Michele Giuttari: "Das Monster von Florenz"


Anatomie einer Ermittlung

Michele Giuttari, der Autor des 442-seitigen gebundenen Sachbuchs aus dem Ehrenwirth-Verlag, legt mit "Das Monster von Florenz" bereits sein zweites Werk über den ominösen Mörder vor, der von 1974 bis 1985 in der Umgebung von Florenz mordete.

Das hier vorgestellte Buch jedoch legt dem Leser die Ermittlungsarbeiten in diesem Fall akribisch und vollständig ab 1995 dar. Zu diesem Zeitpunkt nämlich übernahm Guittari die Ermittlungsarbeiten des erst als abgeschlossen geltenden Falles, und so ist das Buch eine Reise in die Vergangenheit, in die Guittari den Leser mitnimmt. Obwohl es sich um ein Sachbuch handelt, wird der Leser schnell in das Geschehen gezogen. Die Fülle und die Akribie, mit der die gegebenen Aussagen und Beschreibungen aufgeführt sind, wecken automatisch die Neugier des Lesers, sein grundsätzliches Interesse und zu guter Letzt auch das detektivische Interesse.

Ebenso schnell wird jedoch klar, dass sich "Das Monster von Florenz" gerade wegen der akribischen Darstellungen vor allem an eine Leserschaft richtet, die über eine vielleicht nicht allzu blühende Fantasie verfügt. Die Geschichte des Monsters von Florenz ist nämlich eine wahre Geschichte, eine grausame und eine blutige, wie der Leser schon bald erfahren muss. Neigt man dazu, sich Gelesenes bildhaft vorzustellen, sollte man auf die Lektüre verzichten - oder seine Fähigkeiten schulen wollen, auf allzu großes Kopfkino verzichten zu wollen.

Neben diesen Hauptaspekten befriedigt der Rückblick auf die Jahre andauernden Ermittlungen jedoch noch weitere Leserwünsche: Da wäre zum einen der voyeuristisch-analytische Aspekt, der derzeit ohnehin Hochkonjunktur hat und sich auch im TV durch fiktive Serien wie "CSI" wieder findet, zum anderen aber auch der Wunsch der Öffentlichkeit nach Transparenz. Man möchte wissen, wie genau Ermittlungen verlaufen, ob man sich selbst wirklich sicher fühlen kann, ob der Polizeiapparat wirklich funktioniert. Nach der Lektüre des Buches wird man diese Fragen allerdings nicht alle zweifelsfrei für sich beantworten können, denn Guittari macht keinen Hehl daraus, dass es Fehler und Ungereimtheiten schon in den frühen Ermittlungen gab, und dass ihm schließlich Steine aus den eigenen Reihen in den Weg gelegt wurden.

Löblich ist, dass die Schilderungen Guittaris zwar durchaus Zweifel aufkommen lassen und diese schüren, dass er sich jedoch nicht auf das konspirative Glatteis ziehen lässt, sondern durchweg sachlich und bei Fakten bleibt - ausgenommen natürlich seine persönlichen Empfindungen und seine Meinung, die jedoch stets als solche erkennbar ist.

Unterm Strich kann man "Das Monster von Florenz" wirklich jedem an Ermittlungsarbeiten Interessierten wärmstens ans Herz legen. Auch etwas hartgesottenere Krimifans und Interessenten an diesem speziellen Fall an sich werden ihre Freude an diesem flüssig zu lesenden Titel haben - auch, wenn das Ende des Buches relativ unbefriedigend ist ... so unbefriedigend, wie die Realität hinter dem Buch eben auch.

(Tanja Elskamp; 03/2007)


Michele Giuttari: "Das Monster von Florenz"
(Originaltitel "Il mostro. Anatomia di un'indagine")
Übersetzt von Katharina Förs, Rita Seuß.
Ehrenwirth, 2007. 442 Seiten.
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Hörbuch:
Lübbe Audio. Sprecher: Simon Jäger.
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Michele Giuttari, geboren 1950 in der sizilianischen Provinz Messina, arbeitete jahrzehntelang für verschiedene Mordkommissionen (u.a. Reggio Calabria, Cosenza, Neapel), zuletzt leitete er acht Jahre die "Squadra Mobile" von Florenz. Dort trieb er die Ermittlungen in der Mordserie des "Monsters von Florenz" wesentlich voran und widerlegte dabei die bisherige These, die Verbrechen seien einem einzelnen Täter anzulasten.

Weitere Bücher des Autors:

"Die Signatur"

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"Die Loge der Unschuldigen"
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Justizia auf mörderischen Abwegen - Commissario Ferrara vom Morddezernat Florenz löst seinen zweiten Fall. (Lübbe)
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