Graham Greene: "Unser Mann in Havanna"

Liebevoll zeichnet Greene die Gestalt des Mr. Wormold und die seiner Freunde und Feinde. Der Held will eigentlich nur seine Staubsauger verkaufen und die Zukunft der Tochter sichern. Er ist gewiss kein Abenteurer, aber der britische Geheimdienst verlangt ständig neue, sensationelle Berichte.

Natürlich ist dieses Stück erstmals 1958 in Buchform erschienen, aber die Geschichte ist trotzdem ein Genuss.


Mr. Wormold betreibt einen Staubsaugerladen auf Cuba, welcher eher mäßig läuft. Seine Frau hat ihn vor einiger Zeit wegen eines Anderen verlassen, aber trotzdem versucht er weiter, die gemeinsame Tochter nach ihrem Wunsch als Katholikin zu erziehen, ein Glaube, dem er als guter Engländer natürlich nicht anhängt. Die Tochter, Milly, schwankt in ihrer katholischen Schule zwischen abgrundtiefer Frömmigkeit, religiösem Fanatismus und halbreligiöser Frivolität. Außerdem gibt sie sehr viel Geld aus - Geld, das Wormold nicht hat.

Eines Tages kommt ein Mann in Wormolds Laden, der ihm ein Angebot macht, das er auf Grund seiner finanziellen Situation nicht ablehnen kann. Der eher einfache und unkomplizierte Wormold soll für den MI6 im vorrevolutionären Cuba ein Agentennetz aufbauen. Nach einigem Zögern willigt er ein. Er erfindet Agenten wie Figuren in einem Roman und lässt diese geheimnisvolle Dinge entdecken. Er ist dabei so überzeugend, dass man ihm schließlich einen
Code-Spezialisten und eine MI6-Sekretärin namens Elisabeth aus England schickt, was ihn in eine überaus unangenehme Lage bringt.

Doch Wunder über Wunder, die von ihm erfundenen Personen scheinen wirklich zu existieren und werden auf einmal von unbekannten Kräften beseitigt, was Wormold in immer tiefere Gewissensnöte stürzt. Schließlich wird sogar ein Killer auf ihn selbst angesetzt, Segura, der Polizeichef von Cuba, ist hinter Milly her und will für die Hand von Wormolds Tochter das eine oder andere Auge zudrücken.

Wie bei John Le Carré wird auch hier das Geheimdienstmilieu als Arena der juvenilen Dilletanten beschrieben, in der die Wahrheit weniger zählt als der sensationelle Schein und ein Mensch wie eine Spielfigur über ein Schachbrett oder besser Damebrett bewegt wird. Lustig, philosophisch, gut geschrieben und überaus menschlich dargestellt. John Le Carré selbst hat vor einigen Jahren mit seinem wunderbaren "Schneider von Panama" Greenes Roman Tribut gezollt, und man sollte beide Romane unbedingt nacheinander lesen. Ein großer Spaß und ein wirkliches Lesevergnügen.

Graham Greene wurde 1904 in Berkhamstead in England geboren, er starb 1991 in Vevey in der Schweiz. Graham Greene zählt zu den berühmtesten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Sein Werk umfasst Romane, kleinere Prosa, Dramen, Essays und Kinderbücher.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 04/2003)


Graham Greene: "Unser Mann in Havanna"
Gebundene Ausgabe:
Aus dem Englischen von Dietlind Kaiser.
Zsolnay, 1995. 238 Seiten. 
ISBN 3-5520-4704-2.
ca. EUR 15,90.
Buch bestellen

Taschenbuch:
dtv, 1998. 249 Seiten. 
ISBN 3-423-12034-7.
ca. EUR 8,50.
Buch bestellen

... weitere Bücher von Graham Greene bestellen ...