Stefan von Kempis: "Papst Franziskus"
Wer er ist, wie er denkt, was ihn erwartet
Als Redakteur von "Radio
Vatikan" war Stefan von Kempis den Ereignissen rund um den überraschenden
Rücktritt Benedikts XVI. bis zur nicht weniger überraschenden Wahl Jorge
Bergoglios zum neuen Papst und zu dessen programmatischem Papstnamen Franziskus I. quasi am Puls des Geschehens.
Sein mit vielen Farbbildern illustriertes Buch lässt zum Einen diese Ereignisse
noch einmal Revue passieren, bewertet sie und ordnet sie in die neuere
Geschichte des Papstamtes ein. Zum Anderen aber handelt es sich um eine erste,
noch relativ kurze, dennoch aber viel tiefgehender und ausführlicher als die
bisher auf dem Markt befindlichen Publikationen ansetzende Biografie von Jorge
Bergoglio, der Stefan von Kempis mit Sicherheit in den nächsten Jahren eine
umfangreichere folgen lassen wird, so wie er es mit seinen Büchern über den
deutschen Papst schon getan hat.
Spätestens dann wir man hoffentlich auch erfahren, wie es Franziskus I. gelungen
ist, seine Botschaft innerhalb des Vatikans umzusetzen. Dort ist die
Beharrlichkeit bekanntlich groß, und ich bin sicher, was der Papst nicht in den
ersten beiden Jahren verändern kann, vermag er später nicht mehr zu vollbringen.
Man spürt der Feder von Stefan von Kempis, der ja auch zur vatikanischen
Bürokratie gehört, fast auf jeder Seite ab, wie sehr sich dort die Sehnsucht und
die Hoffnung auf Veränderung an diesen "Papst vom Ende der Welt" klammern.
"Wir dürfen keine Angst haben vor der Güte, ja, nicht einmal vor der
Zärtlichkeit."
Dieser Satz von Franziskus I., kurz nach seiner Wahl gesprochen, muss das
Lebensmotto vieler Menschen werden. Vgl. hierzu auch das Buch von Leonardo Boff
("Achtsamkeit"), in dem er die feste Überzeugung vertritt, dass eine liebevolle
Sorge füreinander schon im kleinen Bereich der Familie und der Gruppe und daraus
folgend auch eine liebevolle Sorge für die Welt in unserem Mikrokosmos
automatisch zu einer Abkehr vom Wahn des unbegrenzten Wachstums führt. Hin zu
Frieden, Gerechtigkeit und zur Bewahrung der Schöpfung. Achtsamkeit ist für ihn
wie ein neues, von Liebe und Respekt getragenes Menschenbild. Gepaart mit einer
Ökologie der Nachhaltigkeit, im Kleinen wie im Großen, kann sie Menschen
verändern.
Ob die beiden, (Boff ist vom Vatikan geächtet), jemals aufeinandertreffen
werden?
(Winfried Stanzick; 06/2013)
Stefan von Kempis: "Papst Franziskus. Wer
er ist, wie er denkt, was ihn erwartet"
Herder, 2013. 160 Seiten.
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Weitere Lektüreempfehlungen:
Stefan von Kempis (Hrsg.): "'Lasst euch die Hoffnung nicht nehmen'. Worte der
Päpste"
Manche Worte werden nicht alt. Auch bei den Päpsten gibt es immer wieder
Sätze, die weit über den Tag hinaus nachklingen. "Denken wir an das Heute und
überlassen wir uns dem Herrn, was den morgigen Tag angeht!", sagt etwa
Johannes
XXIII. Johannes
Paul II. ruft "Habt keine Angst!"
Benedikt XVI. weiß: "Wer glaubt, ist nie allein." Und Franziskus überrascht mit Worten
wie "Habt Mut zur Güte, ja zur Zärtlichkeit."
In diesem Jahreslesebuch sind 365 besonders ansprechende Texte von sechs Päpsten
unter monatlich wechselnden Themenmottos zusammengestellt. Höchstens eine Seite
lang, sind sie eine Quelle pointierter Inspiration für jeden Tag des Jahres.
(Herder)
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Volker Reinhardt: "Pius II. Piccolomini. Der Papst, mit dem die Renaissance
begann. Eine Biografie"
Die Karriere des Humanisten Enea Silvio Piccolomini (1405-1464) ist
atemberaubend: In nur wenigen Jahren stieg der Verfasser schwül-erotischer
Erfolgswerke zum Papst auf, verleugnete sein früheres Leben und setzte sich mit
einer literarisch meisterhaften Autobiografie, den "Commentarii", und dem Bau
einer neuen Stadt, Pienza, zwei monumentale Denkmäler, wie sie nur in einer
neuen Zeit, der Renaissance, entstehen konnten.
Der Jurist und Poet Piccolomini ist uns vor allem durch das einnehmende Bild
bekannt, das er von sich selbst gezeichnet hat. Volker Reinhardt legt in dieser
ersten Piccolomini-Biografie seit Jahrzehnten das wahre Leben des Aufsteigers
frei. Er beschreibt, wie der Ratgeber in Liebesdingen, der ein zynisches
Menschenbild propagierte und die päpstliche Allmacht bekämpfte, sich selbst in
die Dienste des Pontifex begab und später als Papst eine beispiellose Machtfülle
entfaltete. Pius' Beschreibungen ländlicher Idyllen rühren bis heute an, seine
Werke zu Asien und Europa sind eine unschätzbare Quelle, die Renaissancestadt
Pienza erregt Staunen - aber eigentlich faszinierend ist, wie es ein Einzelner
geschafft hat, sich selbst und damit eine ganze Epoche neu zu erfinden. (C.H.
Beck)
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Leonardo Boff: "'Achtsamkeit. Von der Notwendigkeit, unsere Haltung zu ändern"
Veränderung beginnt im Kleinen und bei jedem Einzelnen, bei der Änderung
unserer Haltung und unseres Verhaltens. Das Bild einer besseren Zukunft, das der
weltberühmte Befreiungstheologe und Träger des Alternativen Nobelpreises
Leonardo Boff entwirft, ist radikal, aber konkret und umsetzbar: Liebevolle
Sorge füreinander und die Welt führt automatisch zu einer Abkehr vom Wahn des
unbegrenzten Wachstums hin zu Frieden, Gerechtigkeit und Schutz der Umwelt. Ein
neues, von Liebe und Respekt getragenes Menschenbild und eine Ökologie der
Nachhaltigkeit, im Kleinen wie im Großen - das ist Boffs Vision einer neuen
Achtsamkeit. (Claudius)
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