Ljudmila Ulitzkaja: "Ergebenst, euer Schurik"

Gelesen von Andrea Sawatzki
(Hörbuchrezension)


Schurik wächst als Muttersöhnchen, behütet von Mama Vera und Oma Lisawjeta, auf. Vera setzt ihre gesamte Kraft in die Erziehung ihres Sohnes und verzichtet auf eine mögliche künstlerische Karriere. In sehr jungen Jahren hat Schurik eine erste Freundin namens Lilja, mit der er viel Zeit verbringt, ohne ihr allerdings näher zu kommen. Das wird nur kurze Zeit später anders, als er Matilda begegnet. Die weit ältere Frau verführt ihn, und er wird sie fortan, insofern es ihm möglich ist, jeden Montag besuchen. Als er nicht mal ganz 19 Jahre alt ist, findet eine Silvesterfeier in der Wohnung seiner Erzieherinnen statt, und es erscheinen unangemeldet die Chefin der Mutter, (die als Buchhalterin zu arbeiten gezwungen ist), Ina Iwanowna, und die blutjunge Alja, die Schurik häufig bei Prüfungen hilft. Nachdem Alja von ihm in einem Nebenzimmer das verlangt, worauf Schurik stets mit Bereitschaft reagiert, platzt sein Mamachen mitten in die Prozedur und ersucht ihren Sohnemann, Frau Iwanowna vors Haus zu begleiten und ein Taxi zu rufen. Die nicht mehr junge Frau möchte aber, dass Schurik sie bis zu ihrer Haustür begleitet und danach mit dem Taxi zurückfährt. Doch sie hat mehr mit Schurik vor. Er landet in ihrer Wohnung, und sie verwöhnt sein liebstes Werkzeug mit besonderer Hingabe oral. Viel zu spät kehrt der Liebesheld zurück. Er muss eine Ausrede erfinden, um Alja nicht zu enttäuschen. Das ändert nichts daran, dass er nur kurze Zeit später zum Dienst bei ihr anzutreten hat.

Vera leidet in jungen Jahren an einer "übergeschnappten Schilddrüse" und bricht eines Tages zusammen. Sie muss operiert werden, und Schurik wird sich fortan möglichst aufopferungsvoll um sie kümmern. Seine Großmutter ist vor kurzem verstorben, und mit ihrem Erbe finden Mama und er ihr Auslangen. Nachdem er eine Weile ohne Interesse Chemie studiert hat, wechselt er zum Studium der Anglistik und arbeitet außerdem in der Lenin-Bibliothek. Eine junge Frau namens Lena fragt ihn, ob er sie heiraten würde, da sie schwanger sei und später zu Enrique zurückkehren wolle; dem Kubaner, der aus irgendwelchen Gründen von Fidel inhaftiert worden sei. Schurik, der nicht nein sagen kann, willigt ein und heiratet sie zum Schein.

Währenddessen lernt er Valerija näher kennen, die als Chefin der Lenin-Bibliothek fungiert. Eines ihrer Beine ist seit ihren Kindheitstagen verkrüppelt. Sie ist bereits in die Jahre gekommen und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Schurik scheint genau der richtige Vater für dieses Kind zu sein. Er ist in Hinkunft nicht nur bemüht, mit ihr ein Kind zu zeugen, sondern schwört zudem, sich für immer um sie kümmern zu wollen. Valerija hat schon beim ersten Beischlaf einen multiplen Orgasmus, was Schurik völlig neu ist.

Schurik besucht Matilda nach wie vor jeden Montag, und wenn Alja anruft, dann ist er bereit, ihr zu Diensten zu sein. Sie schläft siebenmal mit ihm, ehe sie merkt, dass er an ihr nicht unbedingt interessiert sein mag. Sie heiratet irgendeinen Milizionär, der ihr begegnet und möchte ihren Misserfolg Schurik vergessen.

Zwischenzeitlich ist Vera aus Gesundheitsgründen in Rente gegangen. Sie leitet einen Theaterzirkel und kann ein wenig das nachholen, was sie in ihren jüngeren Jahren versäumt hat, als sie sich hauptsächlich um die Erziehung ihres Sohnes kümmerte.

