Angela Cerinotti: "Die Freimaurer"

Ein Geheimbund und seine Geschichte


Viel Langweiliges, wenig Geheimes

George Washington, Napoleon, Goethe, Mozart und Haydn, König Gustav von Schweden, der Freiherr von Knigge, der Philosoph Nietzsche ... sie alle waren Freimaurer, und man könnte die Liste der prominenten Mitglieder dieses Geheimbundes bis ins schier Unendliche fortsetzen. Was veranlasste diese Leute sowie auch viele ihrer weniger prominenten Zeitgenossen, dieser Geheimgesellschaft beizutreten? Worin bestand und besteht heute noch die Anziehungskraft der Freimaurerei? Angela Cerinotti geht diesen und anderen Fragen in ihrem Buch über die Freimaurer nach, ohne jedoch zu überzeugenden Antworten zu kommen. "Bis heute umgibt die Freimaurerei geheimnisvolles Dunkel, und sie ruft ebenso vehemente Ablehnung wie unkritische Bewunderung hervor." So steht es auf dem Rückseitentext des Buchumschlages zu lesen. Aber ist dies tatsächlich der Fall? Scheint es nicht vielmehr so, dass sich auf die Patina öffentlichen Interesses, die die Freimaurer in früheren Zeiten zweifellos umgab, der Staub des Vergessens gelegt hat? Wer redet - namentlich unter den jungen Leuten - heute noch von der Freimaurerei? Und was tun die Freimaurer ihrerseits, sich dieser Entwicklung zu entziehen? Scheinbar nichts. Sie üben sich eher in vornehmer Zurückhaltung, in den Massenmedien sind sie nicht oder kaum präsent. Missionarische Allüren kann man ihnen also schwerlich nachsagen.

Die Ursprünge dieser im Maurer- und Steinmetzhandwerk wurzelnden Geheimzunft liegen im Dunkeln, die Theorien zu ihrer Herkunft sind überaus zahlreich. Einige davon stellt uns die Autorin in ihrem Buch vor. Beispielsweise die, dass es bereits im Paradiese oder gar vor Erschaffung der Welt eine Freimaurerloge gegeben haben soll. Die Orte, die als Geburtsstätte der Bewegung gehandelt werden, sind zahlreich wie die vermuteten Schauplätze der Varusschlacht im Teutoburger Wald. Es lässt sich also wohl nichts Genaueres sagen. Die Geburtsstunde der Freimaurerei im moderneren Sinne aber schlug mit ziemlicher Sicherheit in England. Von England aus breitete sie sich nach Europa und in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Bald schon gab die Bewegung ihren operativen Charakter auf, um sich mehr spekulativ auszurichten. Aristokraten und Intellektuelle traten immer mehr an die Stelle von Handwerkern. Das alles erfahren wir in den ersten Kapiteln dieses Buches. Themen der folgenden, relativ kurzen und dabei reich illustrierten Kapitel sind etwa "Freimaurer, Staat und Kirche"; "Aufklärung und Freimaurerei"; "Die Logen und die Kultur", "Die romantische Freimaurerei"; "Freimaurerei und Sozialismus"; "Faschismus und Nationalsozialismus".

Das Buch möchte sowohl Missverständnisse ausräumen, als auch Vorurteile gegenüber den Freimaurern abbauen, also Transparenz schaffen. Dies konnte aber nur teilweise gelingen, vieles bleibt, da nur ganz kurz angerissen, unklar, Missverständnisse bleiben bestehen, die Verwirrung wird eher größer. Auf Seite 104 ist zum Beispiel der Initiationsritus der italienischen Freimaurer beschrieben. Da scheint es tatsächlich recht mystisch und geheimnisvoll zuzugehen. Die Quelle: eine italienische Frauenzeitschrift, also eine vermutlich eher fragwürdige Quelle. Angela Cerinotti ist Italienerin, von daher nimmt es kein Wunder, dass die italienischen (die Freimaurerei betreffenden) Verhältnisse in ihrem Buch überrepräsentiert sind, für die deutschsprachigen Leser also von eher geringem Interesse sein dürften. Zudem hat das Werk einen starken schulbuchhaften Charakter. Es wimmelt dort nur so von Namen und Daten. Ständige Einschübe und ausführliche Legenden zu den Fotos und Abbildungen zerstückeln den Text und erschweren so ein flüssiges Lesen. Bei den zahlreichen Publikationen zum Thema Freimaurer hätte man auf eine Übersetzung dieses Werkes ins Deutsche getrost verzichten können.

