Ingrid Noll: "Ladylike"


Es ist anzunehmen, dass der neue, mittlerweile achte Roman der spätberufenen Schriftstellerin Ingrid Noll ihre Lesergemeinde voll zufriedenstellen wird.

Auch dieses Mal laden die beiden Protagonistinnen besonders die Leserinnen dazu ein, von einem anderen und besseren Leben zu träumen, sich die Männer stilvoll und nicht selten mit leicht kriminellen Mitteln vom Leib zu halten und endlich ein selbstbestimmtes, vom Geld jener leider so früh verstorbenen Männer finanziertes Leben zu führen.
Das Buch ist anregend und amüsant, es liest sich leicht weg und stellt klassische Urlaubslektüre, auch für Gelegenheitsleserinnen, dar.

Zum Inhalt: Lore und Anneliese, beide mittlerweile 73 Jahre alt, kennen einander seit ihrer Schulzeit. Damals war Anneliese diejenige, auf deren Superfigur die jungen Männer geradezu flogen, während Lore eher die Stille und Unscheinbare war. Doch in einer Eigenschaft haben sie sich als erwachsene Frauen einander angenähert und sie unabhängig voneinander zur Perfektion entwickelt: Wie man am besten einen Mann um den Finger wickelt, ihn still und heimlich ausnimmt bzw. sich sein Erbe sichert und ihn dann sanft um die Ecke bringt.

Sie haben nie den Kontakt zueinander verloren und gründen nun in Schwetzingen in Annelieses Haus eine Wohngemeinschaft. Lore, die aus Wiesbaden, wo sie noch ein Geschäft unterhält (wie sie daran gekommen ist, braucht nicht extra erwähnt zu werden), nach Schwetzingen gekommen ist, erzählt nun die Geschichte dieser neuen Zweierbeziehung. Sie blendet immer wieder zurück, so dass man bis zur Hälfte des Buches ihr Leben kennt und vor allen Dingen weiß, wie sie zu ihrem Reichtum gekommen ist.

Anneliese könnte ihr Haus ohne die finanzielle Unterstützung Lores kaum halten, was im Alltag bei der Verteilung der Aufgaben zu manchen kleineren Reibereien und Spitzen führt (wie in jeder anderen Wohngemeinschaft auch). Doch sie reißen sich immer wieder zusammen und leben eigentlich ganz gut und zufrieden. Bis Ewald auftaucht, ein Mann, den sie beide sehr attraktiv finden, was die innerhäusliche Konkurrenz, besonders in seiner Anwesenheit, extrem anfeuert.

Ewald ist nach Auffassung der beiden Frauen nicht aufrichtig zu ihnen; er sagt ihnen nicht, wo er seine Abende verbringt und mit welchen Frauen er sich trifft. Sehr eifersüchtig geworden, schmieden beide Seniorinnen einen Plan, der besonders von Anneliese vorangetrieben und dann ins Werk gesetzt wird. Sie wollen Ewald auf die Schliche kommen ...
Dabei versuchen sie, mehr oder weniger solidarisch mit ihrer Konkurrenzsituation klarzukommen, zumal eines auf alle Fälle klar ist:
Sollte sich Ewald nicht ordentlich benehmen, irgendwann Probleme machen, bleibt ja immer noch ein Kräutlein aus Annelieses Garten ...

Ein lustiger und unterhaltsamer Roman ohne große Ansprüche, ganz im Stil von Nolls früheren Romanen, mit viel schwarzem Humor und trockenem Witz.

(Winfried Stanzick; 02/2006)


Ingrid Noll: "Ladylike"
Diogenes, 2006. 336 Seiten.
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Hörbuch:
Diogenes, 2006. 8 CDs, Spieldauer ca. 592 Minuten.
Sprecherin: Maria Becker.
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