Abilio Estévez: "Ferne Paläste"

"Weißt du denn nicht, dass jeder irgendwo seinen Palast hat?"


"Ferne Paläste" ist ein melancholisches Hohelied auf eine grandiose Stadt mit zwei unterschiedlichen Gesichtern. Abilio Estévez gelingt es, Havanna einerseits als eine prächtige Stadt zu präsentieren, quasi ein Geschenk an die Unsterblichkeit, und andererseits als jene Stadt, die überall von Zerstörung und Verfall zeugt und nur auf den geringsten Windstoß wartet, um zu einem Steinhaufen zu zerfallen.
Zugleich ist der Roman eine Hommage an den Ort seiner Geburt, in dem Victorio, der Protagonist des Romans, sich schon seit vielen Jahren nicht heimisch, sondern beobachtet fühlt, fremd, ausgeschlossen, isoliert und fehl am Platz. Für ihn verlor Havanna nach und nach an Großmut, indem die Stadt aufhörte, die Bettler zu tolerieren. Sie verweigerte ihnen die Wohltat der Torwege, den Segen der sanften Winde und ein Obdach in ihrer grausamen Nachtkälte.
Ziellos, unschlüssig, was er tun soll, denkt Victorio an den Abriss des alten Palastes, in dem sich sein Zimmer befindet. Nun wird er am eigenen Leib Havannas Feindseligkeit denen gegenüber erfahren, die kein Dach über dem Kopf haben.

Sein Leben als Vagabund beginnt. Auf einem seiner Streifzüge lernt er Salma, eine junge Prostituierte, kennen. Gemeinsam spinnen sie Tagträume und verlieren sich in fulminanten Fantasien. Victorio wird durch Havanna getrieben, landet in einem Abbruchhaus und ist für einige Tage und Nächte der König der Trümmermonarchie. Seine Träume entführen Victorio immer öfter in das Terrain seiner Kindheit, in die glückliche Verantwortungslosigkeit, in der es keine Einstürze, keine Krankheiten, keine Qualen, kein Altern, keinen Tod gibt. Auf der Suche nach immer neuen Zufluchtsorten denkt Victorio an den Mohren aus seiner Kindheit, dem er die Gewissheit verdankt, damals wie heute, dass irgendwo ein prächtiger Palast auf ihn warte. Denn jeder von uns kommt mit seinem eigenen Palast auf die Welt. Doch die Paläste muss man suchen, aufrichtig suchen - und es gibt keine Garantie, sie auch tatsächlich ausfindig zu machen.

Letztendlich findet Victorio ein kleines Theater, das Don Fuco in Beschlag genommen hat, der altgewordene Clown, den er schon einige Male auf den Dächern der Stadt bestaunt hat. Die Tage verstreichen, doch Victorio lebt einen einzigen, ewigen Tag des Glücks. Hier, inmitten von soviel Geschichte, fühlt er sich endlich frei. Er begegnet Salma wieder und sie gesellt sich zu den Beiden. Plötzlich trifft Victorio wieder mit Havanna zusammen, er entdeckt es vollkommen neu in all seiner hässlichen Schönheit, in seiner plumpen Eleganz.
In Gegenwart von Don Fuco betritt er die Straßen mit dem lustvollen Erschauern des Aufbrechenden. Im Theater, seinem Zauberort, finden sich überall Spuren einer grandiosen Vergangenheit und die Gewissheit, dass es Möglichkeiten gibt, sich mit Verdrängtem zu versöhnen und Versäumtes nachzuholen. Träume können als Ansporn dienen für die Suche nach einem besseren Leben und jenem Palast, der ab der Geburt für jedermann bereit steht.

Estévez' zweiter Roman entführt in ein Havanna voller Gegensätze, vollgestopft mit prickelndem Leben, Liebe und jeder Menge Grausamkeit, abstoßend und anziehend zugleich, prunkvoll und verfallend - und gerade deshalb die einzige Stadt der Welt, um darin zu leben. Mitreißend erzählt, voller intensiver sprachlicher Bilder und mit nichts Anderem besser zu vergleichen als mit einem exquisiten Feuerwerk der Poesie.

