Gabriella Wollenhaupt: "Leichentuch und Lumpengeld"

Historischer Kriminalroman


Der kleine Max findet die Leiche des Fabrikanten Emil Hartenau: ein politisch motivierter Mord?

Gabriella Wollenhaupt ist der Leserschaft von Kriminalromanen in erster Linie durch ihre Maria-Grappa-Krimireihe bekannt. Doch mit dem vorliegenden Titel hat sie sich einem anderen Feld der Kriminalliteratur zugewandt.

Wir schreiben das Jahr 1845, und der Weberaufstand in Schlesien ist gerade ein Jahr her. Deutschland ruht in weiten Teilen unter preußischer Herrschaft, und verschiedene Schriften heizen den Widerspruchsgeist der Menschen auf, weswegen es manchen Schriftstellern außerhalb der deutschen Länder mittlerweile deutlich sicherer erscheint, wie zum Beispiel dem Düsseldorfer Heinrich Heine. Doch in vielen kleineren Orten bekommen die meisten Menschen davon nicht ganz so viel mit. So auch in dem mehr oder minder beschaulichen preußischen Örtchen Morgenthal, bis eines Tages ein kleiner junge beim Fischen auf die Leiche des Inhabers der ortsansässigen Weberei stößt. Emil Hartenau war als ebenso skrupelloser wie brutaler Machtmensch bekannt, und so gibt es Verdächtige im professionellen, im privaten und im politischen Bereich.

Speziell wegen des letzten Bereichs sieht sich der örtliche Gendarm gezwungen, die politische Polizei in Berlin einzuschalten, die auch prompt ihren Polizeidirektor Justus von Kleist entsendet. Und dieser muss sehr bald feststellen, dass es in Morgenthal durchaus nicht so beschaulich zugeht, wie es nach außen hin zunächst den Anschein hat. Denn neben dem Arbeitskampf gibt es hier auch breit angelegte Prostitution, Revolutionäre aus Deutschland und Frankreich, interessante jüdische Familien und latenten Antisemitismus, vaterländische Verbindungen und Ähnliches mehr. Und auch in der Familie Hartenau war nicht unbedingt alles eitel Sonnenschein.

Eine komplexe und weitreichende Kriminalgeschichte entsteht, in deren Verlauf der Leser zunehmend in das Leben der Menschen in der Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt wird, wobei auch verschiedene Gesellschaftsschichten Beachtung finden. Außerdem wird die Rolle der Frau in dieser Zeit aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Alles in allem ein sehr überzeugender und informativer historischer Kriminalroman, der hoffen lässt, dass Gabriella Wollenhaupt hinkünftig wieder in dieses Genre einfällt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2008)


Gabriella Wollenhaupt: "Leichentuch und Lumpengeld"
Grafit Verlag, 2008. 378 Seiten.
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Ein weiteres Buch der Autorin:

"Es muss nicht immer Grappa sein"

Zwei Morde an einem Tag - das hat selbst Polizeireporterin Maria Grappa noch nicht erlebt. Opfer Nummer eins: Ekatarina Schöderlapp, eine Aussiedlerin aus der Ukraine, 78 Jahre alt, sie ist in ihrer Wohnung mit einem Plastiksack erstickt worden. Opfer Nummer zwei: der berühmte Erotikfotograf Hein Carstens. Er liegt mit zertrümmertem Schädel in seinem Hotelzimmer. Merkwürdigerweise steht in seinem Notizbuch die Adresse der Rentnerin. Noch merkwürdiger: Die Polizei stößt in der schäbigen Wohnung der Frau auf 35 kg Kaviar.
Grappa findet die Fischeier nur eklig, und entgegen der Ermittlermeinung glaubt sie nicht an Rache der russischen Kaviar-Mafia. Denn da gibt es noch Filmsternchen Kiki Moreno, die gerade die 356. Folge der Seifenoper "Gute Tage - schlechte Tage" abgedreht hat. Ihre Nacktbilder zieren die Internetseiten des erschlagenen Fotografen, und sie ist die Freundin des russischen Kaviarkönigs Boris Gogol. Verdächtig macht sich zudem der örtliche Feinkostkönig Peter Silius, und das nicht nur, weil der tödliche Plastiksack sein Logo schmückt.
Ein Dickicht aus Habgier und Völlerei entfaltet sich vor Grappa. (Grafit Verlag)
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