Manuela Kuck: "Berlin Wolfsburg"


Eine Serie von seltsamen Todesfällen in Polizistenkreisen

Ein Polizist erschießt sich. Zwei Polizisten nehmen eine neuartige Designerdroge namens "Badesalz" und töten sich dann während eines Horrortrips auf eine Art und Weise selbst, die auch für die Auffindenden zu einem solchen wird. Ein Polizist stürzt sich aus dem Fenster der Wohnung, die er gerade für seine Tochter renoviert, und eine junge, karriereorientierte Polizistin wirft sich von einer Fußgängerbrücke vor ein fahrendes Auto. All diese Dinge geschehen an drei verschiedenen Orten - Berlin, Wolfsburg und Peine - im Zeitraum von knapp drei Monaten.

Aufgrund dieser Häufung von ungewöhnlichen Selbsttötungen von Polizisten schickt das BKA die Kommissarin Johanna Krass los, um zunächst einmal halboffiziell einen Blick auf diese fünf Fälle zu werfen und um festzustellen, ob es sich hier nur um eine statistische Anomalie handelt oder ob es vielleicht eine Verbindung zwischen den fünf Toten geben könnte.

Zunächst ist auffällig, dass nur einer der Verblichenen einen möglichen Grund für einen Freitod gehabt haben könnte, was bei den anderen Vier keineswegs der Fall gewesen zu sein scheint.

 

Jörg Rauth vom LKA hatte sich vor drei Monaten mit seiner Dienstwaffe erschossen, und der Kollege Bernd Lange war beim Kriminaldauerdienst tätig gewesen, bevor er Mitte Juli seinem Leben ein Ende gesetzt hatte. Soweit Johanna sich entsann, hatte er die hochgefährliche Modedroge Badesalz geschluckt, war völlig ausgerastet und hatte sich selbst die Kehle durchgeschnitten.
Die Kommissarin schluckte. In Wolfsburg hatte es zwei Wochen später einen ähnlichen Fall gegeben ... Die Behörden waren bemüht gewesen, die offizielle Berichterstattung über die toten Polizisten so knapp wie möglich zu halten, und Johanna hatte nur am Rande von den Todesfällen mitbekommen, da sie im Urlaub gewesen war, als die Nachricht die Runde machte. Darüber hinaus blendete sie Suizide unter Kollegen - egal, wo und wie oder unter welchen Umständen sie verübt worden waren - liebend gern aus.
(Aus dem Kriminalroman)

Doch bei der Betrachtung einiger Altfälle der Beamten stellt sich heraus, dass sie wohl regelmäßig Fälle von Gewalt gegen Muslime überaus schnell und ergebnisfrei abgeschlossen haben. Und dass sie über wesentlich mehr Mittel verfügten, als es ihre Gehaltsstufe eigentlich rechtfertigen würde. Sehr wahrscheinlich haben sie einigen antiislamistischen Gewalttätern ermittlungstechnisch den Rücken frei gehalten. Aber wer ist nun für die Todesfälle verantwortlich?

Johanna, die in Berlin unter Anderem auch auf die aus dem Kriminalroman "Ostbahnhof" bekannte "Püppchen" trifft und diese sehr sympathisch findet - eine Auszeichnung, die die introvertierte Kommissarin nicht oft vergibt -, zieht immer mehr personelle Ressourcen an sich, um zunehmend tiefer in die Untersuchungen einzusteigen, die sehr viel Detailarbeit erfordern.

Fazit:
Mit "Berlin Wolfsburg" hat die 1960 in Wolfsburg geborene Autorin Manuela Kuck, die Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin studiert hat, einen angenehm komplexen Krimi mit  Charakteren, die ausreichend an den Rollenklischees vorbeigeschrieben sind, um als originell gelten zu können, vorgelegt. Sogar die "Bösen" sind sehr plastisch realisiert und wirken dadurch überaus glaubwürdig.
So mag dieser Kriminalroman aus dem Großraum Niedersachsen getrost als lesenswert bezeichnet werden, obzwar das Ende ein wenig zu glatt erscheint.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2012)


Manuela Kuck: "Berlin Wolfsburg"
Emons, 2012. 238 Seiten.
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Digitalbuchausgabe:
Emons, 2012.
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Weitere Bücher der Autorin:

"Ostbahnhof"

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"Wolfstage. Niedersachsen Krimi"
Im letzten harten Winter hat ein Wolfsrudel Zuflucht im Elm gefunden, doch angeblich macht eine Gruppe von Wolfshassern tödliche Jagd auf die Tiere. Als am Bolzen einer Armbrust Spuren tierischen Blutes nachgewiesen werden und ein Student von einem ähnlichen Geschoss tödlich getroffen wird, erscheinen die Tierquäler plötzlich in einem ganz anderen Licht. BKA-Kommissarin Johanna Krass, die in Königslutter eigentlich den Motorradunfall eines verdeckten Ermittlers untersucht, begibt sich auf eine Treibjagd und sticht in ein Nest aus grausamen Tapferkeitsritualen, Dominanz und Unterordnung in der rechten Szene. (Emons)
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"Tod in Wolfsburg. Niedersachsen Krimi"
Johanna Krass ist Sonderermittlerin beim BKA in Berlin und wird bundesweit eingesetzt. Der Tod der fünfzehnjährigen Karen führt sie in ihre Heimatstadt Wolfsburg. Das Mädchen stürzte angetrunken und mit Drogen vollgepumpt auf den Bahngleisen zwischen Wolfsburg und Vorsfelde und wurde von einem Zug überfahren. Der Fall, zunächst als tragischer Unfall zu den Akten gelegt, wird erneut aufgerollt, weil Karens Großmutter darauf beharrt, dass ihre Enkelin dem kaltblütigen Mord einer Mädchengruppe zum Opfer fiel. Schließlich wird die alte Frau selbst vor einen Bus gestoßen. Als dann noch eine Klassenkameradin Selbstmord begeht und einen bestürzenden Abschiedsbrief hinterlässt, gelingt es Johanna Krass, die richtige Spur aufzunehmen. (Emons)
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