Vidiadhar Naipaul: "Des Nachtwächters Stundenbuch und andere komische Entdeckungen"

Erzählungen
(Hörbuchrezension)

Virtuose des Exzentrischen und lustvoller Chronist der tragikomischen Seiten der menschlichen Natur: Der Nobelpreisträger zeigt sich mit diesen in den 1960er-Jahren entstandenen Texten von einer überraschenden Seite.

Die sieben auf diesem Hörbuch enthaltenen Erzählungen ("Des Nachtwächters Stundenbuch", "Die Tombola", "Die Trauernden", "Das Herz", "Die Geschichte des Bäckers", "Der Feind", "Meine Tante Goldzahn") handeln überwiegend von Menschen aus den unteren Gesellschaftsschichten Trinidads. Dabei ist ihnen allen gemeinsam, dass sie einen völlig unterschiedlichen Blickwinkel auf ihre kleine Welt haben.

Reihenweise erfindet Naipaul skurrile Personen, die sein Trinidad bevölkern - alle auf liebenswürdige Weise Schildbürger und "Max und Moritz" zugleich.

Sylvester Groth, der Sprecher, folgt dem fließenden Rhythmus, dem an den hellen, zarten, aber auch kraftvollen Klang stählerner Trommeln erinnernden, einmal gemächlichen, dann wieder schnell pulsierenden Erzählfluss. Dabei verfällt Sylvester Groth niemals in Pathos oder Karikatur, sondern tanzt mit seinen Stimmbändern auf Messers Schneide und hebt sich dabei keinen Bruch.

(Wolfgang Haan; 12/2005)

Vidiadhar Naipaul: "Des Nachtwächters Stundenbuch und andere komische Entdeckungen"
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Vidiadhar Surajprasad Naipaul wurde am 17. August 1932 in Trinidad geboren und lebt seit 1950 in Großbritannien. Der Romancier, Reiseschriftsteller und Journalist gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der englischsprachigen Literatur. Seine Romane "Ein Haus für Mr. Biswas" und "An der Biegung des großen Flusses" sowie das Sachbuch "Eine islamische Reise" waren Welterfolge. Im Jahr 2001 wurde V. S. Naipaul der Nobelpreis verliehen - "für seine Werke, die hellhöriges Erzählen und unbestechliches Beobachten vereinen, und uns zwingen, die Gegenwart verdrängter Geschichte zu sehen".

