Marie-Luise Kreuter: "Kräuter und Gewürze aus dem eigenen Garten"

Naturgemäßer Anbau, Ernte, Verwendung


Von Anis bis Zwiebel

Dieses im Jahr 1992 erstmals aufgelegte Buch erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Kein Wunder, informiert es doch ebenso fachkundig wie lebensnah über die Bedürfnisse und Eigenschaften jener Pflanzen, derer sich die Menschen seit vielen Jahrhunderten zu Würz- und Heilzwecken bedienen.

Wie bereits in ihrem wunderbaren Buch "Der Bio-Garten" vereint Marie-Luise Kreuter überlieferte Weisheiten mit Erkenntnissen der Gegenwart in einem wirklich praktischen Sachbuch, das Fragen aufwirft und beantwortet, interessante Perspektiven erschließt und Anleitungen bietet.

In bester Manier beleuchtet das erste Kapitel "Duftspur durch die Jahrtausende" den Stammbaum der Kräuter, und wie die Gewächse in sämtlichen Hochkulturen zu einem - wenigstens teilweise - aromatischen Alltag beitrugen. Eines der ältesten erhaltenen Kräuterrezepte stammt aus dem vierten vorchristlichen Jahrtausend! Unter dem babylonischen König Assurbarnipal (7. Jhdt. v. Chr.) entstand die größte Bibliothek der damaligen Zeit, die bereits Tontäfelchen über u.A. Dill, Fenchel, Safran und Kardamom enthielt. Zahlreiche Gelehrte und Ärzte der Antike (beispielsweise Hippokrates, Theophrastus, Galenos und Dioskurides) verwendeten Kräuter und wussten um deren heilende Wirkung. Dioskurides verfasste Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts ein bedeutendes Werk, in welchem er 600 Pflanzen im Detail beschrieb, sowie auch bereits Ernte- und Lagerungstipps gab.

Selbstverständlich erfreuen sich seit jeher auch die menschlichen Riechorgane an den aromatischen Wohlgerüchen von z.B. Minze (mit welcher angeblich die griechische Dichterin Sappho ihre Kniekehlen einrieb) oder auch von Gewürznelken (es geht die Kunde, Kleopatra habe sich mit Salben aus Zimt und Nelken parfümiert).

Klostergärten waren sowohl für die Bewahrung von Arten und Sorten als auch die Weiterentwicklung von Rezepten von großer Bedeutung. Im Jahre 812 n. Chr. gab Kaiser Karl der Große in seiner Verordnung "Capitulare de vilis" genaue Anweisungen, welche Gemüse und Kräuter jedenfalls gepflanzt werden sollten; u.a. Salbei, Rosmarin und Schnittlauch.

Mit Aufkommen des Buchdrucks entstanden im 16. Jahrhundert umfassende Kräuterbücher mit Abbildungen und Rezepten; aus der Vielfalt sei hier jenes des Jacobus Theodorus Tabernaemontanus erwähnt, aus welchem Marie-Luise Kreuter im Abschnitt "Kräuter von A - Z" wiederholt zitiert, so z.B. zum Thema Kamille: "Chamillen in Wein gesotten / und von der durchgesigenen Brühen Morgens und Abends ein Becher voll warm getruncken / vertreibet die Geschwulst des Magens / hilfft der Däuung / und nimmt hinweg das tropfflingen Harnen" sowie "Den Mund mit Chamillenwasser geschwenckt / heilet die Mundfäule / und alle Versehrung oder Verwundung desselben: Miltert auch den Schmertzen der Zähn warm gebraucht."

Im Kapitel "Ein Platz an der Sonne" werden die Kriterien für die Wahl des richtigen Standortes eines Kräuterbeetes erläutert; dazu gehören neben Bodenbeschaffenheit, Platz- und Lichtverhältnissen auch die klimatischen Gegebenheiten. Gestaltungsvorschläge und Gestaltungsbeispiele folgen; so können Kräuterbeete nach den Vorbildern alter Kloster- bzw. Apothekergärten, ländlicher Tradition, naturnaher Kräutergärten, als Steingärten, Rabatten, Kasten-Beete oder Rondelle angelegt werden. Doch auch das beschränkte Platzangebot auf Balkon, Loggia oder Fensterbank ermöglicht das Kultivieren bestimmter Kräuter!
Marie-Luise Kreuter bietet pfiffige Bepflanzungsvorschläge für all diese Standorte.

Und schon sind wir bei der "Kräutergarten-Praxis" angelangt. Hier werden Einzelheiten zu Bodenvorbereitung, Kompost, Düngung, Aussaat, Auspflanzen, Vermehrung und Überwinterung geboten. Alles keine Hexerei!

"Naturgemäßer Pflanzenschutz" erfolgt im Kräutergarten selbstverständlich nicht mit der chemischen Keule, sondern in erster Linie durch wohlüberlegte Mischkulturen und mit Pflanzenbrühen, für deren Herstellung Rezepte festgehalten sind. So wehrt z.B. Wermut-Tee Läuse, Raupen und Ameisen ab.
Weiter geht es mit einigen "Tipps aus der Praxis", die Antworten auf allerlei früher oder später auftauchende Fragen geben; u.A. "Was hilft, wenn Schnecken junge Pflanzen fressen?"

