Ob die Hexen die Zeugungskraft oder den Liebesgenuss verhindern können, welche Hexerei in der Bulle erwähnt ist.
achte Frage.


Z w e i t e n s, ebendieselbe Wahrheit, nämlich, dass mehr unter den Weibern Ehebruch, Hurerei usw. sich findet, wird gezeigt durch die Behexung der Betätigung der Zeugungskraft; und damit die Wahrheit deutlicher werde, wird zuerst bewiesen, dass es nicht möglich sei, weil, wenn solche Hexentat möglich wäre, sie auch Verheiratete treffen könnte; und wird dies zugegeben, dann würde, da die Ehe das Werk Gottes ist, und die Hexerei das Werk des Teufels, das Werk des Teufels stärker sein als das Werk Gottes. Wenn aber zugegeben wird, nur bei Huren und nicht bei Verheirateten, dann wird die alte Meinung wieder kommen, dass Hexerei nichts Wirkliches sei, sondern nur in der Meinung  der Menschen bestehe, wovon das Gegenteil in der ersten Frage festgestellt ist. Oder es wird ein Grund angegeben werden, warum es diesen und nicht jenen zustoßen könne; und da kein anderer Grund vorzuliegen scheint, außer weil die Ehe Gottes Werk ist, dieser Grund aber nach den Theologen nicht schließt, wie es ersichtlich aus IV, 24 de impedim. malefic., so bleibt nur noch das Argument, dass das Werk des Teufels stärker sein wird als das Werk Gottes; und da es unziemlich ist, dies zu behaupten, so ist es auch unziemlich, zu behaupten, durch Hexerei könne der Beischlaf verhindert werden.