(Margarete Wais; 09/2004)


Abilio Estévez: "Ferne Paläste"
(Originaltitel "Los Palacios distantes")
Aus dem Spanischen von Susanne Lange.
Luchterhand, 2004. 304 Seiten.
ISBN 3-630-87167-4.
ca. EUR 22,70. Buch bei buch24.de bestellen
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Abilio Estévez wurde 1954 in Havanna, Kuba, geboren. Nach mehreren Erzählungen, Theaterstücken und Gedichten erschien 1997 sein erster Roman "Dein ist das Reich" (Luchterhand 1999), mit dem er zu einem der wichtigsten kubanischen Schriftsteller avancierte. 2000 erhielt er für diesen Roman den Prix du Meilleur Livre Étranger.

Ergänzende Buchempfehlungen:

Abilio Estévez: "Dein ist das Reich"
"Die Insel" ist eine Ansammlung schäbiger, langsam verfallender Häuser in Marianao, einem Vorort von Havanna. Sie besteht aus dem "Diesseits" - den Häusern und einem verwilderten Garten voller nachgemachter antiker Skulpturen - und dem "Jenseits", dem angrenzenden Wald, durch den verwachsene Pfade zum nahen Meer führen. Eine eingeschworene Gemeinschaft bewohnt die Häuser der "Insel": die Barfüßige Gräfin, die wie eine Königin im Exil mit anachronistischer Eleganz durch den Garten streift und apokalyptische Visionen hat; Onkel Rolo, ein alternder homosexueller Buchhändler, der auf dem Bahnhof Anschluss zu finden hofft; seine Schwester Helena, die für Ordnung auf der "Insel" sorgt, und ihr Sohn Sebastián, der einem rätselhaften, verwundeten Matrosen begegnet; der schwarze Bäcker Merengue, der auf der Suche nach seinem Sohn Chavito ist; Casta Diva, die ihrer Karriere als Sängerin nachtrauert; Irene, deren Gedächtnis sich immer mehr verflüchtigt, bis sie sich nicht einmal mehr an ihren Namen erinnert, und andere Gescheiterte, Zukurzgekommene.
Abilio Estévez verwebt all diese Episoden und Personen miteinander und schafft das halb reale, halb mythische Bild eines Ortes mit wuchernden Pflanzen und Geschichten. Ein Ort der Täuschungen und Alptraumvisionen, der den Naturgewalten ausgesetzt ist und über dem eine nicht greifbare, sich verdichtende Drohung hängt.
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Robert Polidori: "Havana"
Robert Polidori wird oft als Fotograf von Architektur bezeichnet, tatsächlich ist er ein Fotograf von Lebensräumen. Vorderhand scheint es ihm um Gebäude zu gehen, doch in Wahrheit sucht er nach den Spuren und Überresten von Leben, das in Korridoren und Hinterzimmern versteckt ist und von den Fassaden abblättert.
Havana ist ein besonders gutes Pflaster für Polidoris Erkundungen. Die Bögen und Säulen, die die Straßen säumen, entstammen vergangenen Zeiten. Sie zeugen von den politischen, sozialen und ökonomischen Kräften, die die Stadt zu dem gemacht haben, was sie ist. Im Laufe seiner gründlichen, einfühlsamen Suche entfernt Polidori - getragen von einem Sinn für Farbe und Komposition, durch den seine Fotografien den Eindruck lebendiger Erinnerungen vermitteln - behutsam die Patina des Alltags und enthüllt das Nebeneinander, das die Identität einer Stadt prägt. In dieser Stadt lebt heute ein Krämer, wo einst eine Gräfin residierte; Kinder tanzen und turnen, wo Kaufleute früher ihren Geschäften nachgingen. Jede einzelne Fotografie ist eine Entdeckung und ein Stückchen Biografie der Hauptstadt Kubas. (Steidl)
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Leseprobe:

