Robert van Gulik: "Mord im Labyrinth"

Kriminalfälle des Richters Di, alten chinesischen Originalquellen entnommen


Viele der Kommissare in europäischen Kriminalromanen und -filmen sind Sonderlinge und Versager wie Simon Brenner bei Wolf Haas oder Daniel Käfer in den Büchern Alfred Komareks. Veit Heinichens Triestiner Heißläufer Proteo Laurenti und der menschenfreundliche, manchmal etwas blauäugige Venezianer Guido Brunetti von Donna Leon haben Probleme mit ihren Vorgesetzten. Henning Mankells Kurt Wallander steckt rundum mitten in einer handfesten Lebenskrise.

Richter Di ist anders; als Untersuchungsrichter irrt er nie, hat vorzügliche Manieren, ist beruflich wie privat ein Garant für Recht und Ordnung und steht selbstverständlich an jedem seiner Einsatzorte immer an der Spitze der chinesischen Beamtenhierarchie. Was auf den ersten Blick einschläfernd fad und unnatürlich konstruiert wirken mag, birgt in den drei gleichzeitig zu lösenden Kriminalfällen ungemein viel Spannung, bietet erstaunliche Einblicke ins Leben im alten China und bezaubert durch das exotische Ambiente.

Der niederländische Autor Robert Hans van Gulik (1910-1967) lebte als Kind mit seiner Familie in der niederländischen Kolonie Indonesien, wo er unter anderem auch Chinesisch lernte. Als Jurist, Orientalist und Diplomat beschäftigte er sich zeit seines Lebens mit chinesischer Geschichte und Kultur.

Seine schriftstellerische Karriere begann van Gulik 1949 mit einer Übersetzung eines aus dem 18. Jahrhundert stammenden chinesischen Kriminalromans über den Richter Di aus der Tang-Zeit im 7. Jahrhundert n.Chr. (dt. Merkwürdige Kriminalfälle des Richters Di). Nach den Erfolgen dieser Übersetzung schrieb van Gulik teils nach chinesischen Quellen weitere 15 Romane und acht Kurzgeschichten über Richter Di, der im Laufe von rund zwanzig Jahren vom Bezirksrichter an der Grenze des Reiches bis zum Obersten Richter in der Hauptstadt aufsteigt.

Mord im Labyrinth ist van Guliks erster selbst geschriebener Richter Di-Roman (1956). Di wurde nach Lanfang an die Westgrenze Chinas versetzt, wo der brutale Bandenchef Tschiän Mao die Stadt terrorisiert, die Beamtenschaft besticht und die Reichen erpresst. Richter Di und sein erprobtes Team - geläuterte, aber dennoch gewitzte ehemalige Räuber und Betrüger - schaffen es durch List und schnelle Entscheidung, rasch wieder Ordnung in der Stadt herzustellen. Doch ein angekündigter Mord in einem abgesperrten Zimmer, ein Fall um ein verschlüsseltes Testament und das Schicksal eines verschwundenen Mädchens stellen Richter Dis Scharfsinn und meisterhafte Detektivarbeit auf eine harte Probe.

Die gehobene Sprache und der strenge Aufbau in kurzen Kapiteln mit je zwei Szenen machen die Lektüre zu einem genussvollen Ausflug in eine Provinzstadt des kaiserlichen China. Van Gulik illustrierte das Buch selbst mit Holzschnitten im chinesischen Stil, ein Nachwort des Autors informiert über die Rolle kaiserlicher Beamter und das chinesische Justizsystem.

(Wolfgang Moser; 01/2006)


Robert van Gulik: "Mord im Labyrinth"
(Originaltitel "The Chinese Maze Murder")
Übersetzt von Roland Schacht.
Diogenes, 2005. 320 Seiten.
ISBN 3-257-21381-6.
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Robert van Gulik wurde am 9. August 1910 in Zutphen, Niederlande, geboren. Er starb am 4. September 1967 in Den Haag. Robert van Gulik war ein Sinologe, der sich sowohl für mittelalterliche Rechtsprechung wie für das Sexualleben der alten Chinesen interessierte; ein brillanter Linguist, der ein Dutzend Sprachen beherrschte; ein Musiker, der die siebensaitige chinesische Laute spielte; ein holländischer Künstler, der Bücher illustrierte; ein humorvoller Familienvater, der sich auch mit seinen nichtmenschlichen Hausgenossen, den Gibbons, blendend unterhielt; ein Diplomat, der seine Karriere mit einem Botschafterposten in Japan krönte; ein Krimiautor, der erfolgreiche Romane schrieb: Die Rede ist von einem erstaunlichen Mann, Dr. Robert van Gulik. Der Autor der berühmten "Richter Di"-Romane starb im Alter von 57 Jahren an Lungenkrebs.

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"Merkwürdige Kriminalfälle des Richters Di"
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