Mary Higgins Clark: "Wintersturm


Nancy Eldredge und ihr Mann Ray leben glücklich in Cape Cod mit ihren beiden Kindern in einem wunderschönen Haus, dass Ray als Nancy - damals noch mit einem anderen Nachnamen hierher zog - für sie ausgesucht hatte. Nancy ist eine sehr zurückhaltende Frau. Eine zurückhaltende - aber immer besorgte - Mutter, eine zurückhaltende - obwohl sehr talentierte - Malerin und eine sehr kamerascheue - wenn auch sehr fotogene - junge Frau. Da die Menschen in Cape Cod ihren Nachbarn nicht allzu gründlich auf die Finger gucken - wenn sie auch alles bemerken, machen sie nicht zu allem eine Bemerkung - fällt dies im Leben der Stadt nicht wirklich ins Gewicht. Auch nicht, dass Nancy nie ihren Geburtstag feiert.

Doch an diesem Novembertag ist es etwas anders. Ray weiß, dass seine Frau die Öffentlichkeit scheut, weil sie einst unter Mordanklage gestanden hat und zwar wegen der Tötung ihrer beider Kinder aus der ersten Ehe. Sie selbst beteuert, es nicht getan zu haben, aber zum damaligen Zeitpunkt hatte nur das Verschwinden eines Belastungszeugen, der dem Vietnamkrieg nach Kanada ausweichen wollte und der Selbstmord ihres damaligen Mannes sie vor der Verurteilung gerettet. Ray glaubt nicht an ihre Schuld und versucht sehr, sie wieder an ein normales Leben heran zu führen. Darum gibt er seinen Kindern bekannt, dass Mama Geburtstag habe und dass sie deswegen am heutigen Tag feiern würden. Nancy ist zunächst entsetzt von der Idee, gibt dann aber dem Drängen ihrer Familie nach.

Als ihre Kinder im Garten spielen und Ray bei der Arbeit ist, sieht Nancy in der Regionalzeitung einen Artikel über die Tatsache, dass die vor sieben Jahren nur knapp einer Verurteilung entgangenen Kindesmörderin Nancy Harmon heute Geburtstag habe und es wird die Frage gestellt, wie und wo sie den wohl feiern würde. Der Artikel ist von einem Foto begleitet, und Nancy bemerkt zu ihrem Entsetzen, dass nun jeder in Cape Cod sie wieder erkennen wird. Sie rennt in den Garten um ihre Kinder reinzuholen und sie auf den kommenden Trubel vorzubereiten, aber diese sind verschwunden. Nancy verliert die Fassung und gewinnt sie auch einige Zeit nicht mehr wieder. Für die zu Hilfe gerufene Polizei und auch für die Presse ist sie natürlich die Hauptverdächtige für das Verschwinden ihrer Kinder und der Alptraum, den sie schon vergessen glaubte, scheint sich zu wiederholen. Nur dass sie mit Ray nun einen Menschen an ihrer Seite hat, der an sie glaubt.

Im weiteren Verlauf des Romans werden immer mehr Fäden aus Nancys Vergangenheit aufgenommen und miteinander verknüpft, bis sich hinterher ein erzählerischer Teppich ergibt, der fast so interessant gemustert ist, wie der Einband der vorliegenden Heyne-Ausgabe. An einigen Stellen erscheint die Motivation einiger Handlungsfiguren eventuell etwas fragwürdig oder schwach, aber im Großen und Ganzen ist "Wintersturm" ein durchaus entspannendes Lesevergnügen. Wirkliche Sommerlektüre - trotz des winterlichen Titels. 

(K. -G. Beck; 08/2002)


Mary Higgins Clark: "Wintersturm
Taschenbuch:
Heyne, 1988. 
ISBN 3-4530-2510-5.
ca. EUR 6,95.
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