Leseprobe:

Ich habe nicht geweint, aber ich habe noch einmal die Arme nach Phillip ausgestreckt. Diesmal habe ich ihn so fest umarmt, dass er lachte. "Herrje", sagte er, "ich bekomme keine Luft mehr." Ich lachte ebenfalls, und die Tränen blieben gehorsam in meinen Augenwinkeln, während sich die Wölkchen meines Atems mit seinen vermischten. Ich zögerte, und dann, als das Lachen verklungen war, hob ich mein Gesicht zu seinem. Er blinzelte wie überrascht, aber er reagierte: langsam und zögernd senkte er seine Lippen auf meine.
Wir küssten uns tief und sinnlich auf den Mund, aber nur ein einziges Mal. Mein Herz schlug so schnell, dass meine Brust schmerzte. Dann öffnete er meinen Mantel, riss die Knöpfe auf und begann, mich schnell zu küssen. Seine Hände, gewöhnlich so unbewegt, fuhren rastlos in meinen Mantel, und seine Lippen küssten jeden Zentimeter meines Gesichts. Die Fassade von Trägheit und Ruhe - seine Kühle - war abgefallen wie eine zweite Haut. Er atmete heftig und ungleichmäßig, und sein Gesicht war fast nicht mehr zu erkennen und wurde vor Wolllust grimmig.
Ich hatte gewusst, dass Phillip leidenschaftlich war und es verbarg: ich hatte mich nach dieser Leidenschaft gesehnt, davon geträumt, darauf gewartet und sie schließlich herausgefordert, doch als sie sich zeigte, konnte ich mich nicht rühren und war wie gelähmt vor Angst. Mein Hals war eng, und ich konnte nicht sprechen. Doch gleichzeitig begann ich an einer anderen Stelle meines Körpers zu schwitzen.
Ich war von "Betty und ihre Schwestern" aus direkt in einen der Schundromane geraten, die ich zu verschlingen pflegte, voll mit dramatischem Schneefall und einem Mann, der sich grob an meinen Knöpfen zu schaffen machte. Phillip, der meine Strickjacke und meine Bluse geöffnet hatte, ging jetzt anders vor, zog mir die Sachen aus meiner Jeans und griff nach oben nach meinen Brüsten. Von seinem Körper abgehalten, pfiff der Wind harmlos an mir vorbei. Als er in meinen BH griff und meine linke Brustwarze berührte, waren seine Finger schockierend kalt.
Es war, als verbinde eine Schnur meine Brustwarze mit der warmen Stelle zwischen meinen Schenkeln, und jedesmal, wenn er in die Brustwarze kniff, zog er an dieser Schnur. Doch der Druck seiner Finger wurde stärker und begann zu schmerzen. Ich hätte einfach die Zähne zusammengebissen und es ausgehalten, denn das Ziehen an der Schnur wurde mit dem Schmerz intensiver, aber er drehte an meiner Brustwarze, und da zuckte ich unwillkürlich zurück und gab einen leisen Protestlaut von mir.
Er ließ so abrupt los, dass ich fast gestolpert wäre, und wich zurück, so dass der eisige Wind mich an Hals und Brust traf wie ein Schlag. Er starrte mich an, der hungrige Ausdruck wich aus seinem Gesicht, beginnend bei den Augen, dann vom Mund, der zu einer dünnen Linie wurde und sich kaum öffnete, als er "Entschuldigung, Ki" murmelte. Dann fuhr er herum und war verschwunden.
Ich hatte mir unseren Abschied so oft vorgestellt, aber daran hatte ich niemals gedacht: dass er sich in verletztem Stolz abwandte und rasch im Schnee verschwand, während ich zitternd und elend an der Straßenecke stand und mich selbst verfluchte, weil ich nichts gesagt hatte.


Aus "Das Erbe der Geisha" von Mako Yoshikawa.
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