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"In den alten Sklavenstaaten"
Der "literarische Forschungsreisende" V. S. Naipaul unternimmt eine Fahrt durch die Südstaaten der USA, wobei er sich mit Veränderung und Beständigkeit, Gegenwart und Vergangenheit auseinandersetzt. Naipauls Hauptinteresse gilt dabei den alten Städten, auf denen noch der Schatten des Bürgerkriegs liegt, die aber auch wachsendes schwarzes Selbstbewusstsein demonstrieren. (List)
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"Die letzte Kolonie. Streifzüge durch die afrikanische Welt"
Was bedeutet es, in einer ehemaligen Kolonie zu leben? Und wie lebt es sich als Kind von Einwanderern fernab der Heimat? Diese Fragen bewegen V. S. Naipaul seit jeher, sie bestimmen auch sein Interesse für den afrikanischen Kontinent. Eine Reise in verborgene Welten.
Als Sohn indischer Eltern wuchs V. S. Naipaul in Trinidad auf, einer ehemaligen britischen Kolonie. Diese komplexe Herkunft und das daraus resultierende Gefühl der Heimatlosigkeit führen Naipaul auf immer neue Reisen. Dabei stellt er stets die alles entscheidende Frage nach der Identität. Welche Spuren hat die Kolonialgeschichte in den betroffenen Regionen und in den Menschen, die dort leben, hinterlassen? Antworten auf seine drängenden Fragen fand Naipaul auf dem afrikanischen Kontinent sowie in den Ländern, in denen heute die Nachfahren afrikanischer Sklaven leben: Jamaika, Trinidad und Mauritius. Seine Essays zeichnen sich durch eine große Nähe zu den Menschen aus, denen er auf seinen Reisen begegnete. Sei es in Trinidad dem uns unbekannten Malik und seiner Black Liberation Army oder aber auch General Mobuto im Kongo. Ein faszinierendes Porträt afrikanischer Welten. (Claassen)
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"An der Biegung des großen Flusses"
Salim, ein indischer Kaufmannssohn von der Ostküste Afrikas, sehr sensibel für politische Veränderungen, verlässt seine Heimat, kurz bevor sich hier ein Umbruch vollzieht, und übernimmt in einer innerafrikanischen Stadt ein heruntergekommenes Geschäft. Er versucht Wurzeln zu schlagen und Perspektiven zu gewinnen, aber die Verhältnisse bleiben labil ...
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"Eine islamische Reise. Unter den Gläubigen"
Wie lebt man in Ländern, in denen die Religion Vehikel politischer Veränderungen ist? Wie lebt man unter der Herrschaft des Islam? Das ist die Frage, die Naipaul den Ajatollahs, Studenten, Mullahs, Dichtern, Lehrern, Journalisten und anderen Gläubigen stellt. Iran, Pakistan, Malaysia und Indonesien sind seine Reiseziele. Es entstehen Porträts von seltener Lebendigkeit, Szenen von Schärfe und Genauigkeit. Manche dieser Porträts verdichten sich zu gestalten von exemplarischer Gültigkeit, wie bei Behzad, dem kommunistischen Studenten aus Teheran, der auf eine Fortentwicklung der religiösen Volksbewegung hofft, am Ende der Reise jedoch, tief enttäuscht, seine eigene Verfolgung befürchten muss.
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"Magische Saat"
Willie Chandrans Leben gleicht einem langen ruhigen Fluss des Scheiterns. Obwohl sein Weg ihn fast um die ganze Welt führt, findet er nicht zu seinen Wurzeln. Obwohl er seine Suche nicht aufgibt, findet er nicht zu sich selbst. Obwohl er immer wieder aufsteht, gibt es keine Richtung für ihn. "Magische Saat" schildert das inständige Ringen einen Mannes um Identität.
Längst ein erwachsener Mann, hat Willie Chandran noch immer nicht seinen Platz in der Welt gefunden. Als seine Aufenthaltsgenehmigung in Berlin ausläuft, trifft der Inder eine radikale Entscheidung. Er wird in seine Heimat zurückkehren. Allerdings nicht in das Haus seines Vaters, nicht in die Stadt, in der er aufgewachsen ist. Sondern als Freiheitskämpfer, der sein Land von dem erlösen wird, was er schon immer gehasst hat: Armut, Kastensystem, Ungerechtigkeit und starre Konventionen. Über verschlungene Wege nimmt er Kontakt zu einer revolutionären Gruppe auf. Die Reise beginnt, und schon am Frankfurter Flughafen, als er sich plötzlich in einer Gruppe Inder wiederfindet, möchte er am liebsten umkehren. In Indien angekommen, bemerkt er, wie weit er sich von der Lebensart seines Volkes entfernt hat. Das alltägliche Zusammenleben mit Joseph, einem Kontaktmann der revolutionären Zellen, gestaltet sich schwierig. Noch größer ist die Enttäuschung, als Willie endlich auf die Kämpfer um Anführer Kandapalli trifft und Teil seiner Truppen wird. Denn ihr Kampf ist nicht sein Kampf. Schlimmer noch, er durchschaut die heuchlerische und verlogene Seite dieser "Revolution". Doch wie soll er aus dieser Sache wieder herauskommen? "Magische Saat" ist das großartige Panorama einer zerrissenen Gesellschaft und einer zerrissenen Existenz. (Claassen)
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"Ein Haus für Mr. Biswas"
Mr. Biswas ist von Geburt an ein Außenseiter: Er wird "falsch herum" geboren, mit sechs Fingern an einer Hand - Unglückszeichen, die ihm von vorneherein eine Sonderstellung in der Familie verschaffen. Als Abkömmling indischer Einwanderer und Sohn eines armen Landarbeiters bleibt er am Rande der Gesellschaft. Dies ist Fluch und Chance zugleich. Und sein größter Wunsch ist ein eigenes Haus.
In "Mr. Biswas" setzt Naipaul seinem Vater ein Denkmal. Der Familien- und Entwicklungsroman spielt in Trinidad, im indischen Milieu der Insel, dem Naipaul selbst entstammt.
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"Der mystische Masseur"
In seinem ersten Roman - der bereits alle seine literarischen Qualitäten zeigt - erzählt V.S. Naipaul die witzig-melancholische Geschichte von Ganesh, dem großen Heiler von Trinidad, und liefert das satirische Porträt eines Dorfes, das den ungewöhnlichen und überraschenden Aufstieg von Ganesh staunend begleitet.
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"Indien"
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Noch ein Buchtipp:

Klaus Näumann: "Parang-Musik in Trinidad. Eine hispanische Tradition in einem anglofonen Land"
Was geschieht, wenn ein Brauch einer anderssprachigen ländlichen Minderheit im Zuge von Nationalismus und Unabhängigkeitsstrebungen binnen kurzer Zeit zu einer populären Musikform aller Bevölkerungsgruppen und zum nationalen Symbol transformiert wird? In dieser auf drei Feldforschungen basierenden Studie des Musikethnologen Klaus Näumann werden anhand der Parang-Musik in Trinidad solche Transformationsprozesse beleuchtet und es wird deutlich, dass sich dies keineswegs nur auf die Musik bzw. deren Aufführungspraxis auswirkt, sondern auch Konfliktpotentiale in der Gesellschaft nach sich zieht. (Lit Verlag)
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