Arnie Lade: "Selbstheilung mit Qi"

Das Standardwerk der Energiemedizin


Der 1953 in Deutschland geborene Autor Arnie Lade arbeitet als Akupunkturspezialist und Energietherapeut in Kanada. Er beschreibt in seinem Buch sehr anschaulich die Wurzeln seines holistischen Ansatzes, eines Modells, das er als Somatoenergetik bezeichnet, weiters beschreibt er unterschiedliche Systeme und vertritt die These, dass unsere Lebenskraft während der embryonalen Entwicklung, des Wachstums des Fötus, der Geburt, der Kindheit, in der Jugend, im Erwachsenen- und im Greisenalter präsent ist. Sie begleitet uns während des gesamten Lebenszyklus bis zum Tod. Dann löst sich diese Energie auf und erlaubt es dem physischen Körper, zu den Elementen zurückzukehren. Die später ausführlich beschriebenen drei somatischen Systeme bilden integrale Merkmale des energetischen Terrains. Sie sind eng mit der Gesundheit sowohl des Geistes als auch des physischen Körpers verbunden.

Arnie Lades Kritik am westlichen Modell der Gesundheitsvorsorge und Krankheitsbehandlung fußt auf den mittlerweile auch für viele Mitmenschen wesentlichen Punkten wie dem zeitgenössischen wissenschaftlichen Ansatz, der sich durch ein Gefühl des Abgetrenntseins und eines kalten Materialismus charakterisieren lasse, weiters der Technologie, die von der Wissenschaft profitiere. Lade vermeint zu erkennen, dass man nach der teilweisen Abkehr vom alten wissenschaftlichen Paradigma, in dem davon ausgegangen wurde, dass die Analyse, die Logik sowie das kritische und rationale Denken zum größtmöglichen Erfolg bei der Erlangung von Wissen führen würden, nun mittlerweile eher auf Wahrnehmung sowie nichtlineares, holistisches und intuitives Denken gesetzt werde. Seine Hoffnung ruht nicht zuletzt auf Ansätzen wie der Gaia-Hypothese, die sich wachsender Akzeptanz gegenüber sieht, - einer Theorie, in der die Beweise für die Existenz eines aus einem dichten Netzwerk organischer und anorganischer Anteile der Oberfläche der Erde bestehenden Gesamtsystems, einer Art Mega-Organismus, zusammengefasst sind, der zufolge die Erde ein lebendiger Planet ist, in dem Gaia, die alte Göttin, die im Archetypus der Erdmutter in den meisten Religionen vorkommt, und die Menschen ein Teil des Ganzen sind. Daher liege unser Schicksal als menschliche Wesen nicht nur in dem begründet, was wir für uns selbst tun würden, sondern stehe in Abhängigkeit zu der gesamten Gaia.

Lade ortet einen ähnlichen Wandel auch in den Heilkünsten, ihm erscheint wichtig, dass die Medizin die Gesamtheit des menschlichen Lebens ins Auge fasse, weg von der bestehenden Mentalität des Verhaltens, als würde man nur Maschinen reparieren. Die Medizin müsse endlich erkennen, dass ein denkendes und fühlendes Wesen, das in einer spezifischen Umgebung lebe, ein umfassenderes Behandlungssystem benötige. Der Autor sieht das grundsätzliche Problem in der Tatsache, dass die Medizin immer noch in der alten Wissenschaft eingeschlossen sei und man von den Krankheiten nach wie vor annehme, ihr Ursprung sei in chemischen, biologischen, genetischen oder physikalischen Faktoren zu suchen. Was dabei nicht beachtet werde, sei der die Materie durchdringende, formende und führende Faktor, von dem Lade annimmt, dass es sich dabei um Energie handle. Er schreibt, dass während des gesamten Lebens, von der Empfängnis bis zum Tod, der physische Körper von einer Lebenskraft, einer Struktur gebenden Energie zusammengehalten werde. In seinem Buch benennt er diese Lebenskraft mit energetischem Terrain, einem der Schlüsselbegriffe seiner Arbeit.
In früheren Zeiten als "Lebensleib" oder "Ätherleib" bezeichnet, forme diese Energie unsere Körper und kreiere deren Strukturen, sie heile unsere Wunden und erlaube es Körper, Seele und Geist als Einheit zu agieren. Für Lade scheint völlig klar zu sein, dass Energie den verbindenden Faktor von Geist, Seele und Körper darstellt, sein Buch ist eine Studie über die Rolle und die Struktur von Energie innerhalb des menschlichen Lebens.
Sein Wissen darüber eignete er sich durch jahrelange Studien verschiedener östlicher und westlicher Heilkünste und Disziplinen, die auch heute noch das Konzept der Energie bzw. der Lebenskraft beinhalten, und Beschäftigung mit dem energetischen Terrain an. Zusätzlich durfte er bei einigen spirituellen Lehrern der verschiedensten Traditionen studieren.

