Leseprobe:
Der
Bischof von Durham, Dr. David Jenkins, sagte: Ich bin überzeugt, dass es keine
ewige Hölle gibt. Unser Gott ist bestimmt nicht so grausam, eine ewige Hölle zu
erschaffen.
Der evangelische Bischof M. Wood hat diese Aussage
mit Ironie zurückgewiesen: Da Gott den Tod seines eigenen Sohnes am Kreuz zuließ,
muss jedenfalls etwas da sein, wovon er uns erlösen will!
Der
Streit: Die Hölle gibt es nicht, die Hölle gibt es - ist ewig. Überlassen wir
das Streiten den Streitenden. Interessant sind vor allem die Antworten auf die
Fragen: Was ist eigentlich Hölle? Woher, von wem stammen die Visionen, Ideen,
Vorstellungen von ihr?
Der
heilige Augustinus beschrieb 413 als Erster die Grausamkeit der Hölle. Die
Hölle ist ein See aus Feuer und Schwefel. Richtiges Feuer und körperliches Feuer.
Den einen wird es das Fleisch, den anderen die Seelen verbrennen.
Der
Glaubensreformator Calvin hob 1547 unerbittlich hervor, dass auch Gott grausam
sei. Er bestimmte, dass nur einige gerettet würden. Allen anderen wies er die
ewige Hölle zu.
Dante stellte in der Divina
Commedia ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse her. Was kümmert mich, wenn
ein Mörder in die Hölle muss. Die Hölle tut daran nichts Gutes, da das Opfer
des Mörders schon tot ist.
Der Schriftsteller Jean Paul
Sartre entwickelte die Theorie: Die Hölle, das sind die Anderen!
T. S. Elliot
schrieb: Ich selber bin die Hölle.
James Joyce beschrieb
die Hölle mit pornografischem Genuss wie ein Jesuitenprediger: Der ganze Schmutz
der Welt, alle Abfälle und der ganze Abschaum werden in die Hölle fließen wie
in einen großen, dampfenden Kanal, und am Jüngsten Tag wird die Welt von einem
schrecklichen Brand gereinigt. Dieses schreckliche Feuer frisst die Körper nicht
nur von außen; jede verlorene Seele ist die Hölle in sich selber!
Mit abnehmendem Glauben an die Hölle wurden im 20. Jahrhundert
gesellschaftliche, ideologische, diktatorische, terroristische, militärische
Höllenkopien geboren! Am überzeugendsten hat sie Franz Kafka dargestellt. Im
Schloss und im Prozess sind zwei junge Männer auf ewig in einer todbringenden
Bürokratie verfangen. Kafkas Höllen erheben keinen Anspruch auf Moral. Darin
sind sie modern. Bei Kafka erfährt der
Verfolgte nie die Ursache seiner Verfolgung.
Der unnachgiebige Theologe Augustinus behauptete, alle Ungetauften
würden Höllenqualen erleiden müssen. Weil sie Anteil am Sündenfall
haben, auch wenn sie persönlich nichts verbrochen haben. Valentin schreibt in
Klammern: Du verständnisvolle Gerechtigkeit der streitbaren Kirche!
Das heilige Buch des Islam, der Koran,
ist unbarmherzig ungerecht. Inhuman! Es lehrt: Nur jene auf der linken Seite -
das heißt, die Verlorenen - werden sich in sengenden Winden und kochendem Wasser
wiederfinden! Im Schatten eines pechschwarzen Rauches, der weder kühl noch erfrischend
sein wird. Denn sie lebten im Wohlstand! Sie haben sich den ekligen Sünden verschrieben!
Der
heilige Evangelist Johannes schreibt von der Hölle: Auf der Welt gibt es immer
mehr Feiglinge und Ungläubige, Sittenlose und Mörder, Unzüchtige und Zauberer,
Götzenverehrer und Lügner! Allen wird ein Sitz im brennenden Schwefelsee zugewiesen!
In ewiger Verdammnis!
Der englische Philosoph Bertrand
Russell erläutert in seinen skeptischen Essays die humanistische Sicht des
20. Jahrhunderts: Grausames Handeln mit reinem Gewissen ist die Freude der Moralisten!
Aus diesem Grund haben sie die Hölle erdacht!
Der spanische Inquisitor
Ximenes ließ Menschen bei lebendigem Leib verbrennen, um ihnen noch schlimmere
Höllenqualen zu ersparen. Er wurde vom Papst gelobt und zum Erzbischof berufen.
Valentin schreibt in Klammern: Verdient solch ein
Papst keine Hölle?
Der Begründer der persischen
Religion Zarathustra kam 400 Jahre vor Christus auf die Idee, jene, die im Leben
gesündigt haben, nach dem Tod brennen und braten zu lassen!
Der
englische Dichter John Keats schrieb im Jahre 1821: Schon vor der Hölle nach dem
Tod ist die Welt ein weites Feld aus Feuer und höllischem Ächzen!
Valentin
schreibt in Klammern: Bittere Wahrheit!
In einem Drama von
Christopher Marlowe gibt Mephisto Antwort auf Fausts Frage, wo denn die Hölle
sei:
Im Eingeweide tief der Elemente,
die
quälend uns für immerdar umgeben.
Die Höll´ ist unbegrenzt
und nicht gebunden
an einen Raum, denn wo wir sind, ist Hölle,
und
wo die Höll´ ist, müssen stets auch wir sein,
und - letzten
Ends - wenn diese Welt vergeht
und alle Kreatur geläutert
wird,
wird allerorten, wo nicht Himmel ist,
die
Hölle sein.
Auf den silbernen Wellen des Gelächters von Norina, der Göttin der Narrheit, kommen Verse daher:
Es
gibt kein Paradies, es wär zum Dösen,
nur Langeweile weit
und breit.
Daher mein Rat an alle Menschenwesen:
Vergnügen
gibt´s nur, wenn ihr Sünder seid ...
(Aus "Wenn der Tod Ferien macht" von Igor
Torkar)
Drava Verlag, 2001. 256 Seiten.
ISBN 3-8543-5344-8.
ca. EUR 19,84.