Das ehemalige Hotel Royal Palm in der Calle Galiano und der alte Palast einer vornehmen Familie, an deren Namen sich niemand mehr erinnert, sind Gebäude, die das Schicksal der Stützbalken verbindet. Zwischen dem einen und dem anderen Haus hat sich ein wirres Geflecht von Balken und Pfosten eingenistet, die sich an allem festkrallen, was einen Hauch Stabilität verspricht. Geschwärzt vom Kommen und Gehen so vieler Tage und Nächte, von der Unerbittlichkeit der Sonne, den stürmischen Böen und dem allgegenwärtigen Salz des Meeres, wollen die Bretter den Einsturz verhindern, der unmittelbar bevorzustehen scheint. Die Wände haben die erdige, graue, schwarze Farbe von alten Mauern in einer verwüsteten Stadt, irgendwo in einer Welt, in der es Kriege, Erdbeben und andere, weniger offensichtliche Katastrophen im Überfluss gibt. An vielen Stellen schauen, überraschend rötlich, Steine hervor, und es gibt Risse im Mauerwerk, aus denen sich allem zum Trotz üppige grüne Farne ihren Weg bahnen, unerwartet inmitten des Zusammenbruchs; sowie die hochgewachsenen Zedrachbüsche und wuchernden Kürbisranken mit ihren langen, gelben Blütenglocken. Da das Hotel Royal Palm sein Dach und etliche Wände verloren hat und ihm Türen und Fenster fehlen, ist es unbewohnt; zumindest hat man diesen Eindruck. Ab und an jedoch, in dunklen Nächten, endlos lang, finster und schwül, könnte man meinen, dass dort Lichter wie von Lagerfeuern flackern, könnte sich einreden, Stimmen zu hören, Loblieder, Gesänge in fremden Sprachen, auch wenn man nie mit Gewissheit sagen könnte, ob die Gesänge dem angehören, was man die wahre Wirklichkeit nennt, und noch weniger, wessen Loblied sie singen und in welcher Sprache sie es tun. Das andere Gebäude, der Palast eines alten Geschlechts, an das sich niemand mehr erinnert, ist noch bewohnt. Vor zwei Jahrhunderten lebte darin bequem eine einzige, wohlhabende Familie: ein Ehepaar, zwei oder drei Kinder, vielleicht auch vier, die Jungen auf der Oberschule, die Mädchen beim Sticken, Weben, Klavierspielen oder auf Bräutigamschau, mit ihren Sklaven, ohne jeden Zweifel mehr Sklaven als Familie, zwanzig Mandinga-, Yoruba-, Lucumí-Sklaven. Jetzt gibt es selbstverständlich keine Herren und keine Sklaven mehr, und kein behäbiger, großzügig verteilter Clan wohnt in dem Palast, sondern zwanzig, dreißig, vierzig zusammengepferchte Familien, Frucht der Ausschweifung von Herren und Sklaven in einem Land, das die Mischung, das Ausleben und Ausschweifen begünstigt. Das Herrenhaus ist in winzige Zimmer unterteilt, und anstatt Palast muss man es nun Mietshaus, Wohnsilo, Schuppen, Pferch, Mietskaserne, Zimmerkaschemme nennen. Vor den beiden Gebäuden, die das schwärzliche Balkenwerk verbindet, stehen zu bleiben und sie "Palast" oder "Hotel" zu nennen, wäre zynisch, pervers sogar.

