Kurt Lussi: "Liebestrünke"

Mythen, Riten und Rezepte


Berauschende Kräuter

Was haben Cayennepfeffer, Haschisch, Lakritze, Natter-Essenz, Saumagen und Ysop gemeinsam? Sie haben eine aphrodisierende Wirkung! Kurt Lussi befasst sich im vorliegenden Buch - welches übrigens reichlich bestückt ist mit historischen Illustrationen - mit der Praxis des Volksglaubens und der Volksmedizin im Alpenraum - und so erläutert er hier "Mythen, Riten, Rezepte" (Untertitel), die er in historischen Quellen gefunden hat. Dabei stößt er auch auf sattsam bekannte Klischees, dass Liebe durch den Magen geht, Alkohol anregt und Kräuter verdauungsförderlich wirken. Auch Goethe muss an einen Liebestrank gedacht haben, als er Mephisto zu Faust sprechen lässt: "Mit diesem Trank im Leibe, siehst du Helenen in jedem Weibe."

Lussi führt mehr oder weniger appetitliche Beispiele an, wie Mädchen früher junge Männer verlocken wollten: sie trockneten eine Eidechse, zerrieben sie zu Staub und kochten diesen in Wasser, welches der Jüngling trinken musste; oder sie backten Menstruationsblut in einen Kuchen oder ließen ein Stück Zucker unter der Achsel schwitzen, welches sie dem Jüngling in den Kaffee gaben. Lussi fand heraus: "Der Glaube an die Kraft gewisser Stoffe, bei Personen entgegen ihrer Neigung Liebe und Leidenschaft zu wecken hat seinen Ursprung im Orient" - und gelangte über die Laboratorien der Apotheker, Alchimisten und Klöster im Mittelalter zu uns.

Wir erfahren u.a. Rezepte diverser Schnäpse und Liköre, verschiedener Weinsorten oder Speisen - wobei Lussi durchaus auf die Gefahren übermäßigen Alkoholgenusses hinweist, gerade etwa von Absinth. Das in der Wermutpflanze enthaltene Thujon wirkt bewusstseinsverändernd ähnlich wie Marihuana. Alkohol mindert anerzogene Hemmungen und bringt aufgestaute Wünsche, Sehnsüchte und Begierden zum Vorschein. Es muss ja nicht gleich ein wie im alten Persien mit Haschisch, Opium und Bilsenkraut versetzter Wein sein, der den schon von Marco Polo beschriebenen Traum vom erotischen Paradiesgarten evoziert.

Bei den kräftigenden Speisen sind es ebenfalls die würzigen Kräuter, welche Magen und Psyche für die Liebe einstimmen. Allerdings lautet generell die Warnung, dass übermäßiger Alkoholgenuss zu Impotenz führt - andererseits aber vor Cholera schützt. Überdies lässt sich Impotenz mit einer Mixtur aus Eiern, Zimt, Muskatnuss, spanischem Pfeffer, Ingwer, Zwiebelsamen und Zucker überlisten.

Liebestrünke fördern also die Lust und schützen vor Infektionskrankheiten - Lussi weist aber deutlich darauf hin, dass er für die Anwendung der abgedruckten (historischen) Rezepte
keine Verantwortung für etwaige Folgen übernimmt.

(KS; 03/2006)


Kurt Lussi: "Liebestrünke"
AT Verlag, 2006. 120 Seiten.
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