Seine der Arbeit zugrunde liegende Philosophie wurzelt in den traditionellen Lehren Asiens, hauptsächlich in Taoismus, Yoga und Tantra, sowie den entsprechenden Heilkünsten, also der chinesischen Medizin und dem Ayurveda. Darüber hinaus flossen in dieses Werk, das insgesamt einen integrativen und eklektischen Ansatz verfolgt, auch Elemente aus der Biomedizin, der Osteopathie und der Psychologie ein. Die Intention des vorliegenden Buches skizziert Lade dahingehend, dass es sein Anspruch sei, eine Art Landkarte dieser subtilen Energie zu entwerfen und Erklärungen dafür zu bieten, wie sie sich in verschiedensten Formen und Funktionen manifestiert. Er erläutert darüber hinaus die Rolle der Energie bei der Vereinigung von Geist, Seele und Körper sowie die möglichen Anwendungen dieses neuen Energiekonzepts innerhalb der Heilkunst.

Lade vergleicht äußere Plätze, die Menschen entweder schon immer als heilig galten oder zu denen sie eine spezielle Affinität verspüren, in der eine äußere spirituelle Realität erfahrbar wird, mit dem heiligen Terrain innerhalb der menschlichen Existenz, jenem Terrain, das aus Geist, Seele und Energie und Form gebildet wird. Er zitiert einige jener Lehren, die innerhalb der gesamten Menschheitsgeschichte entwickelt wurden, die dieses innere Terrain beschreiben und einteilen, von den asiatischen Traditionen beschäftigt ihn ganz besonders der Taoismus, der vor über 2.500 Jahren in China entstand, eine philosophische und spirituelle Bewegung, die Chinas Kultur nachhaltig beeinflusste; verdanken doch die Literatur, die schönen Künste generell, die Medizin, die Wissenschaften sowie die Kampfkünste ihr innerstes Wesen dem Taoismus.

Die anderen asiatischen Quellen, die Lade inspirieren, sind Yoga und Tantra, beide Traditionen stammen aus Indien und sind sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus fest verwurzelt. Zudem beinhaltet und ergänzt die medizinische Tradition Indiens, das Ayurveda, sowohl die Lehren des Yoga als auch die des Tantra. Beiden ist die Annahme eigen, dass in jedem Menschen eine subtile, formative Sphäre existiert.