Im Abschnitt "Kräuter - Medizin für den Garten" wird die Bedeutung sinnvoller Mischkulturen betont. Das bedeutet, dass bestimmte Pflanzen, nebeneinander gesetzt, das Wohlergehen des jeweils anderen Gewächses begünstigen. Ein paar Beispiele gefällig? Kapuzinerkresse fördert das Wachstum der Kartoffeln, in der Nachbarschaft von Kresse entwickeln sich besonders wohlschmeckende Radieschen, neben Petersilie gedeihen Tomaten besonders gut. Weiters können Jauchen, Brühen und Tees aus Kräutern als Medizin für den Garten hergestellt werden.
Auch den Insekten ist eine Seite gewidmet: "Nützlinge im Kräutergarten" würdigt Bienen, Hummeln, Flor- und Schwebfliegen sowie Schmetterlinge.

Ausführliche Pflanzenporträts enthält das Kapitel "Kräuter von A - Z", wie folgt aufgebaut: deutsche Bezeichnung der Pflanze (z.B. "Anis"), botanische Bezeichnung (z.B. "Pimpinella anisum"), gefolgt von einer Auflistung volkstümlicher, teils recht skurriler Namen, der Herkunftsangabe (Heimat des Krautes), einem botanischen Steckbrief, der Auflistung der heilkräftigen Wirkstoffe, Beschreibung von Geschmack und Würze, Tipps zum Anbau im Garten, zu Ernte und Aufbewahrung, zur Verwendung in der Küche und in der Hausapotheke sowie überlieferte Bemerkungen zur historischen Verwendung.

Zuerst werden einjährige Kräuter (dazu gehören u.a. Basilikum, Kerbel, Ringelblume) auf diese Weise beschrieben, daran anschließend die zweijährigen (u.a. Kümmel, Petersilie) sowie die ausdauernden Kräuter (u.A. Baldrian, Beinwell, Brennnessel, Johanniskraut, Lavendel, Löwenzahn, Pfefferminze, Rosmarin, Salbei, Schnittlauch, Thymian).
"Gäste am Rande des Kräutergartens" beherbergt gebräuchliche Küchengewürze, die keine Kräuter im eigentlichen Sinn sind, z.B. Knoblauch, Lorbeer und Zwiebel.

Damit sind wir bei "Ernten und Konservieren" angelangt und erfahren allerhand Wissenswertes über den Umgang mit Kräutern, den richtigen Zeitpunkt für die Ernte, über das Reinigen, Trocknen und Aufbewahren der kostbaren Vorräte. Marie-Luise Kreuter liefert Rezepte für das Einlegen in Essig und Öl, das Ansetzen von Kräutern in Öl, Essig sowie in Alkohol.

Kochen mit Kräutern - ein Gedicht! In "Kräuterwürze für die Küche" sind die Kräuter in geschmackliche Gruppen (säuerlich-frischwürzig, süß-aromatisch, scharf-würzig, kräftig-würzig, bitter-aromatisch) eingeteilt. Rezepte für köstliche Salate, Soßen und Kräutertopfen, Suppen, Gemüse- und Fleischgerichte, Eingemachtes, Senf, wunderbare Essig- und Öl-Variationen, Liköre und Schnäpse machen Lust und Appetit darauf, das eine oder andere schleunigst in der eigenen Küche auszuprobieren!

"Kräuter für die Hausapotheke"- dieses Kapitel ist der sanften Medizin aus dem Garten gewidmet. Marie-Luise Kreuter zitiert Pfarrer Kneipp mit folgender Aussage: "Fast sämmtliche meiner Thee und Extrakte, Oele, Pulver rühren von früher geachteten, jetzt vielfach verachteten, spottbilligen Heilkräuter her, welche der liebe Herrgott im eigenen Garten, auf freiem Felde, manche um's Haus herum, an abgelegenen und unbesuchten Stellen wachsen läßt, Heilkräuter, die meistens keinen Pfennig kosten."
Gegen allerhand Wehwehchen des Alltags sind Kräuter gewachsen. Und so bietet das Buch Rezepte zur Verwendung von Kräutern gegen Erkältungskrankheiten und Magen-Darm-Beschwerden, bei nervösen Schlafstörungen und Unruhe, nervösen Herzbeschwerden, nervöser Erschöpfung, Nervenschmerzen sowie bei alltäglichen Verletzungen, Insektenstichen und Sonnenbrand.

"Kräuter würzen den Alltag" beinhaltet schließlich Anleitungen zur Herstellung von Badezusätzen, Pflegemitteln, Kräuterkissen und Kräutersträußen.

Literaturtipps und Angaben von Bezugsquellen runden "Kräuter und Gewürze aus dem eigenen Garten" inhaltlich ab. Ein praktisches, im Anhang befindliches Register ermöglicht die unkomplizierte Handhabung dieses wertvollen Ratgebers.

(kre)


Marie-Luise Kreuter: "Kräuter und Gewürze aus dem eigenen Garten.
Naturgemäßer Anbau, Ernte, Verwendung"

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