Henriette Vásárhelyi: "immeer"
Tribut an die Trauer
        
        Für Eva Blach bricht eine Welt zusammen, als ihr Freund Jan, in den sie
        schon seit Jahren verliebt
        war, stirbt. Weder Heiner, der den Verlust mit Eva teilt, noch ihre
        Eltern können der Frau helfen, ihre Trauer zu überwinden und den Verlust
        zu verarbeiten. Eva spricht mit Fliegen und später mit Möwen. Doch sie
        vertraut sich keinem an, der ihr wirklich helfen kann.
        Auch Monn, der Jans alte Nummer übernommen hat und den Eva ständig
        anruft, kann nicht viel bewirken. Evas Griff zum Alkohol
        und ihre Abschottung von der Welt veranlassen ihn, sie in
          eine Psychiatrie einzuweisen. Besserung scheint sich einzustellen.
        Doch Eva lebt nur mehr in der "Janzeit". Das Hier und Jetzt,
        Monns Liebe, Jans Sachen zu packen - all das ist ihr fremd. Ihre
        Gedanken kreisen nur um den Toten, der für sie greifbarer ist als die
        Realität. Die Stille der Realität und die miteinhergehende Einsamkeit
        kann sie nicht länger ertragen. Schließlich entscheidet Eva sich, Jan
        auf seinem Weg zu folgen.
        
        Die Autorin schildert den Leidensweg einer jungen labilen Frau, die
        einen Verlust nicht verkraften kann. Der Leser begleitet Eva jedoch
        nicht durch ihre depressiven Stimmungen. Die Vergangenheit der
        Hauptfigur wird ebenfalls offengelegt. Jans Krankheit - mit Eva als
        seiner ständigen Begleiterin - wird beleuchtet.
        Henriette Vásárhelyi liefert dem Leser mit ihrem Werk eine Geschichte
        voller Melancholie.
        Unvergleichlich im Stil und in der Wortwahl brennt sich der Text in die
        Köpfe der Leser ein. Jemand, der sich von diesem Buch Hoffnung oder ein
        gutes Ende erwartet, ist fehl am Platz. Stattdessen
        werden Verstörung, Depression
        und manchmal sogar Verwirrtheit präsentiert, die es erschweren, sich in
        die Hauptfigur hineinzuversetzen. Einzig die Erinnerungen an längst
        vergangene Tage ermöglichen dem Leser, Eva Blachs Entscheidungen und
        Gefühlszustände nachzuvollziehen. Verstörende und unverständlich
        deprimierende Empfindungen spiegelt der Text gekonnt wider.
        
        Henriette Vásárhelyis Manuskript wurde zurecht mit dem
        "Studer/Ganz-Preis" ausgezeichnet. Dieser Roman, der die Grundlage für
        die Karriere der bis dato kaum bekannten Autorin zu sein scheint, lässt
        auf weitere unvergleichliche Texte hoffen. Mit unüberwindbarer Trauer
        und Depression, vereint in einem Roman, beschreitet Henriette Vásárhelyi
        ihren Weg.
(Sabrina Brugner; 10/2013)
Henriette Vásárhelyi: "immeer"
        Dörlemann, 2013. 191 Seiten.
        
        
            
              Buch bei thalia.at bestellen
        
        
        
          Buch
              bei amazon.de bestellen
Henriette Vásárhelyi, geboren 1977 in Ostberlin und aufgewachsen in Mecklenburg, ist ausgebildete IT-Systemkauffrau und studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.