Rolf Bönnen: "Der große Tanz"

Ein Krimi aus dem Mittelalter


Anno 1349 ist Marcus von Geldern Abtverweser des Klosters Köln-Mülheim geworden; eine Stellung, die ihm nicht sonderlich gefällt. Er strebt nach Höherem und lässt es sich solange auf dem ungeliebten Posten ziemlich gut gehen, was unter anderem der junge Mönch Gilbert Breughel durchaus missbilligend betrachtet. Aber er erträgt den Abtverweser unter dem Leitsatz "dem Kaiser geben, was des Kaisers ist" als eine gottgegebene Prüfung, bis er eine alte Jugendliebe, die Jüdin Rebecca, in der Gerichtsbarkeit des Abtverwesers sieht und auch noch hören muss, dass diese zusammen mit seiner Mutter verhaftet wurde. Todesmutig rettet er die junge Frau direkt vom Scheiterhaufen und findet sich trotzdem wenig später im gleichen Kerker in Düsseldorf wie seine geschundene Mutter.

Als aber die Pest ausbricht und immer mehr Leute die Stadt verlassen, wird er in die Dienste eines Medicus gedrängt, der sich der Pestkranken sehr liebevoll - und erstaunlich erfolgreich - annimmt. Im Zuge seiner Arbeit kann er auch seine alte Freundin wieder aufspüren und sie kurzfristig in Sicherheit bringen. Doch der Pestausbruch dauert - auch aufgrund Gilberts Mithilfe - nicht ewig, und so sieht er sich schließlich wieder seinen Häschern gegenüber, die zuvor Rebecca aus ganz anderen Gründen erwischt haben. Nun muss er sich im Düsseldorfer Kerker so schnell wie möglich der Inquisition überantworten, bevor Marcus von Geldern ihn und Rebecca still und heimlich beseitigen kann. Denn die beiden wissen etwas, das dem Grafen schaden könnte.
Vor dem Inquisitionstribunal plant Gilbert einen beeindruckenden Auftritt hinzulegen, der die Menschen in Düsseldorf noch lange bewegen wird.

Rolf Bönnen arbeitet so ziemlich jedes Thema ab, das man in einem Mittelalterkrimi mittlerweile erwartet. Es gibt einen Mönch, es gibt Hexen- und Judenverfolgung, einen Pestausbruch, Fürsten, die ihre Positionen missbrauchen, es wird ein wenig gefoltert, ein genialer Medicus tritt auf, es gibt Aufständische gegen die bestehende Ordnung, und der Ich-Erzähler entwickelt sich von einem naiven Gläubigen an die Richtigkeit der bestehenden Ordnung zunehmend zu einem Querdenker.

Nichts davon ist neu, aber der Autor verknüpft diese Elemente weitestgehend zu einer ebenso ansprechenden wie interessanten Geschichte, deren Lektüre ein gutes Gefühl für das Leben und Fühlen der Menschen in der damaligen Zeit vermittelt; besonders, wenn man den doch sehr ungewohnten Denkweisen des Ich-Erzählers folgt. Im letzten Viertel des Mittelalterkrimis, in dem einige der Hauptfiguren auf den "großen Tanz" stoßen, wären einige Erläuterungen bezüglich der Hintergründe dieser Zusammenkunft wünschenswert gewesen, denn so erscheint die entsprechende Passage ein wenig unmotiviert und gewollt. Davon abgesehen ist "Der große Tanz" ein durchaus lesenswerter Kriminalroman.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 10/2007)


Rolf Bönnen: "Der große Tanz"
Emons Verlag, 2007. 304 Seiten.
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Rolf Bönnen studierte Psychologie, Soziologie, Germanistik und Kunstgeschichte. Er war Universitätsdozent in Bamberg, arbeitete für den "Bayerischen Rundfunk" und als Theaterleiter.