"Jenseits des Krieges"

Regie: Ruth Beckermann
Österreich 1996


Zeitgerecht zur überarbeiteten jetzt wieder gezeigten Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944" ist auch Ruth Beckermanns dazugehöriger Film wieder zu sehen. Die Emotionen rund um die erste Ausstellung gingen nicht nur in Österreich hoch. Der Mythos der Jahrzehnte in Ehren gehaltenen Wehrmacht wurde für viele schmerzlich beendet. Eine Diskussion um lange verdrängte Geschichte konnte beginnen, aber selten sachlich geführt werden.

Gedreht wurde während der Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" in Wien im Jahre 1996. Dabei kamen in der Mehrzahl BesucherInnen zu Wort, die entweder selbst in der Wehrmacht gedient hatten oder Nachkommen von ihnen waren. Die Atmosphäre ist bedrückend. Bei den meisten interviewten Personen steht es außer Frage, dass derartige Massaker, wie sie auf den gezeigten Bildern zu sehen sind, geschahen. Viele wissen aus erster Hand, dass sich immer wieder Wehrmachtsangehörige freiwillig für die Ermordung von ZivilistInnen zur Verfügung gestellt haben.

Andere sind überzeugt, dass derartige Schandtaten niemals seitens der Wehrmacht verbrochen wurden, sondern z. B. auf das Konto der Waffen-SS gingen. Manche taten nur ihre Pflicht, wurden kein einziges Mal Zeuge von Kriegsverbrechen und weisen jede Verantwortung von sich. Manche müssen heute noch immer wieder weinen. Manche Kinder ehemaliger Soldaten sehen mit diesen Bildern eine gesamte Vätergeneration beschmutzt und können deshalb Wahrheit nicht ertragen. Man versucht sich zu rechtfertigen und Gründe zu finden, warum alles so kommen musste.

Beckermann hat einzelne BesucherInnen nach Besichtigung der Ausstellung länger interviewt, andere werden spontan vor den erschütternden Bildern zu ihren Eindrücken befragt. Immer wieder mischen sich umstehende Personen ein, es entstehen Streitgespräche über unterschiedlichste Ansichten. Die Regisseurin lässt ihnen freien Lauf, stellt mitunter kritische Zwischenfragen, bleibt aber sehr im Hintergrund. Ein spannendes filmisches Dokument über ein Thema, das noch lange ein heißes Eisen bleiben wird.

(ama;04/02)