Die interessantesten Kapitel finden sich am Schluss des Bandes. Darin geht es dann um das "Maurergeheimnis" (noch immer scheinen viele Menschen der Ansicht zu sein, die Freimaurer bewahrten und hüteten eine Art "höheren Wissens"), mit welchem Aberglauben die Autorin in ihrem Buch aufzuräumen versucht. Ein anderes Kapitel befasst sich mit der Symbolik der Freimaurer. Winkelmaß und Zirkel sowie Hammer und Sichel sind noch Erbe der alten Handwerkszünfte, aus denen die Freimaurerei einst (zumindest teilweise) hervorgegangen ist. Als wichtigstes Symbol erscheint hier das Dreieck mit dem Auge in der Mitte. Und auf Seite 116 stellt uns Frau Cerinotti das Alphabet der Freimaurer vor. Im Schlusskapitel werden dann die Zwecke und Ziele des Ordens angesprochen. Da heißt es unter anderem: "Das letzte Ziel ist nämlich die weltumspannende Bruderschaft." Man fragt sich, wie dieses selbsterklärte Ziel der Freimaurerei mit ihrer ausgesprochenen Zurückhaltung in der Öffentlichkeit zusammenpasst. Diese und andere interessante Fragen werden im vorliegenden Buch leider nicht beantwortet, nicht einmal gestellt.

Das Schlusswort überlässt die Autorin einem Bruder der Mitgliedschaft (U. Gorel Porciatti): "Groß ist das Ziel, das der Orden sich setzt; und die Mittel, die er einsetzt, sind, wenn sie nicht verfälscht werden, friedfertig und klar. Das Ziel ist, den Menschen zu veredeln, den Einzelnen, denjenigen, der sich veredeln will, ihn denken, meditieren, begreifen zu lassen, dass er Botschafter des Höchsten und Teil des Ganzen ist, und das diese Teile im Ganzen durch einen einzigen Mörtel miteinander verbunden sind: die Liebe." Eine bemerkenswerte Aussage immerhin.

Mein Schlusswort zu Angela Cerinottis Buch über die Freimaurer fällt eher verhalten aus. Es hat für meine Begriffe zu viel von einem trockenen Lehr- oder Schulbuch an sich. Sicherlich bietet der Büchermarkt bessere Einführungen in die Welt der Freimaurer. Einen sehr informativen, konzisen und präzisen Text über Geschichte, Ideen und Ideale der Freimaurer findet der interessierte Leser auf den Internetseiten der Universität Münster. Informationen aus erster Hand gibt es unter http://www.freimaurer.org/.

(Werner Fletcher; 12/2008)


Angela Cerinotti: "Die Freimaurer. Ein Geheimbund und seine Geschichte"
Aus dem Italienischen von Ruth Karzel.
Parthas Verlag, 2008. 128 Seiten.
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Weitere Bücher der Autorin:

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Wie entstand die Welt? Woher kommen wir? Welchen Einfluss haben Sonne und Mond auf uns? Was ist Weiblichkeit und was Männlichkeit? Wie verhält sich das Viele zum Einen? Was lehren uns die Tiere? Was ist Liebe? Zu allen Zeiten und an allen Orten der Welt wurden Fragen wie diese immer wieder gestellt und führten zu den unterschiedlichsten, manchmal aber auch zu erstaunlich ähnlichen mythologischen Erzählungen über die Rätsel des menschlichen Lebens. Der vorliegende Band geht diesen Mythen der Welt anhand der Gegenüberstellung von erklärenden Texten und Illustrationen aus der Kunst und Kultur der Völker auf den Grund: Vom Yggdrasil der Nordgermanen über den Bodhi-Baum im Buddhismus, den Sidra-Baum der Mohammedaner zum Baum der Erkenntnis des Paradieses oder von der Liebe zwischen Cusi Coyllur und Ollantay, der romantischsten Liebesgeschichte des Inkareiches, über die heilige Hochzeit des Sonnengottes Svipdagr und der Frühlingsgöttin Menglöd, von der in der Edda erzählt wird, bis zur Tragödie von Orpheus und Eurydike. Der Leser erhält faszinierende Einblicke in die Erzähltraditionen der verschiedensten Kulturen der Welt aus den verschiedensten Epochen der Geschichte und lernt die vielfältige Ideenwelt kennen, mit der die Menschen das Unerklärliche der Welt zu erfassen versuchen. (Parthas Verlag)
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"Der Heilige Gral - Geschichten und Legenden"
Um kaum ein Thema der abendländischen Kultur ranken sich so viele Mythen und Legenden wie um den Heiligen Gral. Keltische, christliche und orientalische Überlieferungen verschmelzen in der Erzählung über jenes heilige Gefäß, das als Schale, Kelch oder Stein beschrieben wird und seinem Besitzer überirdische Kräfte verleihen und ewiges Leben schenken soll. Von den mittelalterlichen Artussagen bis zu Marion Zimmer Bradleys "Die Nebel von Avalon", vom Teppich von Bayeux über Richard Wagners Parsifal-Oper bis zum "Da Vinci Code" beschäftigt das Thema bis heute Schriftsteller, Musiker und bildende Künstler. Und es fasziniert die Menschen in ganz Europa und darüber hinaus, die versuchen, die Gralsburg zu identifizieren, oder daran glauben, dass ein Geheimbund, die Bruderschaft vom Heiligen Gral, bis heute die Fäden des Weltgeschehens in den Händen hält. Das Buch informiert über die Ursprünge der Geschichte vom Heiligen Gral im hohen Mittelalter. Es zeigt die Entwicklung der literarischen Tradition vom Mittelalter bis zur Moderne und deren Einfluss auf die bildenden Künste. Es beleuchtet die Rolle des Templerordens als Hüter des Heiligen Grals und die Suche nach ihm. Schließlich befasst es sich mit der Bedeutung des Grals für die okkultistischen und esoterischen Strömungen der abendländischen Kultur. (Parthas Verlag)
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Weitere Buchtipps:

