Horst Eckert: "Königsallee"

Ein dubioser Kunstraub, brutale Morde, prominente Opfer und ratlose Politiker - Düsseldorf steht Kopf.


In Düsseldorf ist allerlei los. Der OB Dagobert Kroll versucht den sandigen Biergarten Gekko-Beach am Rheinufer schließen zu lassen, um an dessen Stelle ein großartiges Kongresszentrum erbauen zu lassen. Dafür hat er eine kanadische Finanzierungsgruppe an der Hand, und auch für "seinen" Fußballverein geht er über metaphorische Leichen. Mit einem unbedingten Willen zur Macht versucht er seine Vorstellungen für Düsseldorf durchzusetzen, was seiner neuen Mitarbeiterin Simone Beck extrem imponiert. Zumindest zu Anfang dieses Romans.

Eine der Lokalitäten, die Kroll und seine Parteigenossen - sowie viele andere Vertreter der Düsseldorfer Prominenz - gerne aufsuchen, ist das Goldene Einhorn, dessen Inhaber Böhr immer wieder ins Visier der Kripo gerät, wegen Förderung der Prostitution, Drogenhandels und sogar wegen eines spektakulären Kunstraubes. Doch stets gelingt es ihm, den Strafverfolgern durch die Lappen zu gehen, wobei bei dem Kunstraub sogar Edgar Reuter, der ältere Bruder eines Ermittlers, zu dessen Leidwesen mitbeteiligt ist. Dieses Debakel, zusammen mit einigen anderen Vorfällen, hat zur Versetzung Reuters in einen ungeliebten Bereich geführt, und dort wird er von Kollegen genauso misstrauisch betrachtet wie von etlichen Vorgesetzten.

Da erweist es sich als ziemlich ungünstig, dass ein Informant aus Böhrs Kreisen zunächst eine absolut blinde Spur eröffnet und sich dann auch noch wenig später in Begleitung der Tochter eines angehenden Innenministers erschießen lässt. Dass die Frau den Leichnam zudem auch noch direkt überaus medienwirksam direkt vor die Polizeiwache fährt, macht die Sache noch unangenehmer. Aber die Ermittlungen werden aufgrunddessen finanziell und personell sehr schnell kräftig unterstützt, und während OB Kroll sich um seine Stadtentwicklung kümmert, für die er nach dem Abspringen der Kanadier dringend neue Geldgeber braucht, die seiner Mitarbeiterin zunehmend suspekter werden, beginnt die MK Feuerwerk mit ihren Ermittlungen, die bei den verschiedenen Beamtinnen und Beamten dienstlich und auch privat allerlei bewegen - so dass der Leser ständig mit neuen Überraschungen rechnen muss.

Überhaupt wird der Leser hier stark gefordert. Denn nicht nur existiert eine Reihe von Handlungsebenen, die mehr oder minder stark miteinander verknüpft sind, sondern es gibt auch einen stetig anwachsenden Fundus an Charakteren, die sich zum einen permanent entwickeln und über die zudem auch noch regelmäßig Neues zu erfahren ist.

Menschen sind kompliziert, und ihre Motive und Rationalisierung für ihre Handlungen manchmal sehr überraschend, was dieser Roman nur allzu klar verdeutlicht. Damit bekommt "Königsallee" eine realistische Atmosphäre, die bedrückend bis zum letzten Wort ist, genau wie das Leben in Transnistrien, von dem viele Leser auf diesen Seiten sicherlich zum ersten Mal erfahren werden. Und das Meiste, was sie dem Roman entnehmen können, ist leider wahr.

Wer außerdem noch gerne über die Düsseldorfer Stadtpolitik herzieht, der hat neben Spannung und Realismus mit "Königsallee" einen perfekten Roman gefunden, den man am besten in aller Ruhe in einem Rutsch durchliest.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2007)


Horst Eckert: "Königsallee"
Grafit, 2007. 411 Seiten.
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