Suzanne Berne: "Perfekte Verhältnisse"

"Für das menschliche Glück ist es unabdingbar, die innere und äußere Landschaft in Übereinstimmung zu bringen. Wenn Ihre innere Landschaft eine bergige Region ist, werden Sie unglücklich sein, wenn Sie in einer Wüste leben, und umgekehrt."


Mirella und Howard Cook-Goldman erscheinen auf den ersten Blick als die perfekte Familie. Howard, ein aufstrebender Architekt, und Mirella, eine Anwältin, die ihren Beruf liebt. Sie leben in einem renovierten historischen Haus in der Nähe von Boston mit ihren beiden Kindern und einem Hund. Beide basteln an ihrer Karriere, arbeiten hart und müssen erkennen, dass die Kombination aus Familie und beruflichem Engagement notgedrungen zu einem häuslichen Chaos führen muss. Auch finanziell gibt es jede Menge Engpässe, und als Mirella erfährt, wieder schwanger zu sein, bahnt sich eine Krise an. Verbissen suchen Cook-Goldmans nach einem Kindermädchen, das mit den schwierigen Kindern zurecht kommt und sich um den Haushalt kümmert.
Bislang ist keine der Damen lange geblieben, und Mirella hat immer mehr den Eindruck, dass ihr das Ganze über den Kopf wächst.

In dieser angespannten Situation erscheint Randi als ein wahrer Engel und vor allem als das perfekte Kindermädchen. Anfänglich läuft alles optimal, bis Mirella das Gefühl hat, Randi würde ihr die Kinder entfremden und immer mehr den Wahrheitsgehalt ihrer Geschichten bezweifelt. Tatsächlich kümmert sich Randi sehr intensiv vor allem um Jakob, der große Sprachschwierigkeiten hat. Perfekt managt sie den kompletten Haushalt und versucht sich unentbehrlich zu machen. Mirella spricht ihre Bedenken Howard gegenüber an. Doch dieser ist zufrieden mit der Entlastung und wirft seiner Frau Paranoia vor.

Als Howard Mirella eine Affäre gesteht, ihre dritte Schwangerschaft immer problematischer wird und sie Bettruhe einhalten muss, spitzt sich die Situation immer dramatischer zu - die bevorstehende Katastrophe ist permanent spürbar.

Dieser beklemmende Roman von Suzanne Berne beschreibt eine durchaus alltägliche Situation von Ehepaaren, die Karriere und Familie miteinander verbinden wollen. Die kleinen Alltagsprobleme wachsen, bis sie zu einer Lawine werden, die alles und jeden in den Abgrund mitzureißen droht. Die Betroffenen spüren immer wieder Unbehagen, fühlen die Gefahr und können dem Sog doch nicht entkommen.
Eine Geschichte weit weg vom Powerfrauenimage - dafür aber hautnah an der Realität von Eltern und sicherlich Anstoß genug, um diese Problematik intensiver zu überdenken. Ein Roman, der für mich auch die Frage aufwirft: "Wäre nicht einfühlsame Kindererziehung anspruchsvoller Beruf genug?"

(margarete; 08/2003)


Suzanne Berne: "Perfekte Verhältnisse"
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube.
Zsolnay, 2003. 352 Seiten.
ISBN 3-552-05263-1.
ca. EUR 21,50
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Ergänzender Buchtipp:

Suzanne Berne: "Ein Mord in der Nachbarschaft"
Das Nachbarskind wird ermordet, der Vater läuft mit einer anderen Frau weg: Von diesem Tag an ist für die zehnjährige Marsha nichts mehr, wie es war. Als erwachsene Frau erinnert sie sich an die schrecklichen Ereignisse von 1972 - vor allem an die böse Tat, die sie selbst begangen hat. Nur dem verstorbenen Vater kann sie die entscheidende Frage nicht mehr stellen - warum er sie verlassen hat.
"Schau dir das an." Ich stützte einen Ellenbogen auf der Stufe hinter mir auf und blätterte in meinem Notizbuch. "Irgendwo hier drin", sagte ich und tippte auf eine Seite, "irgendwo hier drin ist wahrscheinlich ein Hinweis. Das gleiche tun wir, wenn wir an ihrem Haus vorbeigehen: Wir suchen nach Hinweisen. Es darf einem nichts entgehen, wenn man etwas Wichtiges entdecken will."
Sie nickte und rieb gedankenverloren an einem Schmutzfleck auf ihrem Knie. Auf der anderen Straßenseite begannen die Jack-Russell-Terrier zu jaulen und an der Tür zu kratzen, weil sich der Postbote dem Haus näherte. Sie mussten Baby Cameron von nebenan aufgeweckt haben, denn plötzlich war sein Geschrei aus einem Fenster im ersten Stock zu hören.
Schließlich blickte Luann von ihrem Knie auf. "Mein Dad sagt, dass es ein Perverser gewesen ist, der ihn umgebracht hat."
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube.
Zsolnay, 2001. 272 Seiten.
ISBN 3-552-04953-3
ca. EUR 17,90.
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