Ulf Schiewe: "Der Schwur des Normannen"


Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1054 in Mezzogiorno, und der junge Gilbert ist extrem unglücklich. Nachdem er nun endlich weiß, dass seine Gerlaine, die ihn nach seiner Untreue verlassen hat, um den Kastellan Tancred zu heiraten, in Wirklichkeit immer noch in ihn verliebt ist, wollte er sie unbedingt zurückgewinnen.

Doch er muss zur Kenntnis nehmen, dass sie von einer Gruppe muslimischer Sklavenjäger gefangengenommen worden ist, als sie im Dorf ihrer Amme half, gegen das Antoniusfieber zu kämpfen. Als er dann auch noch vom verständlicherweise genervten Tancred erfährt, dass das Kind, welches Gerlaine geboren hat, von Gilbert sein muss, kann ihn eigentlich nichts mehr halten, und er sucht nach Mitteln und Wegen, um seine große Liebe endlich wieder in die Arme schließen zu können.
Doch zunächst steht erst einmal ein wenig Detektivarbeit auf dem Programm.

Mit Hinweisen auf Kleidung, ein Schiff, tätowierte Skorpione und einer ungefähren Himmelsrichtung macht er sich mit Thore und Ivain, zwei seiner alten Kampfgefährten, auf den Weg, um seine Gerlaine zu finden. Dieser Weg führt ihn in das maurisch besetzte Sicilia, wo er mit einem alten Bekannten seines Freundes Lando Kontakt aufnehmen soll, doch dieser ist drei Tage vor seiner Ankunft verstorben.
In Begleitung eines jungen Berberschmugglers namens Ismael suchen die Weggefährten Sklavenhändler unter dem Deckmantel eigenen Kaufinteresses auf, machen sich dabei allerdings schnell verdächtig und landen schließlich selbst in einem Käfig, wo sie auf eventuelle Kunden warten sollen.

Diese Kaufinteressenten kommen dann aus ganz unerwarteter Richtung und bringen Gilbert seiner Gerlaine tatsächlich wieder einen Schritt näher. Dummerweise befindet sich diese aber in einer für Gilberts Besitzer eher ungünstigen Besitzkonstellation, was den Fall eher noch komplizierter macht; zumal es in jenem Haushalt, wo Gilbert und seine Begleiter nun leben, zu heftigen internen Auseinandersetzungen kommt.

Wie die ersten beiden Romane "Das Schwert des Normannen" und "Die Rache des Normannen" ist auch dieses Buch aus der Sicht Gilberts geschrieben, auf dessen immer noch mysteriösen familiären Hintergrund man in diesem Buch einige ganz entscheidende Hinweise findet; auch wenn diese für die Handlung noch nicht unmittelbar entscheidend sind.
Die Geschichte liest sich ebenso flüssig wie interessant und zeigt sehr deutlich die Parallelen und Unterschiede im Alltagsleben in den maurisch besetzten Gebieten und der christlichen Welt im 11. Jahrhundert. Außerdem wird das Geschäft des Sklavenhandels mit seinen vielen Facetten sehr anschaulich - wenngleich zwangsläufig nicht vollständig - beschrieben.
Auch die Darstellungen des Reisens und des Lagerlebens in kriegerischen Auseinandersetzungen wirken durchaus authentisch, genau wie das Chaos, das eine Feldschlacht immer wieder bedeutet, in der man so schnell die Übersicht verlieren kann, wer Freund und wer Feind ist; besonders, wenn nach einiger Zeit alle blutverschmiert herumlaufen.

Die Reihe des 1947 geborenen Autors Ulf Schiewe wird mit jedem Band besser, und viele Leser brennen förmlich darauf zu erfahren, wie es wohl weitergehen mag!

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2015)


Ulf Schiewe: "Der Schwur des Normannen"
Knaur, 2015. 443 Seiten.
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