Hermann Stange, Katharina Grossmann-Hensel: "Drachen"

Was du schon immer wissen wolltest


Seit ewigen Zeiten spielen Drachen in Märchen, Mythen und Sagen eine wichtige Rolle. Niemand hat je einen gesehen, es sind im Gegensatz zu anderen ausgestorbenen Tieren auch keine Überreste gefunden worden, und doch sind die Überlieferungen in vielen Teilen der Welt voll von Geschichten mit und über Drachen.

Hermann Stange versucht in diesem bezaubernden Buch, alle Fragen, die Kinder über Drachen haben oder stellen könnten, zu beantworten. Er tut dies auf ebenso lockere wie amüsante Weise, transportiert dabei noch zahlreiche historische Überlieferungen und weckt das Interesse der Kinder wie auch der vorlesenden Erwachsenen an der weiteren und intensiveren Beschäftigung mit Drachen.

Schon der Einstieg ist originell. Nach sechs Tagen Schöpfung sei so alles Mögliche liegen geblieben. "Lauter Schöpfungen, die nicht so richtig gelungen waren. Da gab es ein ziemlich schiefes, aber sonst recht nettes Krokodil, weiters eine schlecht gelaunte Riesenschlange, der unnützerweise Flügel gewachsen waren, und einen Löwen, der nicht brüllen konnte, aber dafür ständig Feuer spuckte. Vielleicht könnte man das alles miteinander kombinieren, überlegte der liebe Gott." Der Drache war geboren. Da aber Gott beschloss, diese letzte Kreation nicht in die Schöpfungsliste der Tiere mit aufzunehmen, "braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Menschen glauben, dass es Drachen gar nicht gibt."

In diesem lockeren, lustigen, aber sprachlich immer anspruchsvollen Stil führt Hermann Stange die Kinder nun durch die Enzyklopädie der Drachen. Er erläutert die lebenden kleinen Verwandten der Drachen, die Warane, Leguane, Geckos und andere Echsen.
"Auch wenn die Drachen es in dieser Welt nicht immer einfach haben - über Mangel an Verwandten können sie sich wirklich nicht beklagen."

Mit je einem derart witzigen Satz schließen alle folgenden neun Doppelseiten, auf denen die Geschichte des Drachens Python aus der griechischen Mythologie erzählt und die theologische Herleitung des Teufels als gefallener Engel in Gestalt eines Drachens erläutert wird und ein Ausflug in die Welt der Märchen die Vorliebe von Prinzessinnen für Drachen beschreibt.

Natürlich fehlen die Nibelungensage und die Geschichte des schwedischen Drachenjägers Beowulf nicht. In Asien allerdings gehen die Menschen ganz anders mit den Drachen um. Sie feiern den Drachen an Neujahr, weil er nach ihrem Glauben Glück und Frieden bringt.
"Welch ein Glück für den Drachen."

Auch die zahlreichen Drachenforscher haben noch keine Drachen gesehen, sie suchen auch nicht nach ihnen, solange sie in ihren Büchern eine ausreichende Anzahl finden. Warum also so viel Gerede über Drachen?
Weil der Welt ohne ein Wesen wie den Drachen etwas fehlen würde. Wie wahr, denkt man an die vielen Märchen, Filme und Comics.

Ein schönes, sprachlich anspruchsvolles Buch, das Kinder motivieren kann, alte Überlieferungen kennenzulernen und ihren Reichtum zu schätzen.

(Winfried Stanzick; 08/2007)


Hermann Stange, Katharina Grossmann-Hensel: "Drachen.
Was du schon immer wissen wolltest"

Annette Betz, 2007. 32 Seiten. (Ab 5 J.)
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