Frank Vermeulen: "Der Herr Albert"

Ein Roman über Einsteins Gedankenexperimente

E=mc² ...


Haben Sie das mit der Relativitätstheorie in der Schule oder sonst je verstanden? Haben Sie jemanden gefunden, der Ihnen das Konzept erklären konnte? Ich selbst beantworte beide Fragen mit Nein.
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das Thema in der Schule überhaupt durchgenommen wurde oder ob wir nur aufgefordert wurden, uns das Kapitel "mal durchzulesen - zur Prüfung kommt es eh nicht". Da ich keineswegs denkfaul angelegt bin, hat mich der Titel alleine schon magisch angezogen: Ein Roman über Einsteins Gedankenexperimente. Was steht wohl in so einem Einstein-Roman? Biografischer Historienschmus?

Nichts dergleichen. Dieses Buch erreicht treffsicher seine Zielgruppe: interessierte junge Leute. Woran interessiert? An vielem, wie zum Beispiel auch Physik, Mathematik; an allem, was graue Zellen in Schwung bringen kann ... interessiert an eigentlich allem, woran die Schule vorbei"lehrt". Eben auch an Herrn Albert.

Die fünfzehnjährige Esther bekommt ein Foto geschenkt. Ihr Opa hat es geschossen. Ein Foto von Albert Einstein. Das Foto gefällt ihr gut, schon alleine wegen Einsteins Genialität, oder vielleicht auch weil er eine Widmung für ihren Opa draufgeschrieben hat. Wenn man die Theorien nur auch verstehen könnte. Aber wer soll einem das beibringen? Unterricht vom Opa? Nein. Was? Noch jemand ist auf dem Foto drauf? Wo bitte schön - da ist nichts zu sehen. An diesem Punkt setzt in Esthers Leben - oder sollte man besser sagen Nachtleben - die "Albertisierung" ein .... .

Auf dem Foto ist tatsächlich noch jemand: Nils. Er nennt sich selber "Beobachter" und ist so etwas wie der Begleiter von Esthers Gedanken. In langen nächtlichen Gesprächen führt er Esther zuerst an die Voraussetzungen und schließlich an die sogenannte Relativitätstheorie heran.

Nicht nur Esther, sondern auch der interessierte Leser - wieder einmal egal ob alt oder jung - wird von diesen Gesprächen gepackt. Die Materie ist einfach zu spannend. Und man versteht auch, dem etwas artifiziellen Charakter des Nils sei Dank, was man zu verstehen wünscht. In Platon'schen Gesprächen von feinstem pädagogischen Schliff führt Vermeulen/Nils den Leser durch die Mathematik und ihre weiten Forschungsgebiete.

Vermeulen ist sich im Klaren über die Unzulänglichkeiten, die ein "mathematischer" Roman mit sich bringt. Will man zur Sache schreiben, dann muss jeder erzählerische Schnörkel weg. Inhalt vor Erzähltechnik und doch keine Fachliteratur. Mit Bedacht hat Vermeulen die "Unterrichtsform" gewählt, sie dient dem Transportieren des doch recht anspruchsvollen mathematischen Stoffes und ist ihm wichtig: der Dialog. Alte griechische Formen des Unterrichtes lassen grüßen. Vermeulen ist sich jeder seiner "Anleihen" bewusst und spielt augenzwinkernd auf einen ähnlichen Roman an, der sich zur Aufgabe gemacht hat, Sophie die Philosophie näher zu bringen.

Der Roman der Relativitätstheorie. Keine leichte Lektüre, aber eine Herausforderung für alle, denen Denken Spaß macht.

Frank Vermeulen wurde 1964 geboren. Er ist studierter Informatiker mit Schwerpunkt "Künstliche Intelligenz". In seiner Freizeit beschäftigt er sich mit der Relativitätstheorie, Kosmologie und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Den vorliegenden Roman über Herrn Albert hätte er als Jugendlicher selber gerne gelesen, doch gab es ihn damals noch nicht ...

(Die Prinzessin; 09/2003)


Frank Vermeulen: "Der Herr Albert"
Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf.
Gerstenberg, 2003. 416 Seiten. Ab 14 J.
ISBN 3-8067-4977-9.
ca. EUR 22,-. Buch bestellen

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