...und ein Stück für Dich!

Als es heute Nachmittag, an einem sehr grauen, nassen Adventstag, weiter nieselte, stieg eine Frau mit ihren zwei Jungen, die ihre Pubertät noch nicht überschritten hatten, in die Straßenbahn Linie 3 ein. Eine Muttergestalt mit einer Tüte, die große fladenbrotartige nicht typisch deutsche Brote enthielt. Vom Aussehen und Verhalten her ordnete ich sie dem östlichen Teil Europas zu. Meine Vermutung bestätigte sich, als ich später eine slawische Sprache hörte. Die beiden Jungen schienen sehr an der Mutter zu hängen. Beide wollten bei ihr sitzen. Daher mussten sich die drei auf dem Zweierplatz quetschen. Doch der Platz erwies sich als zu eng für die zwei vor dem Mannesalter stehenden Söhne und die wohlbeleibte Mutter. Deswegen stand der Junge, der in der Mitte saß, auf und nahm den Platz auf dem Rücksitz. Aber seinen Kopf hielt er dennoch umständlich der Mutter und dem Bruder zugewandt. Die Mutter brach ein gutes Stück Brot ab und gab es dem Jungen neben ihr. Der Junge nahm es und knabberte vergnügt daran. Die Mutter brach daraufhin ein ähnlich großes Stück Brot ab und gab es dem zweiten Jungen. Der nahm es ebenso vergnügt und begann, daran zu knabbern. Nach ein paar Sekunden brach die Mutter ein viel kleineres Stückbrot ab und knabberte selbst daran. Diese Handlung wiederholte sich noch einmal bis zu meinem Aussteigen. Im stürmischen Wetter schlängelten sich draußen die Menschen mit ihren Adventseinkäufen.


(Aus: Kumar, Anant: ...und ein Stück für Dich, Ein Bilderbuch für Kinder und Erwachsene, Deutsch, D - Türkisch, D - Russisch, D - Englisch, D - Polnisch, Geest-Verlag, Ahlhorn 2000, ISBN 3934852297)

 

 

Liebt er mich
oder liebt er mich nicht?

Der Typ antwortet mal:
"Ich weiß noch nicht."

Oder mal:
"Ich muss mir erst mal alles durch den Kopf gehen lassen.
Es ist mir auf einmal zu viel."

Manchmal sagt er gar nichts, und dann redet er wieder verwirrt irgendwas.

Aber die Inderin stellt ihm immer wieder diese Frage, und sie lässt sich von diesen eher verneinenden Antworten durchaus nicht verletzen. Im Gegenteil: Sie lächelt äußerlich, und im Herzen lacht sie ihn aus:

"Höchstwahrscheinlich ist dieser Mensch hilflos meiner Liebe verfallen. Und er ist vielleicht wie andere seiner Zeitgenossen Opfer seiner Zeit..."

Sie lächelt öfter, und innerlich lacht sie ihn wahrscheinlich weiter aus, auch weil seine Haare seinen Kopf verlassen haben. Aber die Inderin fasst seine Glatze an und sagt: "Na, mein Süßer!" Und der Typ sieht glücklich und stolz aus.


(Aus: Die Inderin, Wiesenburg Verlag,
Schweinfurt 1999, ISBN 3-932497-32-5, DM 19, 80)