Armin Strohmeyr: "Sophie von La Roche"

Eine Biografie


Die große Dame der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts

Autor
Der Autor Armin Strohmeyr (geboren 1966) studierte Literatur- und Musikwissenschaften und promovierte über ein Thema zu Klaus Mann. Er verfasste bislang sechs Biografien, worunter sich auch eine mit den "Frauen der Brentanos" beschäftigt, wovon Sophie von La Roche praktisch eine Ahnin ist. Armin Strohmeyr lebt als freier Autor in Berlin.

Inhalt
Liest man sich durch die deutsche Literatur von Aufklärung über Klassik bis zur Romantik, so taucht gelegentlich eine Sophie von La Roche auf. Zu Anfang als Verlobte, dann als erfolgreiche Autorin, als Veranstalterin literarischer Salons, als Korrespondenzpartnerin, und am Ende ist sie die Ahnin einer ganzen Literatenfamilie, nämlich der von Arnims und der Brentanos. Es ist also an der Zeit, die Vita dieser Dame am Stück zu lesen, wozu sich das vorliegende Buch anbietet.

1730 wird Sophie als Tochter eines Arztes namens Gutermann geboren, der ihr aus konfessionellen Gründen ihre große Liebe versagte, was sie ihm Zeit ihres Lebens auch nicht mehr verzieh. Kindheit und Jugend verbrachte sie im Wesentlichen in Augsburg und Biberach an der Riß, dem Heimatort des drei Jahre jüngeren Cousins Christoph Martin Wieland, einem der späteren Fixsterne der Weimarer Klassik. Doch der frühe Wieland, mit dem Sophie sogar verlobt war, war noch ein arger Springinsfeld.

So heiratete Sophie den später geadelten Georg Michael La Roche. Dieser war unehelicher Sohn des Staatsministers von Mainz Graf Friedrich von Stadion, dessen Residenz in Warthausen nahe Biberach lag. La Roche machte Karriere, und Sophie gebar acht Kinder, von denen nur fünf überlebten. Der intensive Kontakt zu Wieland und dessen literarischem Umfeld brachte sie der Literatur sehr nahe. Und so fungierte Wieland 1771 als Herausgeber ihres anonymen Briefromans "Geschichte des Fräuleins von Sternheim", der selbst Goethe beeinflussen sollte. Diese Erzähltechnik erscheint uns heute etwas antiquiert, doch Briefe hatten damals einen hohen literarischen Stellenwert, wie der Autor betont. Und so verbrachten die literarischen Zirkel bei den La Roches Abende damit, sich gegenseitig unter Strömen von Tränen der Ergriffenheit eigene Briefe und auch die anderer Leute vorzulesen.

Von 1771 bis 1780 lebten die La Roches in Koblenz, wo sie auch Goethe besuchte. Das Ende dieser Koblenzer Epoche gestaltete sich allerdings abrupt, denn der Liberale Politiker Georg Michael von La Roche hatte sich viele Feinde gemacht, insbesondere in den Reihen des Klerus, und wurde 1780 entlassen. Des Hauptteils des Einkommens beraubt, zogen die La Roches bei einem Freund in Speyer zur Untermiete, und Sophie begann die Ernährung der Familie in die Hand zu nehmen.

Zwischen Januar 1783 und Dezember 1784 brachte sie 24 Exemplare einer Zeitschrift namens "Pomona" im Alleingang heraus. Ziel war die sittliche Unterweisung junger Damen, damit aus ihnen wertvolle Haus- und Ehefrauen würden, der gehobenen Mittelschicht und der Oberschicht, wohlgemerkt. Von Emanzipation war jedoch kaum etwas zu entdecken. 1786 erwarb sie mit Hilfe ihres vermögenden Schwiegersohns Brentano ein Haus in Offenbach, das sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1807 bewohnte.

Nach ihrem Erfolg mit der "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" entwickelte sie sich zu einer fleißigen Autorin, die jedoch im Wesentlichen dem Genre der erbaulichen und empfindsamen Romane verbunden blieb. Während der letzten zwanzig Jahre ihres Lebens legte sie aber eine vergleichsweise rege Reisetätigkeit an den Tag, die sie auch zu intensiven Reisetagebüchern verleitete. Diese Reiseliteratur, die sich eines Blickes wert erweisen könnte, wird dieser Tage wieder frisch in der Edition Isele im südbadischen Eggingen herausgegeben.

Sophie entwickelte sich als Schriftstellerin jedoch nicht über das Rokoko hinaus, und so stand sie den neuen Strömungen mehr oder weniger hilflos gegenüber. Schiller war ihr wie der gesamte Sturm und Drang unbegreiflich; dafür steckte sie zu einfach tief in ihren pietistischen Wurzeln.

Bewertung
Das Buch ist chronologisch thematisch gegliedert und mit knapp 300 Seiten schnell gelesen. Es bietet den Vorzug, das späte 18. Jahrhundert aus einer anderen Perspektive zu beleuchten und interessante Verbindungen zu den Protagonisten dieser Epoche aufzuzeigen. Sophie von La Roche leistete aber auch Neues und schrieb so ein Stück deutscher Literaturgeschichte - man denke nur an die Zeitschrift namens "Pomona", mit der sie zwei Jahre lang die Familie über Wasser hielt.

Das Buch enthält keine Anmerkungen und keine textbezogenen Quellenverweise. Neben einem etwas lieblos wirkenden doppelseitigen Stammbaum weist der Anhang eine siebenseitige Auswahlbibliografie auf. Hierzu gilt der Standardhinweis des Rezensenten, dass eine schlichte Hervorhebung der zum Erscheinungszeitpunkt des Buchs lieferbaren Titel den Nutzen dieser Auswahl deutlich erhöhen würde.

Eine quasi zum Standard gewordene Annehmlichkeit zeitgemäßer Biografien liegt in einem Personenregister, das einem Buch nach dem erstmaligen Lesen den Mehrwert des wieder verwendbaren Nachschlagewerkes bietet. Doch dieses Register lässt das vorliegende Buch leider vermissen.

(Klaus Prinz; 11/2006)


Armin Strohmeyr: "Sophie von La Roche"
Reclam Leipzig, 2006. 303 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:

Sophie von La Roche: "Geschichte des Fräuleins von Sternheim"

Sophie von La Roche entwirft in ihrer "Geschichte des Fräuleins von Sternheim", erstmals 1771 erschienen, die utopische Vision einer Frau, die die Werte und Bezugssysteme der höfisch-männlichen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts durch eine ländlich-weibliche Gesellschaft ersetzt, die auf der Grundlage "übender Tugend" gedacht ist. Der Roman endet mit einer weiblichen Utopie. (Reclam)
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