Tino Hemmann: "Nomenclatura"
Leipzig in Angst
"Nomenclatura"
ist der erste Roman um den Leipziger Kriminaloberkommissar Hinrichs und
sein Team.
Nach einem Kindergeburtstag wird der neunjährige Erik, der um
die Ecke seines Familienhauses mit einem Freund abgesetzt wurde,
vermisst. Seine Mutter verdächtigt zunächst den
geschiedenen Vater, der sich auf Gerichtsbeschluss von den Kindern
fernzuhalten hat, aber dieser hat ein wasserdichtes Alibi, und auch die
Schwester des Jungen kann nicht glauben, dass ihr Vater etwas mit
dessen Verschwinden zu tun hat.
Dieses Verschwinden muss relativ hastig geschehen sein, denn auf dem
Weg vom Absetzpunkt zum Haus findet Hinrich kurz nach der Tat eine
Tüte mit Gewinnen von dem Kindergeburtstag, die beim
Aufgreifen des Buben unter ein
Auto gefallen sein muss. Mit diesen
wenigen Hinweisen und Indizien beginnen die von der Leipziger Presse
mit Argusaugen betrachteten Ermittlungen. Hinzu gesellt sich sehr bald
Verstärkung in Gestalt der eher robusten Psychologin Hanni
Polterer aus Hamburg, die ungehend versucht, starke Kontrolle
über das Team auszuüben.
Nur wenige Stunden danach verschwindet ein weiterer
Neunjähriger namens Erik im Großraum Leipzig. Was
zunächst wie ein Zufall wirkt, wird weitere vier Stunden
später zu einem Muster, als erneut ein Erik auf dem Weg von
der Schule nach Hause entführt wird. Mit dem Wissen, dass es
noch einige weitere Eriks im richtigen Alter in Leipzig und Umgebung
gibt und der Theorie, dass Serienverbrechen an Kindern erst ab dem
fünften Opfer aufgeklärt werden, macht sich die
zunehmend passend benannte SoKo ERIK an die weiteren Ermittlungen.
Dabei können die häuslichen Umfelder der Kinder sehr
schnell aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen werden,
aber die Verbindung zwischen Erik und Leipzig weist auf ein altes
Dokument hin, nachdem ein Erik von Burgund vor etwa 500 Jahren einige
Knaben als Geiseln gegen die Stadt genommen hat und diese, als die
Stadt nicht einlenkte, verbrannte.
Von dieser Spur geht es weiter ins Leipziger Rathaus, von wo ein
ehemaliger Praktikant die Ermittlungen direkt in die Leipziger
Schwulenszene lenkt. In diesem Bereich soll sich nun Hinrichs
Assistent, der bereits an anderer Stelle als eine Art
"Witwentröster" eingesetzt wurde, näher umschauen,
wobei er für die
Ermittlungen
ein erstaunlich hohes Opfer bringt.
Dieses Opfer ist überraschend beiläufig
ausgeführt und zeigt die Szene auch in einem ziemlich
typisierenden Licht, wie überhaupt wenige Romanfiguren
wirklich von den Seiten hochkommen. Auch die schlussendliche Motivation
des Täters und seine Vorgehensweise müssen als extrem
unwahrscheinlich erscheinen.
Und wer regelmäßig mit Kindern arbeitet, wird die
enorm positive Sicht der Neunjährigen in diesem Roman eher
blauäugig finden müssen.
Fazit:
Alles in allem ein nicht sonderlich empfehlenswertes Buch.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2006)
Tino Hemmann:
"Nomenclatura. Leipzig in Angst"
Engelsdorfer Verlag, 2005. 240 Seiten.
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