Stefan Blankertz: "Die Konkubine des Erzbischofs"

Wir schreiben das Jahr 1252. Konrad von Hochstaden ist Erzbischof von Köln und Heinrich, der "Pfaffenkönig", hat die weltliche Macht im Lande inne.


Doch beide Fürsten haben ihre Probleme. Konrad ist mit der Heilerin Magdalena zusammen, sehr zum Entsetzen der puritanischen Kräfte in der Stadt, angeführt durch den asketischen Pater Bueno. Weil Konrad aber seit einiger Zeit keinen sexuellen Kontakt mehr mit Magdalena hatte, die durch geschickte Anwendung ihrer Heilkünste eine vom Erzbischof dringend gewünschte Schwangerschaft zu verhindern wusste, versucht er sich an einer jungen Nonne, die er beim Eintreten ihrer Periode im Kloster verführt und schließlich schwängert. Diese junge Dame gibt er dann, nachdem sie aus dem Kloster geworfen wurde, Magdalena zur Magd, wohl auch, damit die beiden Frauen durch gegenseitige Konkurrenz ihm ein bisschen mehr Luft lassen. Doch die beiden Frauen werden enge Freundinnen, und es ist diese Magd, die die Geschichte der letzten Tage der Heilerin Magdalena erzählt.

Eines Tages kommt der Abenteurer und Arzt Sultan Ibn Rossah - im Buch öfter Averom oder El Arab benannt - in die Stadt, da er für Heinrich einen unliebsamen Gegner beseitigt hat, und er nun in der Stadt Schutz bekommen soll durch den Erzbischof, da er selber von verschiedenen Feinden verfolgt wird. Sehr schnell entwickelt sich zwischen der christlichen Heilerin und dem christlich-muslimischen Juden - je nach Gelegenheit - eine innige Beziehung, die Körper, Seele und Geist berührt. Nachdem die beiden das erste Mal eine rauschende Nacht miteinander verbracht haben, findet man am nächsten Morgen vor der Tür der Heilerin den auf ein Schwert aufgespießten Kopf eines Hufschmieds, der nebenher mit der Kirche nicht unbedingt genehmen Büchern gehandelt hatte. Um das Schwert ist eine Warnung gewickelt, die wohl eine Forderung nach Geld sein soll.

Sehr schnell wird der ältere Bruder der Magd, der dem Hufschmied eine Menge Geld geschuldet haben soll, des Mordes verdächtigt und inhaftiert. Mit ihrer Herrin und deren Liebhaber macht sich die gerade niedergekommene Magd auf die Suche nach Beweisen zur Entlastung ihres Bruders, was allerdings seinen Tod nicht verhindern kann. Ständig sind andere Personen des Mordes verdächtigt; darunter zur größeren Verwirrung der Magd auch Magdalena selbst und El Arab, aber auch der "Pech-und-Schwefel" predigende Pater Bueno und noch eine vierte unbekannte Gestalt mit sehr stark abstehenden Ohren. Gleichzeitig haben auch die Kölner Handwerker einige Probleme mit der Finanzierungspolitik ihres Erzbischofs, und die verschiedenen kirchlichen und weltlichen Intrigen führen schließlich dazu, dass Magdalena - die eigentlich schon fast den Stand einer Heiligen in der Stadt hatte - wegen Hexerei auf dem Scheiterhaufen landet.

Es ist eine Geschichte aus der Zeit der mittelalterlichen Aufklärung, eine Geschichte vom Kampf der Puritaner gegen die mehr sanguischen Machthaber, vom Kampf der Juden gegen die Christen und der Philosophen gegen die Theologen. Alle möglichen Grundhaltungen der Philosophie werden hier nicht nur durch die Handlungsträger, sondern auch durch solche Zeitgenossen wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin vorgestellt und seziert. So gibt dieser vergleichsweise kurze Kriminalroman einen erstaunlich tiefen Einblick in die geistige und reale Welt des Hochmittelalters, in verschiedene Strömungen und Aberglauben und in die Herrschaftsverhältnisse, die ein Scheitern der damaligen toleranten Aufklärungsbewegung zur Folge hatten. Es gibt eigentlich keine richtigen Bösewichte in diesem Buch, was es in meinen Augen sehr authentisch macht, wenn es auch nicht unbedingt hundertprozentig historisch genau ist.

 (K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2003)


Stefan Blankertz: "Die Konkubine des Erzbischofs"
Emons 2001
236 Seiten. 
ISBN 3-8970-5219-9.
ca. EUR 11,-.
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