Klabund: "Borgia"

Roman einer Familie


Dies ist eine fiktive zeitgenössische Betrachtung des Wirkens der Borgia-Familie nach ihrem Einzug in Italien. Der Erzähler dieses Büchleins nennt sich Johannes Goritz und ist ein Luxemburger Supplikenreferent, der durch seinen Wohnsitz in Rom Kontakt zu allerlei berühmten Leuten gehabt haben und dadurch auch eine Menge über die Borgia-Familie erfahren haben will. Hierbei habe er insbesondere mit Alexander, Cesare und Lucrezia Borgia zahlreiche vertrauliche Gespräche geführt. Diese drei Figuren beschreibt er zunächst als körperlich sehr ansprechende Menschen, denen man von außen ihre ihnen nachgesagten negativen Eigenschaften nicht ansehen kann. Tatsächlich werden die Borgias im Prolog zunächst eher ausgewogen beschrieben, und der Erzähler verspricht, im Weiteren von den üblichen Beschimpfungen Abstand zu nehmen und die Borgias nur so zu beschreiben, wie er sie wahrnehmen konnte, ohne dabei direkt wertend zu sein.

Von diesem hehren Grundsatz ausgehend, beschreibt er zunächst die Genealogie der spanischen Familie der Borgia - bis zurück in die griechische Mythologie - bevor er dann ihren Weg von Spanien nach Italien und dort dann zur höchsten Machtvollkommenheit beschreibt. Dabei werden Bestechungen, Erpressungen, sittenloses Leben und Denken und all die anderen Dinge, für die der Name Borgia bekannt ist, sehr ausgiebig dargestellt - besonders auch in Bezug auf politisch wirksame Nahrungsergänzungsstoffe.

Im Rahmen des Gangs zum Papsttum und ähnlichen exaltierten Stellungen in der europäischen Gesellschaft der damaligen Zeit zeigen die Borgias sehr viel situative ethische Orientierung, wie sie besonders in einem hier dargestellten Gespräch zwischen einem Borgia und dem jungen Gelehrten Machiavelli deutlich wird, der dieses Gespräch als die Grundlage seines "Principe" verwenden soll. Überhaupt werden die Namen der Borgias - durchaus zurecht - mit anderen berühmten Namen ihrer Zeit in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel mit dem jungen Leonardo da Vinci oder Michelangelo.

Die zentralen Konflikte in diesem Buch sind zunächst jener zwischen Alexander Borgia und Fra Girolamo - einem Florentiner Mönch, der im Papst gerne eine Vorbildfigur sehen möchte und nicht einen verlogenen und heuchlerischen Hurenbock. Eine Rolle, die er Alexander Borgia durchaus zuerkennt. Der Streit führt durch mehrere Städte und Jahre und endet für Fra Girolamo zunächst in einem hochnotpeinlichen Verhör und danach auf einem Scheiterhaufen. Ein anderer großer Konflikt ist der zwischen den Borgias und dem französischen König Karl VIII, der ebenfalls sehr interessant verläuft.

Das Buch ist mit allerlei interessanten zeitgenössischen Bildern versehen und dadurch etwas interessanter, als es vom reinen Schreiben her wäre, aber alleine schon der sehr moralisierende pathetische Schluss lässt manchen Leser an der Sinnhaftigkeit der Lektüre zweifeln.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2004)


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