Mira Lobe, Winfried Opgenoorth: "Es ging ein Schneemann durch das Land"


"Literatur für Kinder muss kindlich sein - niemals aber kindisch!" (Mira Lobe)

Mira Lobe (1913-1995) schrieb zahlreiche Kinderbücher, darunter "Bärli Hupf", "Bimbulli", "Das kleine Ich bin ich", "Insu-Pu" und "Die Geggis", die sich seit Generationen großer Beliebtheit erfreuen.
Winfried Opgenoorth, 1939 in Düsseldorf geboren, seit 1972 in Wien ansässig, mit der Schriftstellerin Christine Rettl verheiratet, illustrierte viele Bilderbücher, so auch "Es ging ein Schneemann durch das Land", erstmals im Jahr 1980 erschienen. 

In einem Haus sitzt eine Familie bei Tee und Weihnachtsgebäck in der guten Stube. Im tiefverschneiten Garten vor dem Haus steht ein - zunächst - ganz gewöhnlicher Schneemann. Als ihm die mitfühlende kleine Lisa einen Schluck Tee - zum Aufwärmen - einflößt, geschieht etwas ganz und gar Unerwartetes:

"Als ich noch zur Werkkunstschule ging, war für mich das Kinderbuchmachen eine große Sache. Heute, da ich schon etliche gezeichnet habe, ist es noch immer eine große Sache. Mein Anliegen dabei ist es, den Kindern optisch etwas zu bieten, sie zu unterhalten, ihnen einen Spaß zu bereiten, ihnen Freude am Bild, am Entdecken, am Finden zu geben." (Winfried Opgenoorth)

Der Schneemann verspürt "ein kribbeliges, krabbeliges Gefühl" im Bauch, und "ein kribbeliger, krabbeliger Gedanke" regt sich in seinem Kopf. Aus dem Schneemann ist ein "Teemann" geworden! Weil ein "Teemann" ein "Gehmann" und kein "Stehmann" ist, verlässt er winkend den Vorgarten und begibt sich in die Stadt, von verständlicherweise verblüfften Passanten beobachtet.
Die fünfte Doppelseite der Geschichte bildet ein städtisches winterliches Straßenchaos aus der Vogelperspektive ab, ein turbulentes Gewimmel von Menschen und Fahrzeugen, wobei es neben mehr oder weniger Alltäglichem auch Märchenfiguren sowie Erstaunliches (z.B. einen Mann mit Steckenpferd, einen Motorradfahrer mit Skiern, ein Riesentretauto und andere Kuriositäten) zu entdecken gibt.
Keine Frage, diese überladene Straßenkreuzung ist kein Ort für einen "Schneemann-Teemann", der kein "Oje-Mann" sein möchte, nachdem er schmerzhaft Bekanntschaft mit einem Laternenpfahl gemacht hat. Auf Anraten eines Jungen geht er daher aufs Land.
Hat man umgeblättert, könnte der Unterschied zur vorigen Doppelseite größer nicht sein: Man befindet sich mit dem "Schneemann-Teemann" gleichsam in einer anderen Welt und erblickt das Gegenteil eines Wimmelbildes: Der "Schneemann-Teemann" steht allein in einer tiefwinterlichen, vollkommen ruhigen Hügellandschaft an einem Fluss. Auf seinem Hut sitzt eine Krähe, die das sommerliche Kleefeld beschreibt, welches sich dem Betrachter in ganzer Pracht auf der folgenden Doppelseite zeigt. 
Doch weil sommerliche Temperaturen und Schneemänner bekanntlich nicht zusammenpassen, kann der "Schneemann-Teemann" kein "Kleemann" werden und muss abermals weiterziehen.
Angeleitet von der klugen Krähe macht er sich auf den langen Weg nach Norden, "zu den Eisbären", wo immer Schnee liegt, und zwar nach einem recht waghalsigen Sprung auf eine vorbeitreibende Eisscholle, die ihm als Floß übers Meer dient. Er wird ein "Schneemann-Teemann-Seemann"!
Die letzte Doppelseite zeigt den glücklichen "Schneemann-Teemann-Seemann" in inniger Umarmung mit einer munteren Eisbärenfamilie und erklärt augenzwinkernd in Wort und Bild, wie die Kunde vom Wohlergehen des Schneemanns den Erzähler erreicht hat.

Von Mira Lobes fantasieanregender Geschichte und Winfried Opgenoorths detailfreudigen Wimmelbildern lassen sich sicherlich viele Vorlesende zum lustvollen Ausschmücken verführen.

(kre; 08/2007)


Mira Lobe (Text), Winfried Opgenoorth (Illustrationen): "Es ging ein Schneemann durch das Land"
Jungbrunnen, 2007. 22 Seiten. (Ab 3 J.)
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