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"Das Geheimnis der Freimaurerei ist nicht mitteilbar", notierte Hans Bankl einmal, "dem Profanen, der gewisse Einzelheiten erfahren hat, bleibt der Sinnzusammenhang verborgen." Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, setzte er sich zeitlebens intensiv mit diesem "bekanntesten aller Geheimbünde" auseinander. Im Laufe der vielen Jahre entstand so eine beachtliche Summe von Historien und anekdotischen Betrachtungen über die Freimaurerei, ihre Entwicklung und Bedeutung, ihre Symbole und Rituale, über Logen und Werkstücke. Und Bankl wäre nicht Bankl, hätte er nicht auch die Lebensgeschichten der berühmtesten Freimaurer aus Politik, Kunst und Wissenschaft in seine Sammlung aufgenommen, eine Art Ahnengalerie der Freimaurerei, wenn man so will, die er unter dem Titel "Mozart und seine Brüder" subsumiert hat. (Seifert) zur Rezension ...
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Helmut Reinalter: "Die Freimaurer"
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Ein spannender Blick hinter die Kulissen eines "Geheimbundes". Woher kommen die Freimaurer, was wollen sie? Wer sind sie? In diesem Buch geht ein Forscher, ein Nicht-Freimaurer, nüchtern und vorurteilsfrei dem Ursprung, der Geschichte und der Wirkung dieses Männerbundes nach, dem viele berühmte Männer angehört haben. Sein oberstes Ziel ist es, aufzuklären, zu informieren, zu dokumentieren. (Herder)
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Eugen Lennhoff, Dieter A. Binder, Oskar Posner: "Internationales Freimaurerlexikon"
Alle Persönlichkeiten, Organisationen und Symbole der "königlichen Kunst" auf einen Blick.
An Umfang und Genauigkeit bisher unübertroffen enthält das bis zur Gegenwart aktualisierte große lexikalische Standardwerk über die Freimaurerei neben einem lexikografischen Teil, Grundgesetzen, Chronik und Vokabularium der Freimaurerei auch Darstellungen der Leistungen ihrer Mitglieder. Die Vielzahl der Stichworte, Bibliografie und Index ermöglichen einen leichten Zugang zur immer noch geheimnisumwitterten Welt der Feimaurer. (Herbig)
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Thomas Grüter: "Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer. Wie Verschwörungstheorien funktionieren"
Hat es die mysteriösen Illuminaten wirklich gegeben? Welche Geheimnisse hüten die Freimaurer? Warum fasziniert uns die Vorstellung von machtvollen verborgenen Gemeinschaften? Diesen und weiteren Fragen rund um Verschwörungen und ihre Theorien geht Thomas Grüter auf den Grund. Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie wissen, warum sich manche Verschwörungstheorien hartnäckig halten, welche Rolle Vorurteile spielen und wie sie gezielt für bestimmte Zwecke ausgenutzt werden. Der Autor enthüllt die Tricks von Autoren wie Dan Brown oder Erich von Däniken und zeigt Ihnen, wie Sie selbst eine erfolgreiche Verschwörungstheorie schreiben können.
Ein spannend und lebendig geschriebenes Buch mit einer Fülle von Informationen für all diejenigen, die solche Theorien durchschauen wollen. (Fischer)
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