Schon lange bewohnt Victorio eines der zahllosen Zimmer in dem, was einst eine Prunkvilla gewesen ist, er selbst könnte nicht sagen, wie lange schon. Glücklich kann man ihn nicht nennen, und doch ist er es, weil das Glück subjektiv und ungreifbar ist - wie das Unglück - und manchmal nur an wenigen Dingen hängt oder an keinem. Ein Dach ist schließlich ein Dach, ruft er mit einer Spur Sarkasmus aus, macht sich lustig über den Satz, denn dumm ist Victorio nicht, er merkt, wenn er Dummheiten von sich gibt. Gern wäre er der junge Seminarschüler von San Carlos und San Ambrosio gewesen, der einst hier gelebt hat, wie er sich vorstellt, umgeben von Verhätschelung und Luxus, vor hundertfünfzig Jahren oder noch früher. Doch er begnügt sich mit den vier Wänden, dem Dach und den Fenstern, die trotz der Hitze immer verdunkelt sind. Die Hitze ist erträglicher als der feuchte Glanz der Sonne und die glänzende Feuchte des Mondes, erklärt er. Vielleicht schwitzt Victorios Zimmer deshalb dieses Halbdunkel aus und den Geruch von Museen, die wegen Renovierung geschlossen sind. Noch ist es Nacht, der Morgen scheint fern, und Victorio schlägt die Augen auf und macht die Architektenlampe an, in deren Schein er in seinen zahlreichen schlaflosen Nächten liest. In aller Frühe, wenn es dämmert, riecht das Halbdunkel des Zimmers nicht nach geschlossenem Museum, sondern nach Kaffee, nach Gas, nach angezündeter Kerze, nach noch geballtem Schlaf. Victorio steht auf wie jeden Tag, mit Mühe, als wäre ihm sein eigener Körper eine Last, fremd und schwer, oder als läge im Akt des Aufstehens eine höhere Verantwortung als die, wach zu sein und noch am Leben. Schon der Übergang vom Wachen zum Schlafen fällt ihm nicht leicht, aber der vom Schlafen zum Wachen fällt ihm noch schwerer. Er schlüpft in Segeltuchschuhe, vom vielen Tragen gefügig gemacht, und zieht sich den langen Seidenmorgenrock über, der in anderen Zeiten, anderen Städten elegant gewesen sein muss, nur in dieser nicht: In Havanna hat ein Morgenrock für den Mann, ob aus Seide oder nicht, von jeher etwas Kitschiges, Neureiches gehabt. Womöglich hat er nicht gut geschlafen, der Schlaf ist eine Gnade, die Gott ihm nicht gewährt hat. Und welche Gnade hat Gott mir gewährt?, fragt er, während er sich zum Nachttopf aufmacht, um sich zu erleichtern. Da es nur ein einziges Klosett für alle Wohnungen im Haus gibt, uriniert er nach dem Aufstehen für gewöhnlich in den Porzellannachttopf, der einmal seiner Großmutter gehört hat; größere Bedürfnisse zwingen ihn natürlich, sich auf das Gemeinschaftsklo zu bemühen. Auf den Grund des Nachttopfs ist ungeschickt eine Rose gemalt. Er pinkelt nicht sofort, er braucht seine Zeit, so alt ist Victorio noch nicht, dass ihn beim Aufwachen die Schlaffheit erniedrigt. Als das Glied zur Ruhe kommt, uriniert er reichlich, lauscht dem fröhlichen Klang des Strahls auf dem Porzellan, erfreut sich an dem Schaum, den die Flüssigkeit bildet, und seine Augen werden rot vor Lust. Er betrachtet sich im Spiegel, und wie immer hält er sich für jünger, als er ist. Er lächelt, zieht eine Grimasse, zwinkert sich zu, nimmt den leeren Metalleimer und verlässt das Zimmer. Die Gänge im Haus sind noch ausgestorben, ohne den Lärm und Trubel, der sich dort bald ausbreiten wird. Die Nachbarn schlafen oder wachen allenfalls gerade auf, und Victorio muss sich beeilen und die Wendeltreppe aus Edelholz hinaufsteigen, meisterhaft gearbeitet in einer Zeit, in der man noch Geduld für das Handwerk besaß. Er gelangt auf das Dach, und kaum ist er - durch das kaputte Türchen, das wie eine Wetterfahne dem Wind ausgeliefert ist - ins Freie getreten, kann er das Schauspiel des frühen Morgens miterleben, ein Ereignis, dem auch der tägliche Genuss nicht das Überraschende nimmt. Die Dächer von Havanna: im ersten Schein. Die Dachterrassen verletzen noch nicht mit ihrem Glanz und lassen die Augen ruhig über sie dahinschweifen. In nichts gleichen sie den Dachterrassen, die sie um die Mittagszeit sein werden, wenn die Sonne sich in Keramikfliesen, Ziegel, Messing und Schiefer verbeißt und den Blick auf sie verbietet. Die ewige Flamme der Ölraffinerie. Das Bacardí-Gebäude. Die Kuppel des Kapitols. Der Turm der Heiligen-Geist-Kirche. Weiter links in der Ferne die zweite Kuppel der Warenbörse, ohne ihren Merkur, der zu Boden gestürzt und vom gleichgültigen Zorn der Wirbelstürme seiner Botenmission enthoben wurde. Das Meer sieht man nicht, man spürt es nur. Das Schiff, das in genau dieser Minute in die Bucht einfährt, durchpflügt deshalb Gebäude und Monumente, als wäre es ein Requisit aus einer armseligen Operette. In Richtung dieses unsichtbaren und doch präsenten Meeres fliegt jetzt ein Schwarm Tauben, Reiher oder Möwen, man sieht nicht, ob sie weiß, grau oder schwarz sind. Ein Signalpfiff ertönt. Er kann ebensogut von einem Zug oder einem Schiff stammen. Und da Havanna schon immer eine erstaunliche Stadt war, krähen ein paar Hähne dazu. Bei Victorio erweckt Havanna zwei Eindrücke zugleich: den einer Stadt, die bombardiert wurde und nur auf den leisesten Regenschauer wartet, auf den geringsten Windstoß, um zu einem Steinhaufen zusammenzufallen; und den einer prächtigen, ewigen Stadt, gerade erst erbaut, als Geschenk an die Unsterblichkeit. Havanna gleicht sich nie und ist sich doch stets gleich. Und unendlich viele Spielarten, sich immer gleich zu zeigen, besitzt der Morgen in Havanna, vielfältig und genau, mit seiner verschwommenen Himmelsfarbe, den verschwommenen Schattierungen hinter den weißen, niedrigen, klar umrissenen schnellen Wolken und dem morgendlichen Lüftchen, kaum merklich, das dennoch wie ein wohltätiger Riesenvogel seine Flügel über der Stadt ausbreitet.

