David Foenkinos: "Das erotische Potential meiner Frau"


Sein ganzes Leben lang war er nur ein Herz gewesen, das im Takt der Entdeckungen schlug. Er hatte Briefmarken gesammelt, Zeugnisse, Bilder mit Schiffen am Kai, Metro-Fahrkarten, erste Seiten von Büchern, Rührstäbe und Aperitifspießchen aus Plastik, Korken, Augenblicke mit dir, kroatische Sprichwörter, Spielzeug aus Überraschungseiern, Papierservietten, dicke Bohnen, Fotofilme, Souvenirs, Manschettenknöpfe, Thermometer, Hasenpfoten, Geburtsurkunden, Muscheln aus dem Indischen Ozean, Geräusche um fünf Uhr morgens, Käseetiketten, kurzum: Er hatte alles gesammelt, und das immer mit derselben Erregung. Seine Existenz atmete den Wahnsinn, mit all den Phasen purer Euphorie und extremer Depression, die das mit sich bringen konnte. Er erinnerte sich nicht an einen einzigen Augenblick seines Lebens, wo er nichts gesammelt, nicht nach irgend etwas auf der Suche gewesen wäre. Gleichwohl dachte Hector bei jeder neuen Sammlung, diese wäre nun die letzte. Doch systematisch entdeckte er in seiner Befriedigung die Quellen neuer Unbefriedigtheit. In gewisser Weise war er ein Don Juan des Objekts. (Aus dem Roman)

Das ist mir nun wirklich in meiner langen Karriere als Bücherwurm schon ewig lange nicht passiert: Da nehme ich ein Buch zur Hand, interessanter Titel, schöner Klappentext, auch der Autor wird als vielversprechend gepriesen, und dann das: Ich fange an zu lesen, lege es wieder aus der Hand. Am nächsten Tag versuche ich es erneut, quäle mich bis auf Seite 73, und wieder muss ich es aus der Hand legen. Es geht einfach nicht an mich. Es langweilt und ärgert mich. Es ist flach, und sein Humor ist aufgesetzt.

Dieses Buch mit der Geschichte des sammelsüchtigen Hector und seiner Freundin Brigitte kommt skurril und lustig daher, aber was will es erzählen? Dass ein Mann von einer Sucht in die nächste fällt und nicht wirklich sauber wird - sehr originell. Dass ein Mann süchtig danach wird, seiner Frau beim Fensterputzen zuzuschauen, weil er das erotisch findet - nur peinlich.

Ein drittes Mal habe ich es nach zwei Wochen probiert mit dem Lesen, aber wieder stellte sich der gleiche Effekt ein; meine Abwehr gegen dieses Buch und vor allem den Schreibstil des Autors riefen körperliche Reaktionen hervor, mir wurde regelrecht schlecht.
Solche Bücher brauche ich nicht. Foenkinos hat keine wirkliche Geschichte zu erzählen, seine Figuren sind nur lächerlich, aber nicht witzig. Vielleicht geht mir auch der Sinn für Skurrilität ab, aber da fehlt mir nichts Wichtiges.

Dennoch: Ich glaube nicht, dass David Foenkinos ein schlechter Schriftsteller ist. Das, was ich gelesen habe, zeigt, dass er es besser könnte, packte er ein ernsthafteres Thema an.
Ich werde ihn also trotz Verrisses im Auge behalten und sein nächstes Buch wieder zur Hand nehmen.

(Winfried Stanzick)


David Foenkinos: "Das erotische Potential meiner Frau"
(Originaltitel "Le potentiel érotique de ma femme")
Aus dem Französischen von Moshe Kahn.
dtv.
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David Foenkinos, 1974 geboren, Schriftsteller und Filmemacher, studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne und Jazz am CIM.

Zwei weitere Bücher des Autors:

"Nathalie küsst"

Nathalie und François sind ein Paar wie aus dem Märchenbuch, mit Feingefühl und Geschmack. Doch eines Tages kommt François nicht vom Joggen zurück, eine Blumenhändlerin überfährt ihn. Die schöne Nathalie muss fortan allein durchs Leben gehen, sich der Neugier der Kollegen und der Avancen ihres Chefs Charles in der schwedischen Firma, in der sie als leitende Angestellte arbeitsbesessen über der Akte 114 brütet, erwehren. Als der unscheinbare Quotenschwede Markus ihr Büro betritt, packt sie ihn unvermittelt und küsst ihn. Markus, konsterniert, geht aufs Ganze, eine Liebesgeschichte beginnt, wie sie purer, zärtlicher und empfindsamer nicht sein kann.
Während in der Firma die Gerüchteküche brodelt und Charles zu brutalen Maßnahmen greift, begeben sich Nathalie und Markus auf die Flucht in den Garten der Großmutter, zurück zu den Ursprüngen von Kindheit und der gemeinsamen Lieblingssüßigkeit "PEZ" und lassen sich von der Liebe überraschen.
Voller Anspielungen mit hohem Wiedererkennungswert für seine angestammten Leser schreibt Foenkinos hier seine bisher schönste Liebesgeschichte. (C.H. Beck)
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"Souvenirs" zur Rezension ...