Svealena Kutschke: "Etwas Kleines gut versiegeln"
Dieser Roman der Berlinerin Svealena Kutschke ist die Geschichte einer Suche: der Suche nach Identität, der Suche nach den Spuren der eigenen Biografie.
Es geht um die junge Lisa. Lange hat sie mit ihrem
Bruder B. zusammengelebt, einem Mann, den sie geliebt hat, obgleich
dieser viel lieber eine Frau gewesen wäre. Als B. stirbt,
fällt Lisa in ein tiefes psychisches und existenzielles Loch,
aus dem sie sich nur dadurch zu befreien glaubt, an das andere Ende der
Welt zu flüchten. Sie fliegt
nach
Australien, wo sie bei einem Mann namens Marc unterkommt,
einem früheren Geliebten ihres Bruders. Er nimmt sie gerne
auf, ist ein umkomplizierter Mensch und kann mit dem
ungewöhnlichen Leben, das Lisa nun in Sydney führt,
umgehen. |
Die Dunkelheit stürzte wie eine Decke vom
Himmel, ich vermisste die lange Dämmerung des Nordens.
Manchmal hatte ich das Gefühl, ich wäre eines Morgens
an den Strand gespült worden und Marc hätte mich
aufgelesen, zusammen mit anderem Treibholz. Er hatte mir einen Job
besorgt, er drehte mir klitzekleine Joints, er strich mir hin und
wieder über den Kopf. |
Immer
hat sie "Sudden
Smith" dabei, eine kleine Holzfigur, mit der sie endlose und
tiefsinnige existenzielle Gespräche führt. Mit "Sudden
Smith"
diskutiert sie Fragen und Themen, die Miranda July in ihren
Büchern, die Lisa
liebt, gestellt hat und die das Künstlerpaar Fischli &
Weiss immer wieder
thematisiert.
Eines Tages findet Lisa auf der
Straße in Sydney ein Bild, das sie selbst zeigt an einem Ort,
den sie nicht
kennt. Als sie nach schier endloser Suche zusammen mit Marc diesen Ort
endlich
findet, begegnen sie Mora, einer Frau, die unter ihrer dicken Schminke
einen
Mann "versteckt". Klar, dass sofort die Erinnerung an B. hochkommt, der
auch eine
Frau sein wollte.
Marc, Mora und Lisa unternehmen nun eine Reise durch die
Wüste,
was die Autorin
auch als Metapher verstanden wissen will, wie man jedenfalls vermuten
kann.
Die Erfahrungen, die sie dort miteinander und mit sich selbst machen,
die
Grenzen, die sich dort verwischen, sind das Hauptthema des Romans, dem
es
allerdings nicht gelungen ist, mich an irgendeiner Stelle wirklich
anzusprechen.
Er ist mir fremd geblieben, was wohl an seiner Thematik lag.
(Winfried Stanzick; 04/2009)
Svealena
Kutschke: "Etwas Kleines gut
versiegeln"
Wallstein Verlag, 2009. 296 Seiten.
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Svealena Kutschke, geboren 1977 in Lübeck, studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis in Hildesheim. Sie las beim Berliner "Open Mike" und erhielt 2006/2007 das Werkstatt-Stipendium der "Jürgen-Ponto-Stiftung"; Preisträgerin beim "Open Mike" der "Literaturwerkstatt Berlin" 2008.