Eines Tages begegnet Schurik auf dem Postamt einer sehr dürr wirkenden jungen Frau, die ein schweres Paket zu schleppen hat. Er erweist sich als hilfreich, da er ihr anbietet, ihr diese Last abzunehmen und nach Hause zu befördern. Bei ihr angelangt, öffnet sie das Paket, und es kommt ein Mammutzahn zum Vorschein, den sie sofort fallen lässt. Das Ding landet ganz genau auf Schuriks Zeh, der drei Monate lang Schmerzen davon tragen wird. Es kommt zu keinen Zärtlichkeiten, was Svetlana als Kavaliersdelikt auffasst. Schurik erzählt seiner Mama von der Geschichte, und sie lachen beide darüber.

Die tiefreligiöse Valerija verliert das Kind, das sie mit Schurik gezeugt hatte, nachdem sie über eine Treppe stürzt. Doch sie bleibt dabei, Schurik weiter als ihren Liebhaber zu betrachten. Lena wiederum will sich scheiden lassen und fährt mit ihrer Tochter Maria nach Moskau. Ihr fehlt die Geburtsurkunde von Maria, wodurch sie nach Sibirien zurückreisen muss, um das notwendige Dokument zu erhalten. Svetlana handelt sich bewusst eine Angina ein, um Schurik dazu zu bringen, ihr Medikamente zu holen. Als Heilprozedur ist er ihr zu Diensten, vergisst das Abenteuer jedoch nur kurze Zeit später, während Svetlana von ihrem neuen Geliebten schwärmt. Das Mädchen ist akut selbstmordgefährdet und versucht im Laufe weniger Jahre dreimal erfolglos, sich das Leben zu nehmen.

Schließlich fährt Lena ein weiteres Mal nach Moskau und bringt ihre Tochter Maria mit.
Ein paar Wochen ist Vera mit der kleinen Maria alleine und wünscht sich, das Mädchen wäre ihre Enkelin. Sie findet zufälligerweise heraus, dass Maria den Namen ihres Sohnes trägt.
Nun weiß sie also, dass ihr Sohn mit Lena pro forma verheiratet ist. Die Scheidung wird bald durchgeführt. Maria bleibt aber in Moskau und wird bald darauf eine Ballettschule besuchen (jene des berühmten Bolschoi-Theaters). Schurik kümmert sich rührend um die kleine Maria und glaubt, er solle ihr irgendwann später auch Gefälligkeiten erweisen.

Schurik bleibt kaum Zeit, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Er kümmert sich um Matilda, Valerija, Svetlana und seine Mutter. Jedes Mal, wenn er gerufen wird, ist er zur Stelle. Es ist fast ein Wunder, dass er nebenbei auch noch studieren und arbeiten kann.

Später wird seine Mutter feststellen, wie es um seine scheinbare Beziehung zu Lena steht, da sie die beiden in eindeutiger Pose beobachtet. Vera ist verwundert, da Schurik sie darüber aufklärt, er habe keine Liebesbeziehung mit Lena. Es geschehe einfach nur so.

Irgendwann reflektiert Schurik schließlich doch darüber, dass er unweigerlich nur das tue, was von ihm erwartet werde. Das ist so etwas wie ein kleiner Schock. Allzu viel darüber nachzudenken bleibt ihm jedoch keine Zeit. Ein Freund lädt ihn zu einer Prostituierten ein, mit der er sich einlässt. Ihr Zuhälter ist darüber weniger entzückt und schlägt den einsamen Frauenhelden zusammen. Schuriks Kiefer ist gebrochen, als er ins Krankenhaus eingeliefert wird. Er wird operiert und bekommt eine Klammer. Die immer noch schwer in ihn verliebte Svetlana besucht ihn täglich im Krankenhaus und berichtet seiner Mutter von seinen Fortschritten.

Als Maria zwölf Jahre alt ist, soll sie plötzlich gemeinsam mit Lena abreisen. Das Mädchen ist darüber sehr traurig; aber irgendwie soll sich für Lena die Möglichkeit ergeben, endlich Enrique wieder zu sehen, und mit ihm ein neues Leben zu beginnen. Schurik verliert Valerija, die im Alter von 50 Jahren an einer Lungenembolie verstirbt. Nur Stunden nach dem Begräbnis lässt er sich mit der Trinkerin Sonja ein, die zu einer neuen Gespielin für ihn wird.

