Der Wein
Du
blinkst so hell und glänzend aus dem Becher,
Als wäre jeder Strahl in dir zerronnen,
Woraus du einst die Feuerkraft gewonnen,
Die glühend jetzt entgegenschäumt dem Zecher.
Ich
aber säume, reizender Versprecher
Des Süßesten, und zähle all die Sonnen,
Die dich mit ihrem Netz von Licht umsponnen,
Bevor die
Traube
reif erschien dem Brecher.
Ich
sehe ihn, von
Nächten und von Tagen
Den reichen Zug, die, längst hinabgesunken,
Dir scheidend all ihr Köstlichstes gegeben.
Da
möcht' ich fast im Geist vor dir verzagen,
Kaum
an den Lippen, bist du ausgetrunken:
Wie zahle ich den Preis für so viel Leben?
(von Friedrich Hebbel; 1813-1863)