Anne Rice: "Hohelied des Blutes"

Aus der Chronik der Vampire


Die Abenteuer des Vampirs Lestat gehen weiter, und er begegnet uns direkt auf der ersten Seite in seiner gewohnten "Bescheidenheit": Zunächst ereifert er sich über die Reaktionen der Leser auf "Memnoch der Teufel". Sie waren ihm eindeutig nicht enthusiastisch genug. Dann erwähnt er noch seine persönlichen Träume davon, ein Heiliger zu sein - und in dieser Funktion angebetet zu werden, Wunder zu tun und ein kleines tête-à-tête mit dem Papst zu haben. Dann - endlich - beginnt er mit der eigentlichen Geschichte.

Nach den Ereignissen, die in "Blackwood Farm" erzählt wurden, lebt Lestat immer noch in Quinns Haus und fühlt sich dort eigentlich ziemlich wohl. Kompliziert wird die Geschichte allerdings dadurch, dass die junge Mona Mayfair aus dem Krankenhaus geflohen ist und sich - sterbenskrank - ebenfalls im Haus eingenistet hat. Sie möchte gerne in der Nähe ihres geliebten Quinn sterben, wobei sie sich ein wenig wie Hamlets Ophelia gebärdet. Um dem Elend ein Ende zu bereiten beschließt Lestat, die junge Frau zu einer Vampirin zu machen. Kaum  ist dieses geschehen, tauchen Rowan, Michael und Lucien Mayfair auf, wobei der Letztere als Geist nur von Lestat wahrgenommen wird. Sie wollen die junge Frau zurückholen, aber stattdessen sehen sie sich gezwungen, verschiedene technische Geräte zurückzulassen. Kaum sind die Mayfairs verschwunden, als Quinn und Lestat Mona aus dem Haus in ein Hotel entführen, damit sich die Frau erst einmal an ihre neue Situation gewöhnen kann. Hierbei erweist sich als ein wenig hinderlich, dass Lestat sich in Rowan verliebt hat.

Im Laufe der weiteren Ereignisse wird auch schnell die Talamasca hineingezogen und muss schließlich als Vermittler zwischen den Mayfair-Hexen und den Vampiren auftreten. Dabei erfahren nicht nur die Mayfairs eine Menge über Lestat und Quinn, sondern aus  Rowans Mund erfahren sie auch über die Ereignisse in der Mayfairfamilie - angefangen von der Taltos-Affäre, die sowohl Rowans Unfruchtbarkeit wie auch Monas Krankheit hervorgerufen hat, über die Schwierigkeiten mit dem Familiengeist Lasher bis hin zu den Hintergründen der Arbeit von Mayfair Medical. Hierbei stellt sich heraus, dass Monas Krankheit auf die Geburt eines weiblichen Taltos zurückzuführen ist, der kurz nach der Geburt von einem anderen Taltos namens Ash fortgebracht worden ist. Alle Ressourcen der Mayfairfamilie konnten nicht dabei helfen, sie wieder ausfindig zu machen, was Mona Rowan zunächst nicht abnimmt. Erst als Lestat ihr verspricht, sich selbst auf die Suche zu machen, beruhigt sich die Neuvampirin ein wenig.

Durch E-Mail, ein Medium, das ihm noch gänzlich unvertraut ist, erhält Lestat von Mahareth, die Urmutter der Vampire, einen entscheidenden Hinweis auf den Verbleib der Taltos, die sich anscheinend auf einer Insel in der Karibik versteckt haben. Dort angekommen stellen die drei Vampire fest, dass diese Insel mittlerweile von einem Drogenbaron namens Rodrigo übernommen wurde, der sich - zusammen mit seiner Mutter - die überlebenden drei Taltos als eine Art sexuelle Schoßtiergruppe hält. Eine Information, deren Einholung Rodrigo und seine Männer nicht sehr lange überleben.

Etwas philosophischer als die anderen Lestat-Romane, bindet "Hohelied des Blutes" die Mayfair- und die Vampirsaga immer enger aneinander, und am Ende muss man als Leser feststellen, dass dies wohl noch geraume Zeit weitergehen wird. Die Sprache ist so überladen, wie man es von Rice-Romanen gewohnt ist, was die Lektüre stellenweise mit unangenehmen Längen füllt, aber den wahren Liebhaber nicht abschrecken wird.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2005)


Anne Rice: "Hohelied des Blutes"
(Originaltitel "Blood Canticle")
Hoffmann & Campe, 2006. ca. 600 Seiten.
ISBN 3-455-06268-7.
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"Gespräch mit einem Vampir"

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