An seinem 30. Geburtstag soll alles anders werden. Bewusst hat er nur Freunde zu sich eingeladen, als er einen Anruf von seiner Jugendfreundin Lilja erhält. Sie wird einen einzigen Tag in Moskau sein, und er soll sie am Flughafen abholen. Lilja ist vor zwölf Jahren mit ihrer Familie nach Israel emigriert und hat bereits ein vierjähriges Kind. Schurik trifft sie und ist wie vom Blitz getroffen. Sie ist genau das, was ihm immer gefehlt hat! Die anderen Mädchen hat er nur so mit seinem liebsten Werkzeug verwöhnt. Lilja aber ist etwas ganz Besonderes. Auf einer Parkbank fährt er ihr durch ihre Afro-Frisur und spürt in ihre Bluse greifend ihre zarten Brüste. Er weiß, dass sie bald nach Tokio muss, um ein Praktikum zu beginnen. Tieftraurig nimmt er schließlich Abschied von ihr, und nichts wird mehr so sein, wie es einmal war.

Doch Lilja schreibt in ihr Notizbuch, als sie gen Tokio fliegt, dass Schurik nach wie vor schwer in sie verliebt sei. Sie könne dieses Gefühl nicht erwidern. Er sei sehr seltsam und habe zudem schon lichtes Haar. Vielleicht wäre sie geblieben, wenn er sich als der Mensch erwiesen hätte, mit dem sie leben könnte. Sie findet aber keinen Gefallen an ihm, und so wird sie ihr Leben weiter in der Ferne verbringen.

Die Geschichte von Schurik, der jeder Frau, die ihn braucht, zu Diensten ist, ist von tragikomischer Ausprägung. Er sieht es als seine Pflicht an, mit diesen Frauen zu schlafen, wenn sie ihn mit sanften Augen ansehen oder kränklich mit ausgebreiteten Armen im Bett liegen. Bei alledem ist ihm nie die Liebe begegnet. Und Lilja ist ihm offenbar nicht genug zugetan. Es wird weiter gehen mit Schurik, und vielleicht wird er einmal Glück haben. Nach der Episode mit Lilja ist es wohl vorbei mit den Abenteuern, denen er ohnehin nie viel abgewonnen hat. Als tragischer Held verschwindet er hinter dem Vorhang und mag nunmehr ein Eigenleben kreieren ...

Wahrlich meisterhaft erzählt Andrea Sawatzki, die insbesondere durch ihre Rolle als Charlotte Sänger im "Tatort" bekannt ist, vom Leben des nimmermüden Schurik. Sie variiert ihre Stimme gekonnt, wenn es notwendig ist. Es klingt oft komisch, wenn sie aus der Perspektive der Frauen erzählt und Schurik wie der "Geist aus der Lampe" erscheint. Das (Hör-)Buch ist wohl mehr für Frauen als für Männer gedacht. Somit ist es wunderbar, dass es von einer Frau vorgetragen wird. Sie kennt die Nuancen, und die Männer bekommen dabei ihr Fett weg. Manche Längen in der Geschichte werden überspielt, da Andrea Sawatzki mit dem Brustton der Überzeugung das Geschehen kommentiert.

(Al Truis-Mus; 10/2005)


Ljudmila Ulitzkaja: "Ergebenst, euer Schurik"
Der Hörverlag, 2005. 5 CDs; Laufzeit 342 Minuten.
Sprecherin: Andrea Sawatzki. Regie: Marie-Luise Goerke.
Übersetzung: Ganna-Maria Braungardt.
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Buchausgabe:
Hanser, 2005. 496 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
dtv, 2008.
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Ljudmila Ulitzkaja, Jahrgang 1943, arbeitet mehrere Jahre als Genetikerin, bevor sie zu schreiben begann.

