Veronika Straaß: "Willi Wills Wissen. Wie unsere Augen sehen"


Voll der Durchblick!

"Ich kann ihr/ihm nicht mehr in die Augen sehen!"
"Augenblick mal!"
"Wirf doch bitte ein Auge drauf, und sag mir, wie du das siehst!"
"Der hat wohl Tomaten auf den Augen!"
"Hier kannst du aber ein Auge zudrücken!"
Redewendungen wie diese gehören fast zum täglichen Sprachgebrauch. Doch was hat ein kurzer Moment - ein Augen-Blick - mit den Augen oder Blicken zu tun?

Erst wenn man sich der augenscheinlichen Häufigkeit dieser zweideutigen Begriffe und Wortspiele tatsächlich bewusst wird, bemerkt man, "wie wichtig Augen und Sehen für uns sind - im täglichen Leben genauso wie in der Sprache."
So beginnt die Autorin Veronika Straaß (Dipl.-Biologin), die ihre Worte Helmar Willi Weitzel - besser bekannt als Willi aus der erfolgreichen "Willi Wills Wissen"-TV-Serie - in den Mund legt, ihr hochinteressantes und vor allem kindgerechtes Sachbuch "Wie unsere Augen sehen". Erneut wird ein interessantes und lehrreiches Thema spannend zu Papier gebracht - mittlerweile zum 19. Mal.

Das geheimnisvolle "innere Auge"
Willi nimmt den Leser mit auf eine Reise durch und auch in die Welt der Augen. Dabei bedient er sich verschiedenster Fachleute, die ihm kompetent zur Seite stehen.
Die Tour beginnt mit einem tiefen Blick in unser eigenes Auge. Bei Tobias, dem Augenarzt, erfahren die wissbegierigen Kinder alles über den Aufbau unseres "Sehwerkzeugs". Da geht es um Hornhaut, Pupillen, Tränen, den blinden Fleck, Linsen und Augensprünge: einfach alles, was so beim Gucken abgeht, und wie unser Auge, genauer gesagt, die Sehnerven mit unserem Gehirn kommunizieren. Durchaus kann es dabei auch einmal zum "Kabelsalat im Oberstübchen" kommen, sodass man Grün statt Rot oder Gelb statt Blau sieht.

Nach dem Augenarzt besucht Willi noch einen Optiker und einen Brillengestalter. Bei diesen Beiden erfährt er alles über Kurz- und Weitsichtigkeit und die Korrekturmöglichkeit dieses Augenfehlers mittels einer Brille; seine extra für ihn angefertigte Brille in W-Form ist wirklich modisch. Wenn man dann noch weiß, wie so ein Unikat hergestellt wird, dann hat man wahrhaft den vollen Durchblick.

Zielfernrohr oder Panoramablick
Aber nicht nur der menschliche "Sehapparat" ist Thema dieses wunderbaren Buches, sondern der Tier- und Pflanzenwelt und deren "Hühneraugen" sind sechzehn Buchseiten gewidmet. Wahrhaft bizarre und "megascharfe" Formen hat die Natur hier entwickelt. Der Leser erfährt etwas über "Feuermelder auf sechs Beinen", "Scheinwerfer ohne Licht" oder "Farbenpracht für Insider". Hört sich äußerst technisch an. Doch dahinter verbergen sich "nur" Käfer, Eule bzw. Vogel.
Interessant ist auch die unterschiedlichste Lage der Augen am Kopf bei vielen Tieren, die sie relativ leicht als Raub- oder Fluchttiere identifizierbar machen. Eine Krötenart trägt sie gar am Hinterteil, allerdings nur als Attrappe und "faulen Zauber" bei Gefahr.

Schlussendlich spart Willi alias Veronika Straaß auch den Verlust unseres Augenlichts durch Unfall oder Krankheit nicht aus. Und dann kann so ein exotischer Beruf wie der des Glasaugenherstellers äußerst hilfreich sein. Er kann zwar den Betroffenen nicht mehr sehend machen, aber ihn doch optisch wieder normalisieren.
Dass man ohne Augenlicht trotzdem ganz normal am Leben teilnehmen kann, verrät die 22-jährige Manu, die schon seit sechs Jahren blind ist. Mit Braille - so heißt die Blindenschrift -, erhöhtem Fingerspitzengefühl und dem "Blinden-Langstock" gelingt der "Dialog im Dunkeln" auch für diese Menschen.

Der 19. Band der "Willi Wills Wissen"-Reihe über die Augen und das Sehen ist ein rundum gelungenes und interessantes kleines Wissenskompendium mit großer Sachkunde und wunderbarem Unterhaltungswert.
Zum besseren Verständnis sind auf fast jeder Seite kleine Experimente zum manchmal wirklich verblüffenden Nachempfinden abgebildet, die sogar den "allwissenden" Erwachsenen in Erstaunen versetzen. Kleine Infokästen vermitteln zusätzliches Hintergrundwissen oder ganz einfach nur interessante "Nebensächlichkeiten“.
Viele anschauliche Bilder tragen zur überaus gelungenen visuellen Gestaltung bei.

Optisch hat der Baumhaus-Verlag seine Buchreihe verändert. War ehemals Willi meist sehr dominant auf dem Einband vertreten, so nimmt er sich neuerdings merklich zurück und rutscht wohltuend in den Hintergrund. Die Sachthemen bestimmen ab sofort das Titelbild. Eine äußerst gelungene neue Umschlaggestaltung.

Fazit:
Ein großartiges Buch über das wohl wichtigste Sinnesorgan des Menschen: das Auge.
Empfohlen für Kinder von sechs bis zwölf Jahren.

(Heike Geilen; 04/2008)


Veronika Straaß: "Willi Wills Wissen. Wie unsere Augen sehen"
Baumhaus-Verlag, 2008. 48 Seiten. (Ab 6 J.)
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Noch ein Buchtipp:

Simon Ings: "Das Auge. Meisterstück der Evolution"

Könnte das Denken eine Antwort der Evolution auf das Sehen sein?
Dies ist ein Buch über die Beschaffenheit des Auges. Es handelt davon, wie das menschliche Auge die Welt sieht und wie andere Augen, die von Tieren, sie sehen. Es handelt davon, was mit uns geschieht, wenn wir etwas sehen, und was mit uns geschieht, wenn wir einander anschauen. Es handelt von Evolution, Chemie, Optik, Farbenlehre, Psychologie, Anthropologie und Bewusstsein.
Das Auge ist ein Wunderwerk der Natur. In dieser Naturgeschichte werden alle möglichen Augenformen von verschiedenen Lebewesen, auch die von primitiven Tieren, beschrieben. Der Leser erfährt, was diese Organe sehen, wie sie Licht in Information umsetzen, was sie nicht erkennen, welche Farben wir unterscheiden, was Farben überhaupt sind und was das heißt: Farben sehen. Das menschliche Auge macht im Lauf des Lebens eine erstaunliche Entwicklung durch, und immer ist unser Sehen Auslöser für Erkenntnis und neue Ideen. Eine spannende Promenadenmischung aus Wissenschaft und Erlebnisbericht. (Hoffmann und Campe) zur Rezension ...
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