I t e m, der Teufel kann die Betätigungen der anderen Naturkräfte nicht verhindern, als z. B. Essen, Gehen, Aufstehen usw., was darum wahr zu sein scheint, weil die Dämonen sonst die ganze Welt vernichten könnten.
F e r n e r, wenn der Beischlaf sich bei jedem Weibe gleichermaßen abspielt, so wird er, wenn er verhindert wird, auch bei 
j e d e m Weibe verhindert. Aber dies ist falsch: darum auch das erste. Dass es falsch sei, lehrt die Erfahrung, indem solche, welche sagen, sie seien behext, bei anderen Frauen vermögend sind, wenn auch nicht bei denen, die der Betreffende nicht erkennen kann: weil er nämlich nicht will, kann er auch in der Tat nichts.
E n t g e g e n g e s e t z t   u n d   f ü r   d i e   W a h r h e i t   ist c. si per sortiarias etc., XXX, 8; ebenso die Meinung aller Theologen und Kanonisten, wo sie über Hinderung der Ehe durch Hexen handeln.
E b e n s o   passt der Grund: Da die Macht des Teufels größer ist als die des Menschen, und der Mensch die Zeugungskraft verhindern kann, sei es durch stark erschlaffende Kräuter, sei es durch andere Hinderungsmittel usw., wie sich jeder vorstellen kann, deshalb kann der Dämon, der genaueres Wissen besitzt, solches umso mehr tun.
A n t w o r t. Aus den zwei Punkten, die oben aufgestellt sind, kann die Wahrheit genügend eingesehen werden, mag auch die Art der Verhinderung nicht durch Untersuchung erklärt sein. Denn es ist festgestellt worden, dass die Hexerei nicht bloß der Meinung der Menschen nach, als nichts Wirkliches existiert, sondern dass unzählige Hexenwerke wahr und wahrhaftig mit Zulassung Gottes geschehen können. Es ist auch gezeigt worden, dass Gott mehr erlaubt betreffs der Zeugungskraft, wegen der größeren Verderbtheit dieser, als betreffs der anderen menschlichen Handlungen.
Über die Art aber, wie eine solche Hinderung geschieht, ist zu bemerken, dass sie nicht bloß an der Zeugungskraft, sondern auch an der Einbildungskraft oder Fantasie geschieht; und diesbezüglich nennt  
P e t r u s   de   P a l u d e, D i s t i n c t. I V, 34, fünf Arten. Er sagt nämlich, dass, weil der Dämon, insofern er Geist ist, Macht hat über die körperliche Kreatur, örtliche Bewegung zu hindern oder zu bewirken, er deshalb Körper hindern kann, sich zu nähern, direkt und indirekt, indem er sich bisweilen in einem angenommenen Körper dazwischen legt, wie es dem Bräutigam ging, der ein Idol geheiratet und nichtsdestoweniger mit einem Mädchen die Ehe geschlossen hatte, weshalb er dasselbe nicht erkennen konnte.
Z w e i t e n s   kann er dem Menschen durch heimliche Anwendung von Kräften, die, wie er sehr wohl weiß, dazu kräftig wirken, zu jenem Akte entflammen oder aber auch erkaltet von jenem Akte abstehen lassen. 
D r i t t e n s, indem er das Empfinden und die Einbildungskraft stört, wodurch er das Weib abstoßend macht, weil er, wie gesagt wurde, auf die Einbildung einwirken kann; 
v i e r t e n s, durch direktes Erschlaffenlassen der Kraft des zur Befruchtung dienenden Gliedes, wie er ja auch örtliche Bewegung unterdrücken kann; f ü n f t e n s, durch Verhinderung der Abschickung der Geister, in denen die bewegende Kraft ist, zu den Gliedern; er verschließt gleichsam die Wege des Samens, dass er nicht zu den Zeugungsgefäßen gelangt, oder dass er nicht von ihnen gehe, nicht ausfalle, nicht ausgeschickt werde, und auf viele andere Weisen.
Und er fügt in Übereinstimmung mit dem, was oben von anderen Gelehrten gesagt ist, hinzu: "Mehr nämlich erlaubt  Gott über diesen Akt, durch welchen die erste Sünde verbreitet wird, als über die anderen menschlichen Handlungen, wie auch über die Schlangen, die mehr auf Beschwörungen hören als andere Tiere"; und kurz darauf sagt er: "Ebenso ist es mit dem Weibe, weil er deren Einbildungskraft so verwirren kann, dass sie den Mann abstoßend findet, dass sie um die ganze Welt nicht erlaubt, dass er sie erkenne." Später will er einen Grund angeben, warum mehr Männer bei dieser Handlung behext werden als Weiber, und sagt, dass, weil diese Hinderung bisweilen geschieht durch Verbauung des Gefäßes oder auch durch örtliche Bewegung, indem die Kraft des Gliedes zurückgedrängt wird, was eher und leichter bei Männern geschehen kann, sie darum mehr behext werden als die Weiber. Es könnte auch jemand sagen, dass es deshalb geschähe, weil mehr Weiber abergläubisch sind als Männer, auch lieber Männer anlocken als Weiber; oder auch tun sie dies zur Verachtung des ehelich verbundenen Weibes, um überall Gelegenheit zu schaffen zum Ehebruch, indem der Mann fremde Frauen erkennen kann, aber nicht die eigene, und ebenso das Weib andere Liebhaber suchen könne.
Er fügt auch hinzu, dass Gott erlaubt, mehr gegen Sünder als gegen Gerechte zu wüten. Daher sagte der Engel zu
T o b i a s: "Über die, welche der Lust ergeben sind, gewinnt der Dämon Gewalt"; wenn auch manchmal über die Gerechten, wie über  
J o b, aber nicht über die Zeugungskraft. Deshalb müssen sie Beichten tun und andere gute Werke, dass es nicht umsonst sei, Medizin zu nehmen, während das Eisen in der Wunde bleibt. So  P e t r u s.
Über die Beseitigung solcher Hexerei wird gehandelt werden im dritten Teile dieses Werkes.
Wenn aber nebenbei gefragt wird, warum jene Handlung bisweilen gehindert wird mit Rücksicht auf das
e i n e  Weib und nicht ein anderes, so lautet die Antwort nach  B o n a v e n t u r a: entweder weil der Zauberer oder Hexer dazu mit Rücksicht auf eine bestimmte Person den Teufel wandelt, oder weil Gott mit Rücksicht auf irgendeine Person die Verhinderung nicht zulässt. Denn hier liegt der Ratschluss des Herrn verborgen, wie sich am Weibe des  T o b i a s  zeigt. Und er fügt hinzu: "Wenn gefragt wird, wie der Teufel das tut, so ist zu sagen, dass er die Zeugungskraft nicht durch innere Hinderung, durch Verletzung des Organes, sondern durch äußerliche, durch Hinderung des Gebrauches hemmt. Weil es also eine künstliche Hinderung ist, keine natürliche, darum kann er hindern bei der  e i n e n Frau, nicht bei der anderen, entweder durch Aufhebung der Reizung des Verlangens nach ihr und nicht nach einer anderen, und zwar durch eigene Kraft, oder durch Kräuter, einen Stein oder eine geheime Kraft. 
Und das passt zu den Worten des  P e t r u s   d e   P a l u d e.
F e r n e r, wenn Unfähigkeit zu solcher Handlung manchmal aus natürlicher Kälte oder natürlichem Mangel sich einstellt, und man fragt, wie man unterscheiden könne, was infolge von Hexerei geschehen sei und was nicht, so antwortet  
H o s t i e n s i s   in seiner  S u m m a, mag es auch nicht öffentlich zu predigen sein: Wenn die Rute sich gar nicht bewegt, so dass der Mann niemals sein Weib erkennen konnte, so ist dies ein Zeichen von Kälte; aber wenn sie sich bewegt und steift, er aber nicht vollenden kann, so ist das ein Zeichen von Hexerei.
Noch ist zu bemerken, dass die Hexerei nicht nur geschieht, dass jemand seine Handlung nicht vollbringen kann, sondern sie geschieht auch bisweilen, dass ein Weib nicht empfängt oder Frühgeburten tut. Aber man beachte wohl, dass nach den Satzungen des Kanon jeder, der Rachgier zu befriedigen oder aus Hass einem Manne oder einer Frau etwas angetan, dass er nicht zeugen und sie nicht empfangen kann, für einen Mörder gilt, extra de homic.: Si aliquis.
Man merke auch, dass der Kanon ebenso redet von den lockeren Liebhabern, die ihrem Geliebten Tränke reichen, damit sie nicht in Verlegenheit kommen, oder auch bestimmte Kräuter, die die Natur allzu sehr erkälten, ohne Hilfe der Dämonen. Daher sind sie wie Mörder zu bestrafen, auch wenn sie reuig sind. Die Hexen aber, die durch Hexenkünste derlei bewirken, sind nach den Gesetzen aufs Härteste zu bestrafen, wie oben, in der ersten Frage, festgestellt ist. (...)


(Aus "Malleus maleficarum"; dt. "Der Hexenhammer",
verfasst von den beiden Inquisitoren
Jakob Sprenger und Heinrich Institoris;
ins Deutsche übertragen von J. W. R. Schmidt.)

Der "Hexenhammer", verfasst nach einem Erlass des Papstes Innozenz VIII. aus dem Jahr 1484, bildete die Grundlage der gerichtlichen Praktiken bis hin zu Folter und Tod während der Hexenverfolgungen. Die drei Teile der ersten deutschen Übertragung umfassen: "was zur Hexentat gehört, die verschiedenen Arten und Wirkungen der Hexerei und wie solche behoben werden können sowie den Kriminal-Kodex über die Bestrafung oder Ausrottung der Hexen".
Buch bestellen