Horst Eckert: "Aufgeputscht"


"Aufgeputscht" ist ein früher - und mittlerweile mehrfach preisgekrönter - Roman aus der Tastatur von Horst Eckert. Wie so oft spielt diese Geschichte im Dunstkreis der Düsseldorfer Festung, wie die Landeshauptstädtische Polizeihauptwache in eingeweihten Kreisen genannt wird. Der 1996 geschriebene Roman greift die damals aktuelle Ecstasy-Welle auf, die Medien und politische Diskussion beherrschte.

Hauptkommissar Nowak hat vor einigen Monaten bei einem unzulässigen Nebeneinsatz unter Amphetaminen einen Mann erschossen, und seine Kollegen haben ihn bei den Ermittlungen so gut gedeckt, dass außer ein wenig Medienschelte nicht wirklich etwas an ihm kleben geblieben ist. Seitdem hat er den Aufputschmitteln entsagt und vergisst seine Schusswaffe gerne auf der Wache, um nicht noch einmal in die Situation zu kommen, auf einen anderen Menschen schießen zu müssen. Als er bei einer medienwirksamen Verhaftungsaktion im Glücksspielmilieu wieder auf den Reporter trifft, der ihm damals schon das Leben schwer gemacht hat, kommen seine Schuldgefühle gegenüber der hinterbliebenen Tochter des Erschossenen wieder hoch, und er versucht mit nicht allzu legalen Mitteln ein wenig Wiedergutmachung zu leisten.

Diese Tochter trifft auf Grund einer anderen Ermittlung als Zeugin auf Ben Engel, einen heftigen Konkurrenten Nowaks, der aus Karriere- und sonstigen Gründen allerlei unternimmt, um bei seinen Vorgesetzten gut anzukommen und gleichzeitig seinen Namen so oft es geht positiv in der Presse zu haben. Dabei pflegt er einen Lebensstil, der deutlich über seinen finanziellen Möglichkeiten liegt. So kommt es, dass der junge Beamte Thann von seinem Vorgesetzten zur Gründung einer neuen Inneren Abteilung in der "Festung" herangezogen wird, um vor der nächsten Wahl die Korruption innerhalb der Düsseldorfer Kriminalbehörde zu reduzieren - auch, weil sonst bei einer über allen schwebenden Strukturreform all diese Dinge ans Licht der Öffentlichkeit kommen könnten, die man jetzt noch still und leise untergehen lassen könnte. Und auch sonst gibt es innerhalb der "Festung" allerlei Menschliches und allzu Menschliches zu sehen.

Daneben scheinen die Mordfälle, die die Beamten zu behandeln haben, beinahe alltäglich, obwohl sie das doch in keiner Weise sind. Tatsächlich gibt es einige ziemlich spektakuläre Leichenfunde, die innerhalb der Behörde zu allerlei hektischer Aktivität führen und den Personalstamm ordentlich durchrühren, bevor der Roman seine letzte Seite erreicht.

Die Charaktere sind farbenfroh, glaubwürdig gezeichnet und sehr zahlreich, so dass man "Aufgeputscht" - gerade aus letzterem Grund -  nicht einfach so nebenher lesen kann. Auch die allgemeinen Arbeitsumstände einer großen Landesbehörde werden überaus realistisch dargebracht, so dass jeder Laie einen Eindruck davon bekommt, wie es sein muss, dort unter den Anweisungen ungesehener Herren zu werken.

Ein sehr realistisch gezeichneter Roman, der allerdings die Frage aufwirft, ob es in Düsseldorf auch Polizisten gibt, die nicht irgendwelche seelische oder moralische Defizite aufweisen. Rundum positive Identifizierungsfiguren sucht man hier - wie in fast allen Eckert-Romanen - eher vergeblich, aber gerade dadurch heben sich diese vom Gros der sonstigen deutschen Krimi-Produkte deutlich - und ja auch positiv - ab.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2007)


Horst Eckert: "Aufgeputscht"
Grafit. 412 Seiten.
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