Andreas Hoppert: "Der Zahlenmörder"


Der Anwalt Marc Hagen riskiert viel für einen verurteilten Serienmörder

Im Jahr 1986 wurde Jürgen Sobotta, ein gerade allein lebender, vorbestrafter und im Großen und Ganzen sehr unangenehmer Mann, wegen fünffachen Frauenmords zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Da die Leichen sehr "öffentlichkeitswirksam" präsentiert worden waren und ihr Zustand auf große Brutalität und Sadismus hinwies, waren Polizei und Staatsanwaltschaft - und auch die Familien der Getöteten - überaus froh, schnell einen Verdächtigen, scheinbar unwiderlegbare Beweise und am Ende eine Verurteilung zu haben - auch wenn der Verurteilte seine Tat beständig abgestritten hatte und dies danach in Haft auch immer wieder tun sollte, bis es ein wenig still um ihn wurde.

Dann erfährt er, dass er nicht nur eine Tochter hat, sondern auch noch einen Enkel, dem er gerne den Besuch des berüchtigten Großvaters im Gefängnis ersparen möchte, und deswegen bemüht er sich nach 28 Jahren nochmals um ein Wiederaufnahmeverfahren, um endlich aus der Haft entlassen zu werden. Er überschwemmt die Briefkästen der umliegenden Anwaltskanzleien, um einen juristischen Mitstreiter für diesen Prozess zu gewinnen.

Marc Hagen hat die Angewohnheit, sich Fällen anzunehmen, die Andere nicht mit der Kneifzange anfassen würden, und weil Wiederaufnahmeverfahren in Deutschland in der Regel nicht genehmigt werden, geschweigedenn erfolgreich sind, lassen auch alle erfahreneren Kolleginnen und Kollegen des Anwalts die Finger davon - und raten ihm, sich besser um andere Dinge zu kümmern. Doch Marc ist ja bekanntermaßen schon immer gut darin gewesen, gute Ratschläge zu ignorieren.

Sehr schnell findet Marc Hinweise auf verschwundene Zeugenaussage, gefälschte Aktennotizen, Zeugenbeeinflussungen und unverwertbare Expertengutachten, die ihn zunehmend auf den Kriegspfad treiben. Selbst als er erfährt, dass sein Vorgänger als Wiederaufnahmeanwalt Sobottas ermordet worden ist und die damals falsch Ermittelnden aktuell auf Bundesebene in hoher Gunst stehen, lässt ihn das nur umso intensiver arbeiten, so dass ein Erfolg unausweichlich erscheint. Und selbst in Berlin für kleinere Umwälzungen sorgen könnte. Aber hinter all den "Spiegeln und dem Rauch" gibt es einen tieferliegenden, verborgenen Aspekt dieses Falls.

Daneben muss sich Marc mit der allgemein schlechten wirtschaftlichen Situation seiner Kanzlei auseinandersetzen, sein Familienleben jonglieren und sich nebenher auch noch mit dem Fall eines angeblich durch einen Signalton getöteten Wellensittichpärchens herumschlagen, in dem sein Klient beinahe jede Einsicht vermissen lässt und ein kostspieliges Gutachten nach dem anderen anordnet.

"Der Zahlenmörder" ist ein weiterer dichter und überaus interessanter Roman aus der "Marc Hagen"-Reihe von Andreas Hoppert, der neben einer interessanten Krimihandlung auch eine zum Teil erstaunliche Darstellung der Möglichkeiten der Ermittlungs- und Strafprozessordnung bietet. Am Ende wird es eine einschneidende Veränderung in Marcs Leben geben ...
Absolut zu empfehlen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2015)


Andreas Hoppert: "Der Zahlenmörder"
Grafit, 2015. 412 Seiten.
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Andreas Hoppert wurde 1963 in Bielefeld geboren. Nach seinem Jurastudium war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni/GHS Siegen, seit 1990 arbeitet er als Richter an einem Sozialgericht.