Sunil Mann: "Familienpoker"


Ein einfacher Rechercheauftrag  entwickelt sich zu einer gefährlichen Jagd von Madrid bis ins Berner Oberland

Noemi Winter ist eine reiche und verwöhnte Halbwüchsige, und als sie eines Tages bei dem indisch-schweizerischen Privatdetektiv Vijay Kumar auftaucht, nachdem dieser gerade einige Bewerbungen abgeschickt hat, weil er sich in Vorbereitung auf seine mögliche Verheiratung mit seiner geliebten Munja endlich um einen ebenso anständigen wie zuverlässigen Posten bemühen will, erscheint ihm das Anliegen der jungen Dame, "Finde mich!", ausreichend absurd, um in Bausch und Bogen abgelehnt zu werden. Doch bei einem Treffen auf einer Festlichkeit, wo Vijay als Aushilfskellner einspringt, kann Noemi ihn davon überzeugen, sich doch um ihren Fall zu kümmern, und so begibt er sich, nachdem er gerade erfolgreich einen Versicherungsauftrag verpfuscht hat, mit seinem Reporterfreund José nach Madrid, um dem mysteriösen Doktor Grüninger nachzuspüren.

Naja, zunächst sucht man einmal einen Doktor Sanchez, und selbst der ist eigentlich erst der dritte Schritt auf dieser Suche, die den indisch-stämmigen Schweizer durch Europa schickt, während er noch immer den Auftrag um einen möglichen Versicherungsbetrug bearbeiten muss - und das Problem seines alten Freundes Gustavo alias Miranda, die das erste Mal ihre Tochter treffen soll, die am Flughafen aber eigentlich einen Mann erwartet. Außerdem bringt die junge Frau aus Brasilien noch einmal ganz eigene - lebensbedrohliche - Dinge mit, die Miranda und Vijay in der Folge das Arbeiten nicht gerade erleichtern sollen. Daneben gibt es noch ein paar Familien- und Liebesprobleme, die Vijay direkt betreffen, sodass seine Tage gut ausgefüllt sind.

Unter drei Fällen macht es heute wohl kein Detektiv mehr in einem Buch, und große persönliche Probleme gehören auf jeden Fall wohl mit dazu. Zum Glück gelingt es Sunil Mann, diese Dinge mit viel Sprachwitz und ohne den offensichtlichen Eindruck von Konstruktion in einen Zusammenhang zu bringen, sodass ein recht zufriedenstellender, amüsanter Roman entsteht. Dieser vierte Band um den identitätsgemischten Privatdetektiv in Zürich hält sich mit ethnischen Vorurteilen und Überlegungen weitestgehend zurück, was sehr angenehm ist und ihn so - trotz grausamer Themen im Bereich der Kriminalität - in erster Linie als Komödie erscheinen lässt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2013)


Sunil Mann: "Familienpoker"
Grafit Verlag, 2013. 317 Seiten.
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Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren. Nach der Matura schrieb er sich in Zürich für Psychologie und Germanistik ein. Beide Studien brach er erfolgreich ab. Für seine Kurzgeschichten hat er bereits zahlreiche Preise gewonnen. Für sein Romandebüt "Fangschuss" wurde er mit dem "Zürcher Krimipreis" ausgezeichnet.

Weitere Bücher des Autors:

"Fangschuss"

Vijay Kumar ist dreißig Jahre alt, indischer Abstammung, frischgebackener Privatdetektiv - und schon desillusioniert: Seine erste Auftraggeberin ist eine anstrengende Frau, die ihre Katze vermisst. Indischer Whisky und eine gehörige Portion Selbstironie helfen ihm, aufkommende Zweifel an seiner Berufswahl zu verdrängen.
Doch auch sein zweiter Auftrag ist weder lukrativ noch Glanz und Ruhm versprechend: Die junge Ness macht sich Sorgen um ihren Freund, den Drogenhändler Philipp. Lustlos hört sich Vijay in der Szene um und merkt erst, als er über eine Leiche stolpert, dass er längst selbst in Gefahr schwebt. Eine Jagd beginnt - durch das noble Zürcher Bankenviertel bis in die Einsamkeit einer Berghütte. (Grafit Verlag)
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"Lichterfest"
Vijay Kumar ist irritiert: Der Zürcher Medienmogul Blanchard beauftragt ausgerechnet ihn, seine verschwundene Putzfrau Rosie zu suchen. Und bietet dem indischstämmigen Detektiv dafür ein saftiges Honorar. Was ist so besonders an Rosie?
Chronisch in Geldnot, macht sich Vijay an die Arbeit und findet heraus, dass Rosies Neffe der Junge ist, der am Vorabend von einem Schlägertrupp bewusstlos geprügelt wurde.
Als dann der rechte Politiker Graf tot aufgefunden wird, bekommt der Fall eine neue Dimension - denn auch bei Graf hat Rosie geputzt. (Grafit Verlag)
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"Uferwechsel"
In einem Waldstück nahe Zürich wird eine Leiche geborgen. Der Körper des jungen Ausländers ist steif gefroren und weist schwere Verletzungen auf. Privatdetektiv Vijay Kumar, der zufällig am Fundort anwesend war, staunt nicht schlecht, als er am nächsten Tag von einem anonymen Anrufer den Auftrag erhält, den Tod genau dieses jungen Mannes aufzuklären.
Erste Recherchen lassen die Vermutung aufkommen, dass sich der Tote im Radkasten eines Flugzeugs versteckt hatte, um illegal in die Schweiz einzureisen. Miranda, Vijays beste Freundin und Kennerin des horizontalen Gewerbes, glaubt jedoch, dass der Unbekannte ein Stricher war. Vijay zwängt sich in seine schwulste Aufmachung und ermittelt im Milieu. Kurze Zeit später stirbt ein weiterer junger Mann - ausgerechnet jetzt hetzt Vijays Mutter ihrem Sohn eine Horde heiratswilliger Inderinnen auf den Hals. (Grafit Verlag)
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