Das Lüftchen scheint einem alten Lederkoffer zu entweichen, den ein Kind auf der Dachterrasse des Gebäudes geöffnet hat, das früher einmal das Flogar war, eines der berühmtesten Kaufhäuser aus Havannas verblichener Glamourzeit. Victorio betrachtet dieses ungewohnte Bild, als folgte er noch immer den verschlungenen Wegen seines Traums. Es ist ein Kind oder ein junger Mann mit rotem Haar und buntem Kostüm. Er hat einen Koffer geöffnet, betrachtet sich in einem Handspiegel und schminkt sich. Dann steht das Kind oder der Junge auf, öffnet einen Regenschirm, dreht ihn in der Luft, untersucht ihn eingehend, vollführt ein paar Tanzschritte, und springt, den Koffer in der einen, den Regenschirm in der anderen Hand, aufs nächste Dach und wieder aufs nächste, bis er verschwunden ist.

Victorio geht zu einem der großen Tanks aus Faserzement, wo das Wasser gespeichert wird, das die Lastwagen vom Aquädukt herbeischaffen, füllt den Eimer und geht wieder hinunter, um Gleichgewicht bemüht auf dieser Treppe, die mit Geduld und Edelholz erbaut wurde.

Das Licht der Architektenlampe verwandelt das Zimmer in einen trügerischen Ort. Auf dem Bett die zerwühlten Laken, die nicht weiß aussehen, obwohl sie es vor nicht allzu langer Zeit gewesen sein müssen. Das Bett ist kein Bett, sondern eine Matratze auf dem Boden, ramponiert von den Jahren und der Abnutzung. Das Halbdunkel kann weder über die Enge des Raumes hinwegtäuschen, über die Stockflecken an den Wänden, die zerfressenen Möbel, noch verbirgt es die staubigen Fotos der Idole, in ewiger Schönheit erstarrt: Rodolfo Valentino, Johnny Weissmüller, Freddie Mercury. Ebensowenig verschwindet von den Wänden der Glanz der einzigen - recht guten - Reproduktion eines berühmten Bildes, Einschiffung nach Kythera von Antoine Watteau. Vor allem fällt die Fotografie des Mohren auf, der zum Abschied aus seinem Propellerflugzeug winkt, daneben der große verzierte Eisenschlüssel, mit dem sich, wie der Mohr behauptet, die Tore des Palastes öffnen lassen. (...)

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