U.S. Council on Foreign Relations, berichtet: "Auch nach dem Ende des Stellvertreterkrieges ermöglichen die enormen Waffenarsenale im Besitz der von der Sowjetunion ausgerüsteten Armee wie auch der islamischen Widerstandskämpfer (die ihrerseits von den USA unterstützt wurden, unter Beihilfe von Pakistan, Saudi-Arabien und anderen Ländern) die Fortsetzung der Kämpfe."

Die Herrschaft der Nordallianz (1992-1996)
Die Truppen von Gulbuddin Hekmatjar - einem ehemaligen Günstling Pakistans und der USA - machten durch permanenten Raketenbeschuss bis August 1992 eine halbe Million Einwohner der Hauptstadt Kabul zu Flüchtlingen und töteten über 2000 Menschen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete, dass gegen Ende dieses Jahres "nahezu kein internationales Interesse an diesem Konflikt feststellbar war und Afghanistan am Rand einer gesellschaftlichen Katastrophe zu stehen schien", während Hekmatjar, der Günstling der USA und Pakistans, die Eskalation des Terrors plante, "die mit Hilfe von durch die USA und Saudi-Arabien finanzierten Waffenarsenalen betrieben wurde". Der Economist berichtete, dass in der Hauptstadt Kabul bis zum Sommer 1993 rund 30000 Tote und etwa 100000 Verletzte zu beklagen waren. Der Beschuss ziviler Ziele wurde auch nach diesem Datum ununterbrochen fortgesetzt. Die Zahl der Todesopfer und Flüchtlinge stieg dabei konstant, und die Kurve wies steil nach oben.
Es ist wichtig, festzuhalten, dass die Taliban und die Streitkräfte Hekmatjars zwei verschiedenen Gruppierungen angehörten. Hekmatjar und seine Truppen waren keineswegs die einzigen Verantwortlichen für den Tod Tausender Einwohner Kabuls und die Zerstörung der Stadt. Hekmatjars Leute haben zwar mehr Tod und Zerstörung über die Stadt gebracht als die anderen Gruppen, aber die Milizen unter dem Kommando von Ahmed Schah Massud, Burhanuddin Rabbani, Abdul Rashid Dostum, Abdul Ali Masari und Abdul Karim Khalili sind für die Gewalt, die von 1992 bis 1996 die Stadt und das Land erschütterte, ebenso verantwortlich.
Die von den einzelnen Fraktionen der Nordallianz an der Zivilbevölkerung verübten Gräueltaten waren genauso schlimm wie die Übergriffe des brutalen Talibanregimes, das Ende der Neunzigerjahre den größten Teil Afghanistans beherrschte. Robert Fisk, ein britischer Experte für den Nahen und Mittleren Osten, sprach in der Tageszeitung Independent von "der blutigen, räuberischen Bilanz der Mörder in der 'Allianz'" und von einer "Bande von Terroristen (...). Die Nordallianz, die Vereinigung von Kriegsherren, Patrioten, Vergewaltigern und Folterern, die einen kleinen Streifen des Nordens von Afghanistan kontrolliert (...), hat einen erheblichen Anteil an den Massakern im Land. So wie die Taliban." Fisk hält außerdem fest, dass "(...) es eine Tatsache bleibt, dass die Nordallianz von 1992 bis 1996 ein Symbol für Massaker, systematische Vergewaltigungen und Plünderungen war. (...) Die Nordallianz räumte die Hauptstadt im Jahr 1996 und ließ 50000 Tote zurück."
Human Rights Watch (HRW) dokumentierte die unmenschliche Politik der Nordallianz nach 1996. Sidney Jones, der Leiter der Asienabteilung von HRW, schrieb, dass die "Kommandeure der Allianz, deren brutales Handeln ihre Legitimation innerhalb Afghanistans in Frage stellt", für eklatante Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren, die Ende 1999 und Anfang 2000 begangen wurden. Dazu gehörten "willkürliche Exekutionen, das Niederbrennen von Gebäuden sowie Plünderungen. Diese Maßnahmen richteten sich vor allem gegen Paschtunen und andere ethnische Gruppen, die der Zusammenarbeit mit den Taliban verdächtigt wurden." HRW beschrieb das Verhalten der Nordallianz-Gruppierungen so: "Vom Sturz des Nadschibullah-Regimes 1992 bis zur Eroberung von Kabul durch die Taliban 1996 häuften sich die verwerflichen Angriffe auf Zivilisten."
HRW erarbeitete eine ebenso detaillierte wie präzise Zusammenfassung der systematischen Übergriffe durch die Truppen der Nordallianz in den von ihnen kontrollierten Gebieten. Dieser Überblick umfasst auch die Zeit des Krieges gegen die Truppen der Taliban:
"Ende 1999 - Anfang 2000: Flüchtlinge, die im Land geblieben waren und aus Dörfern im Sangcharak-Bezirk oder der unmittelbaren Umgebung kamen, berichteten von willkürlichen Erschießungen, Brandstiftungen und flächendeckenden Plünderungen während der vier Monate, in denen das Gebiet von der Nordallianz kontrolliert worden war. Mehrere Exekutionen wurden nach Zeugenberichten vor den Augen der Angehörigen der Opfer vorgenommen. Ziel dieser Angriffe waren meist Paschtunen, in einigen Fällen auch Tadschiken. (...)"

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