Paul Kohl: "Nacht über Köln"


Es ist das Jahr 1955, und Deutschland befindet sich im vollen Wiederaufbau. Die Bauunternehmen der Domstadt verzeichnen nicht nur Vollbeschäftigung, sondern müssen auch immer wieder Arbeitskräfte von auswärts hinzuziehen.

Küngeleien sind dabei wie üblich Tür und Tor geöffnet, weil jedoch der Aufschwung für alle in Aussicht zu stehen scheint, sind Proteste vergleichsweise selten. Allein die kommunistische Partei läuft gelegentlich auf und wird von der Polizei mit großem Interesse gefilmt und fotografiert.

Als der Kriminalassistent Stefan Pütz mit einem seiner beiden Ausbilder zu einem Toten auf einer der Baustellen der Stadt gerufen wird, findet er dort einen der prominentesten und erfolgreichsten Bauunternehmer auf dem Grund der Baugrube liegend vor. Zunächst wird zunächst über einen Unfalltod spekuliert. Schnell treten andere Fälle in den Wahrnehmungsvordergrund von Pütz, der sich nur wundert, dass der Tote bei der nächsten Lagebesprechung keine Erwähnung findet.

Kurz darauf scheint es sich bei dem Todesfall um Selbstmord gehandelt zu haben, weil der Verstorbene offensichtlich eine Zyankalikapsel im Mund hatte, als er starb, und seine Witwe bestätigt auch, dass er bereits seit einiger Zeit wegen Auftragsflauten deprimiert gewesen sei. Dies erstaunt Pütz und auch, dass er keinen Analysebericht der Todesursache in die Hand bekommt, aber bald muss er sich um einen anderen Kunden kümmern, der den ehemaligen Gauleiter Wildermuth, der jetzt wieder in Amt und Würden ist, anzeigen möchte. Dabei erlebt Pütz bei der Anzeigenaufnahme, wie der Anzeigende seinen Ausbilder Bohnsack wiedererkennt und diesen damit völlig aus dem Konzept bringt.

Kurz darauf wird dieser Anzeigenerstatter bei einem Unfall mit Fahrerflucht getötet, seltsamerweise taucht sein Name nicht bei der nächsten Lagebesprechung auf; und das, obwohl er an mehreren Kriminalbeamten Interesse gezeigt hat und bei einem mit Pütz befreundeten Reporter eine Aussage mit Bezug auf eine SS-Vergangenheit von Pützens Ausbildern und deren Vorgesetzten hinterlassen hat. Auf allzu intensives Nachfragen wird Pütz dann, angeblich zu Schulungszwecken, ins Archiv versetzt, wo er keinerlei Ermittlungsbefugnisse mehr hat.

Sein neuer Chef sieht das allerdings ein wenig anders und bringt ihn über das Konzept des neuen Spielfilms "Fenster zum Hof" auf ganz interessante Zusammenhänge in der kölschen Nachkriegspolitik.

Fazit:
"Nacht über Köln" bietet glaubhafte und interessante Figuren, gut recherchierte geschichtliche Darstellungen und ist ein insgesamt interessant vorgestellter Krimi in diesem Zusammenhang mit viel historischem Material. Sehr lesenswert.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2011)


Paul Kohl: "Nacht über Köln"
Emons, 2011. 255 Seiten.
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