Jean-Jacques Sempé, René Goscinny: "Der kleine Nick und die Schule"

Prima Geschichten vom kleinen Nick
Ein französischer Kinderbuch-Klassiker begeistert Groß und Klein


"Ich und meine Kameraden müssen heute Morgen nicht zur Schule gehen, aber wir freuen uns nicht so richtig, nämlich wir müssen zum Gesundheitsamt und wir werden untersucht, ob wir vielleicht krank sind oder verrückt. Wir hatten vorher schon einen Brief gekriegt für unsere Eltern, dass wir alle zum Gesundheitsamt müssen, mit unserem Impfschein und mit unserer Mama und mit noch mehr Bescheinigungen. Unsere Lehrerin hat gesagt, der Doktor macht einen ‚Test' mit uns. Ein Test, da muss man so kleine Zeichnungen machen und der Doktor sieht nach, ob man vielleicht verrückt ist. Wie ich mit meiner Mama zum Gesundheitsamt gekommen bin, waren Roland, Georg, Franz und Otto schon da, aber sie haben ganz still gesessen und keinen Quatsch gemacht. In dem Zimmer, wo ein Doktor wohnt, da hab ich auch immer Angst."

Wer den kleinen Nick und seine Klassenkameraden kennt, weiß, dass der Friede nicht lange anhalten kann: "Wie wir rausgegangen sind, haben wir den Doktor gesehen, der saß an einem Tisch und er hat nichts mehr gesagt und die Dame in Weiß hat ihm ein Glas Wasser hingestellt mit ein paar Tabletten. Er hat mit seinem Füllhalter auf ein Stück Papier gekritzelt, der Doktor: lauter kleine Revolver! Ich glaub, der Doktor ist verrückt!"

Schubsen, raufen und schreien, Streiche aushecken, Murmel spielen und den Klassenbesten Adalbert ärgern sind auch in der Schule die Lieblingsbeschäftigungen der kleinen Racker. Weder Hilfslehrer Hühnerbrüh noch das strafweise Konjugieren - alle Zeiten, Indikativ und Konjunktiv! - des Satzes "Ich muss in der Klasse aufmerksam sein und darf mich nicht ablenken lassen und darf mich nicht mit Nichtigkeiten abgeben, denn ich bin in der Schule, um zu lernen, und nicht, um mich zu vergnügen!" können Nick, den verfressenen Otto, den faulen Chlodwig und ihre Freunde davon abhalten, in der grauen, von oft unverständlichen Regeln geordneten Welt der Erwachsenen ihren Spaß zu haben.

Mit Fantasie und Enthusiasmus wird der Alltag in der Schule und zu Hause zum Abenteuer. Der Kauf einer simplen Taschenlampe macht selbst Rechenaufgaben erträglich, ein Marktbesuch mit dem Vater endet mit einer Rauferei, zermatschten Tomaten, einem beschädigten Auto und Hummer im Restaurant, ein großer Bruder, der Küchendienst in der Armee schiebt, wird zum Soldaten am Schlachtfeld kommandierenden Offizier, und ein Wasserrohrbruch im Klassenzimmer ist sowieso ein Garant für herrliches Chaos.

Geschaffen wurde die liebenswerte Welt des kleinen Nick von zwei Größen des französischen Humors, dem Cartoonisten Jean-Jacques Sempé und dem Texter René Goscinny, der gemeinsam mit Albert Uderzo auch den weltberühmten Gallier Asterix erfunden hat. Der bezaubernde Zeichenstil Sempés und die kindlich unverblümte, leider manchmal ein wenig zu bundesdeutsch übersetzte Sprache seines Partners lassen den Leser herzlich über die Streiche der lebhaften, aber auch verletzlichen Rabauken lachen und stellen ganz nebenbei auch so manche Schwäche der gar nicht unfehlbaren Erwachsenen bloß.

Erstmals in den 1960´er Jahren in Frankreich veröffentlicht, haben die vergnüglichen Geschichten vom kleinen Nick bis heute nichts von ihrem Charme verloren und werden auch zukünftige Generationen von großen und kleinen Lesern begeistern.

(sb)


Jean-Jacques Sempé, René Goscinny: "Der kleine Nick und die Schule"
Diogenes, 2002. 129 Seiten. ISBN 3-257-00877-5.
ca. EUR. 13,90.
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Ein weiteres Buch vom kleinen Nick:

"Der kleine Nick macht Ferien"
Sämtliche Feriengeschichten in einem Band

Endlich Ferien für den kleinen Nick und seine Freunde. Endlich Zeit - Zeit für all die Streiche und Unternehmungen, die während der Schulzeit auf der Strecke bleiben müssen und die Eltern an den Rand des Nervenzusammenbruchs treiben!
Was ist die Definition eines gelungenen Urlaubs? Für Nicks Papa beginnt er mit der Wahl des Reiseziels, doch unter den Ratschlägen von Nicks Mama wird daraus genau das Gegenteil seiner ursprünglichen Idee. Darum sind die Ferien für Nick diesmal anders, denn Nick soll (darf!) ohne Eltern in ein Ferienlager?
Und da kann man noch viel mehr Menschen in den Wahnsinn treiben als nur die eigenen Eltern ...
René Goscinny, 1926 in Paris in eine jüdische Familie geboren, 1928 auf einem Frachtschiff nach Argentinien emigriert, wo er bis 1945 aufwächst, sucht sein Glück in New York und findet es in Belgien, später in Paris, wo er am 5. November 1977 stirbt. Seine "Asterix"- und "Lucky Luke"-Alben wurden weltweit inzwischen über eine halbe Milliarde Mal verkauft. 2009 wurde der "Kleine Nick" (weltweit über 10 Millionen Bücher in 33 Ländern), zu dem Jean-Jacques Sempé die Bilder zeichnete, von Laurent Tirad mit Kad Merad, Valérie Lemercier, Sandrine Kiberlain u.A. verfilmt.

Jean-Jacques Sempé, geboren 1932 in Bordeaux, lebt in Paris. Die Karikaturen in "Paris Match", "Punch", "Marie-Claire" und in "L'Express" waren nur erste Schritte zum Höhepunkt beim "New Yorker", für den er ab 1978 arbeitete. Unumgänglich ist es, zusammen mit Sempé Namen wie René Goscinny, Modiano und Patrick Süskind zu erwähnen. Ohne sie wären Figuren wie "Der kleine Nick", "Catherine, die kleine Tänzerin" und "Herr Sommer" undenkbar. (Diogenes)
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Jean-Jacques Sempé starb am 11.  August 2022 in Draguignon.