Michael Ende, Cornelia Haas: "Der Teddy und die Tiere und weitere Geschichten"

(Hörbuchrezension)


Poetische und humorvolle Suche nach dem Sinn des Lebens

Das Grabmal des mit 65 Jahren viel zu früh verstorbenen Autors Michael Ende ziert ein überdimensional großes Buch in Bronze und ist mit Märchenfiguren seiner Werke verziert. Michael Ende gilt als einer der größten Kinderbuchautoren aller Zeiten.
Drei weitere wunderschöne Erzählungen hat der "MDR" - nach "Das kleine Lumpenkasperle/Das Traumfresserchen" und "Filemon Faltenreich" - als Hörspiel für Kinder ab vier Jahren vertont: "Lirum Larum Willi Warum", "Die Rüpelschule" und vor allem Endes wunderbare Geschichte "Der Teddy und die Tiere".

"Es war einmal ein netter alter Teddybär namens Washable. Dieses Wort hatte auf einem kleinen Schildchen gestanden, das der Bär am Ohr hängen hatte, als er noch ganz neu war. Deshalb hatte das Kind, dem er gehörte, ihn so genannt. Aber das war lange her. Das Kind ging jetzt in die Schule und war schon viel zu groß, um noch mit Teddybären zu spielen", so beginnt die Geschichte um einen ausrangierten Teddybären, der tagein, tagaus auf seinem Ehrenplatz in der Sofaecke sitzt und vergessen ist.
Bis ihn eine vorlaute Stubenfliege in eine Diskussion über den Sinn des Lebens verwickelt. "Wozzzzzu bissssst du überhaupt da?" Washable weiß darauf keine Antwort. "Aber du musssssst doch zzzzzu irgendetwas dasssssein? (...) Du bisssst dumm!""
Das lässt der alte Bär nicht so einfach auf sich sitzen! Er macht sich auf die Suche nach einer Antwort.

Der Hörer begleitet den alten Bären auf seiner Reise durch die Tierwelt. "Washable" trifft eine Maus, eine Biene, Mistfink, Schwan und Kuckuck, Affen, Elefanten, eine Klapperschlange und einen Schmetterling. Die Biene auf der Wiese sammelt eifrig Honig, der oberflächliche Mistfink badet gern und schert sich sonst um nichts: "Sei frech wie Oskar, dann kommst du überall durch." Für den Schwan ist allein die Schönheit wichtig, für die Maus, eine Familie zu ernähren, die Biene lebt, um fleißig zu sein. Mit äußerst subtilem Humor lässt Michael Ende die Tiere als eigentliche Vertreter der Menschen sprechen: Nicht zufällig gibt er dem Oberaffen den Part des Politikers, für den das Wichtigste die Gründung einer Partei ist, damit Einer kommandieren kann und die Anderen gehorchen können ...
Doch das alles hilft dem Teddy nicht viel weiter. Zu guter Letzt findet ihn ein kleines Mädchen und schließt ihn in ihr Herz. Und es wird klar, dass Freundschaft wichtiger als Fleiß und Schönheit ist.

"Der Teddy und die Tiere" ist eine Geschichte über die Einsamkeit, eine Parabel über Schmerz, Verlust und Leere sowie über den Sinn des Lebens und was man selbst daraus macht.

Die Musik von Franz Bartzsch und die vielen Schauspieler, die den Tieren ihre Stimmen geliehen haben, machen diese Erzählung zu einem echten Hörerlebnis für Kinder und Erwachsene. Wunderbar werden die typischen Tierstimmen intoniert. Da zischt "die Schlange" Ellen Hellwig und summt "die Fliege" Paula Dinnebier genauso gekonnt wie Hilmar Eichhorn den "Oberaffen" präsentiert oder Sven Plate den "frechen Mistfinken". Nicht zu vergessen natürlich Klaus Manchen als "Washable" und Max Urlacher als einfühlsamer Erzähler.

Wolfgang Völz ist der "Onkel Eduard" bzw. großartige Erzähler der beiden anderen Geschichten "Lirum Larum Willi Warum" und "Die Rüpelschule".
"Warum", so fragt der Willi seinen betagten Onkel Eduard, "warum nur, Onkel, hast du einen so großen, langen, weißen Bart?" Was Onkel Eduard seinem Neffen auf diese Frage antwortet, das ist so poetisch wie witzig. Klar, dass Willi darauf eine zweite Frage aus dem Ärmel zieht, und dann noch eine dritte und noch eine noch eine, bis der Onkel dem wilden Reimen ein Ende setzt - für heute jedenfalls - in "Lirum Larum Willi Warum".

"Im Lande Hule-Sule, zehntausend Tagesreisen weit, da gibt es eine Schule für Ungezogenheit. Da prahlt und protzt man, da motzt man und trotzt man, und wer dort am lautesten tobt, wird sehr von den Lehrern gelobt."
Alles wird auf den Kopf gestellt: Für Schreien Toben, Schmatzen und Schmutzigsein gibt es hier gute Noten, und der Lehrer ist erst zufrieden, wenn ihm seine Schüler so richtig auf der Nase herumtanzen, in: "Die Rüpelschule".

Bei diesen beiden Geschichten ist jedoch die Hintergrundmusik - im Gegensatz zur sparsam unterlegten ersten Geschichte - zu dominant eingesetzt. Zeitweise ist sie so laut, dass man Mühe hat, den Text zu verstehen.

Fazit:
Drei wunderbare Erzählungen von Michael Ende als Hörspiel vertont und besonders "Der Teddy und die Tiere" großartig in Szene gesetzt.
Ein Hörerlebnis für Kinder ab vier Jahren und auch Erwachsene.

(Heike Geilen; 10/2007)


Michael Ende, Cornelia Haas: "Der Teddy und die Tiere und weitere Geschichten"
Der Audio Verlag, 2007. 1 CD; Laufzeit ca. 39 Minuten. (Ab 4 J.)
Sprecher: Wolfgang Völz, Max Urlacher.
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Buchausgabe:
Thienemann, 2007. 32 Seiten.
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