Xinran: "Verborgene Stimmen"

Chinesische Frauen erzählen ihr Leben


"Wenn du jemanden nicht glücklich machen kannst, wecke keine Hoffnungen in ihm."

Ein bewegendes Buch, unmöglich aus der Hand zu legen - eine Pflichtlektüre um zu begreifen, dass Menschenrechte in vielen Teilen der Erde nur eine leere Worthülse sind!

Chinesische Frauen berichten von ihrem Leben in einem Land, dessen Volkswirtschaft und Gesellschaft sich gegenwärtig rasant verändern, dessen Potenzial für die Weltwirtschaft von großer Bedeutung ist und dessen Lebensqualität für Frauen nach wie vor erschreckend ist. Diese Lektüre macht deutlich, dass gerade im Hinblick auf Menschenrechte noch riesiger Aufholbedarf besteht. Die Vielschichtigkeit der Probleme der chinesischen Frauen wird ganz deutlich, und es wird einiges an Widerstand zu beseitigen sein um diese Ungleichbehandlung, die auch vor der Herrschaft des Kommunismus bereits bestanden hat, zu ändern.

Xinran, die als Moderatorin in einer staatlichen Rundfunkstation arbeitet, wird durch den Brief eines Jungen vom Land, der vom Schicksal eines zwölfjährigen Mädchens berichtet, das von ihren Eltern an einen älteren Mann verkauft und von diesem angekettet gehalten wird, motiviert in Hinkunft mehr auf die Probleme der Frauen einzugehen. So entsteht die Rundfunksendung "Worte im Abendwind", die eine Plattform für Frauen darstellt und gequälten und missbrauchten Frauen ein Forum bietet, sich anonym ihre Sorgen und Ängste von der Seele zu reden. Xinran schafft es mit Hartnäckigkeit und Diplomatie, auch live Telefonate entgegennehmen zu dürfen. Hintergrund der Sendung ist, die vielfältigen Probleme der chinesischen Frauen transparent zu machen und mehr Verständnis und auch vor allem eine gesellschaftliche Umorientierung zu erreichen. Xinran ist von vielen Geschichten, die ihr telefonisch oder via Brief übermittelt werden, immer wieder zutiefst erschüttert und versucht in vielen Fällen persönlich zu helfen oder den tragischen Geschichten auf den Grund zu gehen.

Zahllose Lebensgeschichten von der Kulturrevolution bis heute, von alten und jungen Frauen, rühren teilweise zu Tränen, die Ausweglosigkeit schmerzt und der Mut darüber zu sprechen in einer Gesellschaft, die kaum Erbarmen kennt, ruft Bewunderung hervor.

Die Empathie der Autorin überträgt sich auf den Leser, und glücklich realisiert man, dass die Frauen trotz permanenter kommunistischer Kontrolle und trotz frauenfeindlicher Strukturen Bewältigungsstrategien entwickeln konnten, die einen Teil der Lebensfreude bewahrt haben und den Mut um eine Veränderung der Situation zu kämpfen.

Xinran, 1958 in Beijing geboren, arbeitete jahrelang als Radiojournalistin. Ihre Sendung "Words on the Night Breeze" war in ganz China bekannt und berühmt. 1997 verließ sie China und lebt seither in England.

(margarete; 12/2003)


Xinran: "Verborgene Stimmen"
Knaur.
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Noch ein Buchtipp:

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