Weitere Bücher der Autorin:

"Die Lügen der Frauen"

Der letzte Tag vor der Abreise begann mit einem Anruf. Eine Stimme mit kaukasischem Akzent fragte in schleppendem, singendem Tonfall nach Shenja.
"Hier ist Violetta, ich komme heute zu Ihnen saubermachen."
Shenja hüstelte verschlafen und überlegte. Sie wollte sagen, dass es ihr heute nicht passte, weil sie morgen verreise, in zehn Tagen sei sie zurück, da könnten sie etwas ausmachen. Doch dann dachte sie: Meinetwegen! Soll sie ruhig zweimal die Woche kommen, saubermachen und Essen kochen, die Männer verwöhnen. Jedes Mal wenn Shenja dienstlich verreiste, empfand sie ein leises Schuldgefühl gegenüber ihrer Familie und ihrem Haushalt.
"Gut, kommen Sie her."
Shenja ist eine Frau, zu der man rasch Zutrauen fasst. Ireen, eine englische Ferienbekanntschaft, erzählt ihr sofort ihre ganze (erfundene) Lebensgeschichte, und bei einer Dokumentation über russische Prostituierte in der Schweiz bemerkt sie verblüfft, dass jedes Mädchen die gleiche Kindheit hinter sich hat. Eine literarische Erkundung der weiblichen Lügen, ein Zyklus gewitzter und weiser Geschichten, die alle von der Kunst zu leben handeln. (dtv)
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"Ein fröhliches Begräbnis"

In Aliks New Yorker Wohnung, inmitten von Ölbildern, auf denen zinnoberne Granatäpfel schimmern, geht es zu wie im Taubenschlag. Verwandte, Freunde, Gäste drängen sich munter plappernd in den Räumen, als "könne man den gestrigen Tag getrost streichen, weil das Leben erst am Montag beginnt": Sie trinken Tee, (be-)gießen mit Wodka manch gemeinsame, noch in Russland verankerten Wurzeln. Hunderte großer und kleiner Trennungen haben sie hinter sich: von den Eltern, dem Beruf, dem Haus, "von der Luft und dem Wasser", von ihrer Sprache. Und nun finden sie sich hier zusammen, am Ort der "Fröhlichkeit und menschlichen Wärme". Inmitten all des Trubels liegt der todkranke Alik, lauscht dem Stimmengewirr und wechselt mal mit dieser, mal mit jenem ein Wort. Schwach, mit eingefallenen Wangen, bewegungslos, wartet er geduldig, sogar die Einreibung mit stinkender Kräutersalbe ertragend, auf sein nahes Ende. Nur seine hellen Augen blicken noch gewitzt. Alik war nie geschäftstüchtig - der große Erfolg als Maler ist ihm versagt geblieben. Aber gemocht haben ihn alle, die Barkeeper, die Händler vom Fischmarkt, besonders die Frauen. Sie sind es, denen das Herz schwer und schwerer wird. Nina will unbedingt, dass er getauft wird - woraufhin Pope Viktor und Reb Menasche wetteifern, den Todgeweihten jeweils auf ihre Seite zu ziehen. Alik wäre nicht Alik, wenn er sich nicht, "bevor sein letzter, noch arbeitender Muskel, das Zwerchfell, aussetzte", für die Trauergäste eine Überraschung ausgedacht hätte: "Für einen einzigen Augenblick durchbrach er die Mauern der Ewigkeit, warf ein Steinchen herüber vom anderen Ufer, das in undurchdringlichen Nebel gehüllt ist ..."
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"Die Kehrseite des Himmels"
Ljudmila Ulitzkaja gibt Auskunft über ihr Leben, Denken und Schreiben - und über Politik und Kultur in Russland.
Ljudmila Ulitzkaja gibt mit überraschender Offenheit Auskunft über ihre persönliche Welt. Sie erzählt von ihrer Kindheit und Jugend in Moskau, von den Menschen und Büchern, die sie liebt, von ihrer früheren Tätigkeit als Genetikerin und davon, wie sie zum Schreiben kam. Dabei schlägt sie einen Bogen von der Geschichte ihrer Vorfahren bis zum Tagebuch ihrer Krebserkrankung. Zentral für ihr aktuelles Werk sind Politik und Kultur in Russland und ihr kritisches Verhältnis zu den Entwicklungen unter Putin. So eröffnet Ulitzkaja dem Leser einen Horizont russischer Alltagserfahrung, der auch Fragen der Moral, Ethik und Religion umschließt. (Hanser)
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"Jakobsleiter" zur Rezension ...

