James Patterson: "Vor aller Augen"

Es geschieht vor aller Augen, in Supermärkten, auf Parkplätzen, in ihren Häusern: Scheinbar wahllos werden unbescholtene Männer und Frauen entführt. Die Opfer bleiben spurlos verschwunden.


Das Geld zu haben um sich jeden Wunsch zu erfüllen, scheint märchenhaft zu sein. Aber es gibt Wünsche, deren Erfüllung geradezu albtraumhafte Züge annehmen kann. Und so hat sich im Internet eine Gemeinschaft von Menschen zusammen gefunden, deren Wünsche normalerweise niemals erfüllt würden, wenn sie nicht einem großen Versucher einen hohen Preis dafür böten. Der Wolf - eine fast mythologische Verbrecherfigur russischer Abstammung, mit Wurzeln im ehemaligen KGB - hat sich unter anderem darauf spezialisiert, diesen Männern auf seiner "Wolfshöhle" genannten Webseite die Erfüllung ihrer ganz spezifischen Wünsche anzubieten. Gegen teilweise sechsstellige Beträge können sie hier frei Haus Menschen zu ihrer Verfügung geliefert bekommen. Eine spezifische Frau, einen spezifischen Mann oder auch nur eine Peson, die einem bestimmten Typ entspricht. Sobald das Geld überwiesen ist, brechen Entführungsprofis auf und holen diese Personen von der Straße. Lange Zeit geschieht dies im Verborgenen, bis zwei der Kidnapper bei der Entführung von Elizabeth Connelly beobachtet werden. Da wird die Polizei auf den Fall aufmerksam und Ermittlungen beginnen. Und da ihr Mann Richter ist, wird auch unverzüglich das FBI hinzugezogen.

In Quantico befindet sich zu dieser Zeit Alex Cross beim Orientierungstraining. Sein Trainer ist mit ihm nicht ganz zufrieden, da ihm der gestandene Polizist nicht mit der gewohnten Unterwürfigkeit begegnet und außerdem noch eine Sondererlaubnis hat, nach dem Training nach Hause zu fahren, was sonst keiner der auszubildenden Agenten darf. Als er dann auch noch mitten aus dem Training geholt wird, weil ein Polizist, mit dem er früher zusammengearbeitet hat, um sein Leben fürchtet, da er einen Korruptionsring seiner Kollegen auffliegen lassen wollte und sich nun mit seiner Familie als Geiseln in seinem Haus verschanzt hat - und ausgerechnet nur mit Alex verhandeln möchte - da geht dem Ausbilder diese Sonderbehandlung fast zu weit. Als kurz darauf auch noch ein Entführungsopfer von seinem Peiniger freigelassen wird, da dieser sich tatsächlich in sie verliebt hat, und Alex auch zu diesem Fall gerufen wird, ist die Feindschaft zwischen den beiden Männern besiegelt.

Doch Alex hat ganz andere Probleme. Er weiß immer noch nicht genau, wie er seine Beziehung zu Jamilla weiterentwickeln soll, und nun kommt auch noch Christine zurück und beginnt einen Sorgerechtstreit um den kleinen Alex. Daneben muss sich Alex Cross auch noch mit dem seltsamen Weißen-Sklaven-Ring auseinander setzen, hinter dem der "große böse Wolf" steht. Die Ermittlungen ziehen immer weitere Kreise auf dem amerikanischen Kontinent und schließlich auch bis in die ehemalige UdSSR. Immer wieder werden Männer verhaftet, die man verdächtigt, "der Wolf" zu sein, wobei sich stets kurz danach herausstellt, dass dieser hinter einer weiteren Reihe von Spiegeln verborgen ist. Gleichzeitig beginnt der schattenhafte Gegenspieler auch, seine Jäger ins Visier zu nehmen und das FBI sieht sich auf einmal unter Beschuss von allen Seiten. Niemand ist mehr sicher, weder Agenten, noch Verwaltungsleute, noch die Familien dieser Menschen. Denn für "den Wolf" scheinen sie alle nur Variationen des Rotkäppchens zu sein. Am Ende bleibt die Geschichte noch offen, so dass die Leser zur Auflösung nur dem nächsten Band entgegen fiebern können ...

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2003)


James Patterson: "Vor aller Augen"
(Originaltitel "The Big Bad Wolf")
Übersetzt von Edda Petri.
Blanvalet, 2005. 380 Seiten.
ISBN
3-442-36167-2.
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