(...) Alles war für mich geheimnisvoll in diesem Haus, in den vernachlässigten Gassen, in den unbekannten Existenzen, die mich umgaben, in dem tiefen Ton der Meeresferne. Zu dem Haus gehörte ein Garten, der mir riesig und ungepflegt vorkam, mit einer vom Regen beschädigten Mittellaube, einer von Winden überrankten Laube aus weißem Holz. Außer meiner unbedeutenden Person betrat nie jemand diese schattige Einsamkeit, wo Efeu gedieh, Geißblatt und meine Dichtung. Natürlich gab es in jenem seltsamen Garten noch einen anderen faszinierenden Gegenstand: das war ein großes Boot, Waise eines großen Schiffbruchs, das da im Garten ruhte ohne Wogen und Sturm, gestrandet im Mohn.

Das Seltsame an jenem verwilderten Garten war nämlich, dass dort beabsichtigt oder unbeabsichtigt nur Mohn wuchs. Die anderen Pflanzen hatten sich aus der schattigen Umfriedung zurückgezogen. Große Blüten, weiß wie Tauben, gab es dort, scharlachrote wie Blutstropfen, maulbeerfarbene und schwarze wie vergessene Witwen. Ich hatte nie solche Unmengen von Mohn gesehen und sah dergleichen auch nie wieder. Wenn ich sie auch respektvoll anblickte, mit einer gewissen abergläubischen Scheu, die unter allen Blumen nur sie einflößen, so riss ich doch dann und wann eine ab, deren gebrochener Stängel eine säuerliche Milch in meinen Händen zurückließ und einen Hauch von unmenschlichem Duft. Dann streichelte ich die prächtigen seidenen Blütenblätter und verwahrte sie in einem Buch. Sie waren für mich Flügel großer Falter, die nicht fliegen konnten. (...)


(Aus "Ich bekenne, ich habe gelebt" von Pablo Neruda)