"Reise in den siebenten Himmel"
Zur Rezension

Leseprobe:

Alles war wohldurchdacht und geplant, doch dann klingelte in der Nacht das Telefon: Matilda aus Wyschni Wolotschok. Sie hatte ein dringendes Anliegen. Sie wohnte nun regelmäßig das halbe Jahr im Dorf. Das Landleben faszinierte sie, Gemüsebeete und Garten interessierten sie mehr als ihre frühere künstlerische Arbeit. Immer öfter betrachtete sie einen alten Birnbaum oder einen Gesteinsbrocken am Dorfrand mit einer Art Schuldgefühl: Warum, mit welchem Recht hatte sie so viel Holz und so viel schöne Steine für ihre bildhauerischen Übungen verschwendet? Jetzt erfreute sie sich an der einfachen ländlichen Schönheit, weshalb sie Malven pflanzte und Hühner hielt. Neidisch betrachtete sie die Ziege der Nachbarn, die rosagrau war und rauchgraue Hörner hatte. Eine wunderschöne Ziege - vielleicht sollte sie ein Zicklein von ihr nehmen? Sie engagierte Männer, die ihr den alten Brunnen wieder herrichteten.

Sie lief in einem alten langen Rock herum, obendrein barfuß, was die Frauen im Dorf längst nicht mehr taten. Sie lachten über sie: He, Matrjona, wieso läufst du rum wie eine Bettlerin?

In diesem Jahr führte der Kolchos einen Prozeß gegen Matilda: Sie hatte zwar das Haus rechtmäßig geerbt, doch der Boden, auf dem es stand, gehörte dem Kolchos, und den wollte man ihr nun wegnehmen. Kluge Leute erklärten ihr, sie könne das Land für Erholungszwecke erwerben. Deshalb brauchte sie nun dringend eine Bescheinigung, daß sie Mitglied des Künstlerverbandes war, was ihr mehr Rechte zum Erwerb eines Grundstücks zubilligte als normalen Bürgern. Das Ganze war natürlich Blödsinn, aber staatlich sanktionierter, allgemein üblicher Blödsinn, dem man nur mit ebensolchem Blödsinn begegnen konnte, wie eben mit dieser Bescheinigung. Matilda rief im Moskauer Künstlerverband an, man versprach ihr das Papier, doch die Sekretärin, bei der es lag, ging in den Urlaub, und Matilda verbrachte die ganze Nacht auf dem Telegrafenamt, wartete, bis die kaputte Leitung endlich wieder repariert war und sie eine weitere Verbindung mit Moskau bekam, und nun bat sie Schurik, sofort, spätestens heute Abend, zu der Sekretärin ins Büro oder nach Hause zu fahren und die Bescheinigung abzuholen. Der Gerichtstermin war übermorgen, die Bescheinigung mußte also morgen irgendwie nach Wyschni Wolotschok gelangen.

"Ich kümmere mich drum, Matilda, mach dir keine Sorgen!" versprach Schurik.

Matilda machte sich auch keine Sorgen mehr: Sie hatte ihn erreicht, und er war ein echter Freund, er ließ sie nie im Stich. Matilda erkundigte sich nach seiner Mutter, nach Valerija, aber für höfliches Geplänkel war die Verbindung zu schlecht.

"Komm doch her, Schurik! Für länger!" schrie sie in den Hörer. "Jetzt nach dem Regen wachsen hier die Pilze wie verrückt! Ach ja! Noch eins! Denk an meine Medikamente!"

"Ich komme! Ich komme! Ich denke dran!" versprach Schurik.

Er machte sich nichts aus Pilzen. Die Medikamente, die Matilda gegen ihren hohen Blutdruck brauchte, hatte er schon gekauft. Die beiden Packungen lagen im Kühlschrank. Er überprüfte noch einmal den Wecker, um Valerijas Ankunft nicht zu verschlafen. (...)

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