Viktor Arnar Ingólfsson: "Das Rätsel von Flatey"


Der ganz andere Kriminalroman

Island. Die frühen 1960er Jahre. In der Nähe der Insel Flatey wird ein bekannter dänischer Handschriftenforscher tot aufgefunden. Der Ärmste scheint irgendwie auf diesem Inselchen gestrandet zu sein und dürfte dann wohl erfroren sein. Die Behörden entsenden einen Aushilfsbeamten, um dem Fall nachzugehen. War es ein Unfall? War es doch Mord? Geht es um das Flateyjarbok, jenes Buch voll isländischer Sagas, das in Dänemark liegt und das die Isländer und speziell Flatey zurückhaben möchte?

Alle diese Fragen sind zwar interessant, aber sie machen nur einen geringen Teil des Charmes dieses Buches aus. Das wirklich Lesenswerte ist die Schilderung des Lebens auf der Insel, an der die neuen Zeiten vorbeizugehen scheinen. Und noch etwas ist höchst interessant: Der Autor lässt ein Rätsel rund um das Flateyjarbok entstehen. Jeweils ein Teil der Lösung dieses aus 40 Teilen bestehenden Rätsels wird am Ende jedes Kapitels präsentiert, und so bekommt der Leser auch einen Einblick in diese interessante Handschrift.

Es handelt sich also nicht um einen Krimi im engeren Sinn, denn den Ermittlungen wird nur sehr wenig Raum eingeräumt, wenngleich auch hier durchaus Spannung erzeugt werden kann. Dieses Buch als Krimi zu qualifizieren, würde jedoch vollkommen falsche Erwartungen bei einem potenziellen Leser wecken.

Stilistisch kann man Viktor Ingólfsson nur gratulieren, die Verquickung der vielen Handlungsebenen ist ihm perfekt gelungen und es macht Spaß, zwischen den Erzählteilen zu springen. Die Personen sind ausgesprochen liebevoll gestaltet. Insgesamt also ein Werk, das zwar auf den ersten Blick als Kriminalroman erscheint, aber bei genauerem Hinsehen viel mehr als ein Krimi ist.

(Reinhold Stansich; 07/2005)


Viktor Arnar Ingólfsson: "Das Rätsel von Flatey"
(Originaltitel "Flateyjargata")
Aus dem Isländischen übersetzt von Coletta Bürling.
Lübbe, 2005. 349 Seiten.
ISBN 3-404-92186-0.
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Viktor Arnar Ingólfsson wurde am 12. April 1955 in Island geboren.