Weiters prägten den Autor Traditionen des amerikanischen Kontinents. Er zitiert den amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell, der die sakrale energetische Landschaft aus einer kulturübergreifenden und mythologischen Perspektive heraus beschreibt. Campbell war über Übereinstimmungen der indischen Beschreibungen und jenen von Navaja-Indianern, einem nordamerikanischen Stamm, erstaunt. Parallelen finden sich auch bei den Maya, in deren Kultur ebenfalls eine umfassende Vorstellung der inneren Dimension entwickelt worden ist, bei denen die chaklas die Grundlage des spirituellen und energetischen Terrains bilden, wobei allein der Terminus chakla in nahezu unglaublicher Weise an die Sanskrit-Bezeichnung chakra erinnert.
Neben dem historischen existiert ein psychologischer Ansatz, dem zufolge die kulturell unterschiedlichen Traditionen und Lehren auf bestimmte Individuen zurückgehen, die mit dem transpersonalen Infrabewusstsein der Menschheit kommunizieren. Dabei handelt es sich um eine Quelle der Wahrnehmung und des Wissens in uns.
Von C. G. Jung wurde diese Sphäre "das kollektive bzw. transpersonale Unbewusste" genannt, Lade bevorzugt den Begriff Infrabewusstsein, eine Bezeichnung, die sich im Buch immer wieder findet, wobei infra "unterhalb" bedeutet und sich auf eine andere Stufe bezieht, nicht auf eine Nicht-Anwesenheit. Die Einsichten in das transpersonale Infrabewusstsein scheinen immer innerhalb gleicher Zeitperioden an den verschiedensten Plätzen der Erde stattzufinden, daher biete die psychologische Interpretation eine Erklärung dafür an, warum es in zwei geografisch voneinander getrennten Zivilisationen parallele Mythen, Glaubensvorstellungen, medizinische Praktiken, technologische Entdeckungen etc. geben kann.

Lade beschreibt ausführlich seine Denkweise, die ihn zu seiner Art der Behandlung geführt hat. Jedes Kapitel endet mit einer Übung, in der er den Leser eigene Erfahrung spüren lässt und die sich sehr gut auch für Laien eignen, tiefe Erkenntnisse zu gewinnen, wenn man bereit dafür ist.

Ein wesentliches Kapitel beschäftigt sich mit dem psychoenergetischen Kern, der gleichzeitig auch einen Kern von Lades Arbeit darstellt, in dem er in sein Modell der fünf transversalen Ströme einführt, immer wieder auf Parallelen im chinesischen und tibetischen System verweist und wichtige Begriffe wie Ton und Licht erklärt.

Ein Kapitel widmet sich den sieben Zentren des psychoenergetischen Kerns, deren chinesischen und indischen Begriffen und ihren Eigenschaften und Zusammenhängen.
Danach folgt eine umfassende Erläuterung der embryonalen Entwicklung, der so genannten embryonalen Gefäße, energetische Felder, die neben den transversalen Strömen nach dem psychoenergetischen Kern die subtilsten Strukturen bilden.
Wichtig für Lades Arbeit mit Patienten ist seine umfassende Kenntnis der Zusammenhänge zwischen den Meridianen, Qi und den Faszien, denen ein weiteres Kapitel gewidmet ist.

Den für mich wichtigsten Abschnitt stellt das Kapitel "Heilungskonzepte und Meditation" dar, in dem Lade erörtert, auf welche Weise die energetische Landkarte in Unordnung geraten kann und wie die verschiedenen energetischen Systeme zu ihrer normalen Funktionsfähigkeit zurückgeführt werden können, - hiezu benennt er auch eine Anzahl spezifischer therapeutischer Verfahren, die zusätzlich am Ende des Buches im "Führer der empfohlenen Heilverfahren" näher beschrieben werden.

Stellenweise ist das Buch für interessierte Laien ohne medizinisch-wissenschaftlichen Bezug schwer zu lesen, der Autor selbst regt aber an, diese Seiten zu überspringen, da sie für das Verständnis insgesamt nicht von wesentlicher Bedeutung sind.

Das Buch trägt den Untertitel "Standardwerk der Energiemedizin" mit Recht, es sollte in keiner einschlägigen Bibliothek fehlen!

(Gabriele Klinger; 08/2004)


Arnie Lade: "Selbstheilung mit Qi"
O. W. Barth, 2004. 288 Seiten.
ISBN 3-502-61090-8.
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